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Erinnerungen 1848-1914 ..

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292 Berlin<br />

Widmung an meine lieben Lehrer ausgesprochen, wie hoch ich von diesem<br />

Berufe denke. Aber auch wir Universitätslehrer wollen nicht nur didaoxaUa,<br />

sondern yjvxaycoyia treiben, und wenn wir das wollen, werden wir auch dem<br />

Seelenzustande und der Fassungskraft unserer Hörer Rechnung tragen. Will<br />

man das Pädagogik nennen (obgleich der Student kein Kind ist und seine<br />

Freiheit haben will), so treiben wir sie je nach unserer Individualität. Auf<br />

den Menschen kommt auch im Professor mehr an als<br />

auf den Gelehrten.<br />

Vorschriften allgemeinverbindlicher Art, papierne Paragraphen einer sog.<br />

Hochschulpädagogik werden für einen Professor, der sein Amt und seine<br />

Studenten lieb hat, immer Papier bleiben. Lehren ist eine Kunst, dazu muß<br />

man geboren werden, lernen läßt sich nur das Handwerk an den Meistern,<br />

die es vorgemacht haben, und nicht zum wenigsten an dem Erfolge bei den<br />

Studenten. Auch hier gilt. Probieren ist besser als Studieren, und die Erkenntnis<br />

der Dummheiten, die man zu begehen doch nie zu alt wird, hilft<br />

weiter: wenn man erst mit sich selbst zufrieden ist,<br />

sollte man schon vorher<br />

aufgehört haben.<br />

Die Studenten der deutschen Universitäten haben mir zu meinem sechzigsten<br />

Geburtstage die Vasenbilder von Furtwängler-Reichhold geschenkt<br />

(soviel damals von ihnen vorlag) und konnten nichts schenken, was mich<br />

mehr erfreut hätte; ich habe dafür sorgen können, daß sich viele an den<br />

Herrlichkeiten erfreuten. Und trotz ihrer bitteren Not haben sie mir zum<br />

Doktorjubiläum die während des Krieges erschienenen Bände der Oxyrhynchuspapyri<br />

geschenkt, weil sie wußten, daß ich sie nicht mehr kaufen konnte.<br />

Ich habe 1908 mit Versen gedankt, die auch hier stehen müssen, weil<br />

aussprechen, wie wir über hundert Semester miteinander gelebt haben und<br />

wie hoffentlich auch fürderhin Professoren und Studenten leben werden.<br />

sie<br />

Wo immer auch unsere Wiege stand<br />

und wo wir auch immer geboren,<br />

der Dienst unsrer Göttin macht uns verwandt,<br />

Studenten und Professoren.<br />

Der Wahrheit, der himmlischen, haben wir all<br />

in Freiheit Treue geschworen;<br />

sie hat sich zu ihrer Gefolgschaft stets<br />

die mutigen Sucher erkoren.<br />

Und ob des Professors Scheitel auch weiß<br />

und dem Füchslein feucht noch die Ohren,<br />

der eine weiß wenig, der andere nicht viel,<br />

vor der Göttin sind beide Toren.

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