Erinnerungen 1848-1914 ..
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Pflichten der Häusfrau 45<br />
Was gemeiniglich einer Hausfrau zufällt, die Führung des Hausstandes<br />
und die Sorge für die Kinder, war hier das wenigste und war doch schwer,<br />
als die beiden ältesten Söhne aus dem Hause kamen. Dazu hat allein geholfen,<br />
daß die Erziehungsgelder, die aus der Familienstiftung des Feldmarschalls<br />
Moellendorff für die Söhne kamen, auch wirklich nur zu diesem<br />
Zwecke verwandt wurden. Der älteste kam nach Bromberg auf das gute Gymnasium,<br />
der andere nach Kulm aufs Kadettenkorps, von wo der Junge „Kadett,<br />
Kadett Kaidaunenschlucker", verhungert und krank, schließlich ganz siech<br />
nach Hause kam. Da eine Tochter fehlte, ist in einem trefflichen jungen<br />
Mädchen eine wahre „Haustochter" herangezogen worden, bis sie, wie der<br />
Welt Lauf ist, einen Hauslehrer heiratete und nie wieder einen genügenden<br />
Ersatz fand. Das war doch nur im Hause eine Hilfe, allenfalls noch für das, was<br />
man weibliche Handarbeit nennt.<br />
Die ganze Kleidung für uns Knaben, bis<br />
zum zwölften Jahre bunte Kittel und leinene Hosen, ward im Hause gearbeitet;<br />
dies wenigstens weiß ich. Aber die verantwortliche Leitung reichte<br />
ja viel weiter, und die ganze Wirtschaftsform war auf Hausarbeit gegründet,<br />
und das ganze weitausschauende und täglich eingreifende Regiment lag der<br />
Hausfrau ob. Wenn auch im Inspektorhause eine Mamsell saß, der das Federvieh,<br />
der große Backofen und die Küche für die Beamten, soweit sie nicht verheiratet<br />
waren, und an einem anderen Tische für mehr als zwanzig Knechte<br />
und eine Anzahl Mägde unterstand, so war gerade hier dauernde Kontrolle<br />
notwendig; die Zuverlässigkeit war gering, die Versuchung groß. Es hat<br />
arge Unterschleife, manche Katastrophen gegeben. Die Nahrung für so viele<br />
Menschen, verschieden nach ihren Bedürfnissen, mußte bereitet und das<br />
Nötige dazu fast alles selbst erzeugt werden. Aus dem eigenen Roggen, gemahlen<br />
in der eigenen verpachteten Mühle, ward verschiedenes, aber immer<br />
gesäuertes Brot gebacken.<br />
Semmel gab es auf dem herrschaftlichen Tische<br />
nur, wenn gelegentlich die hochgeschätzten Reihen von Wassersemmeln aus<br />
der Stadt mitgebracht wurden. Selbstbereiteter Zwieback war immer vorhanden,<br />
den Kindern kein häufiger Genuß. Kam überraschend Besuch, wur*<br />
den Waffeln gebacken. Fleisch ward nur zu Gesellschaften aus der Stadt beschafft;<br />
für jeden Hammel, jedes Brackschaf schrieb die Hausfrau besonders<br />
das Todesurteil.<br />
Neben diesen lieferten die großen Schlachtfeste der Gänse<br />
und zumal der Schweine die Fleischnahrung; für die Herrschaft Hühnerstall<br />
und Jagd daneben. Zum Schweineschlachten, lange noch ohne Wurstmaschine,<br />
wurden Frauen aus dem Dorfe aufgeboten, und auch wir Kinder halfen beim<br />
Speckschneiden. Würste und Spickgänse kamen in die Räucherkammern,<br />
eine im Inspektorhause, eine im Schloß, frisches Fleisch in den Eiskeller