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Erinnerungen 1848-1914 ..

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24 Die Heimat<br />

Preußen hinüber. Einer unserer Nachbarn ließ sich später noch General<br />

nennen, so wenig militärisch die Erscheinung des dicken alten Herrn auch<br />

war. Über die deutsche Grenze kam der Aufstand zwar nicht; nur die Cholera<br />

erschien ein erstes Mal in seinem Gefolge. Das Landvolk ließ sich im ganzen<br />

nicht verleiten, aber die Gerichte hatten doch eine nicht geringe Anzahl von<br />

Verurteilungen auszusprechen, und schon diesmal war die Begnadigung der<br />

meisten Schuldigen nicht angebracht. Flottwells Ernennung war eine gute<br />

Folge der unliebsamen Erfahrungen von 1830.<br />

Rußland schlug den Aufstand nach den ersten Mißerfolgen grausam nieder<br />

und erreichte durch seine Gewaltherrschaft nur, daß das Feuer unter der<br />

Asche glimmend alle Herzen erfaßte und der Gegensatz der römischen Kirche<br />

zu der orthodoxen sich verschärfte. Beides griff nach Preußen herüber. Die<br />

Kirche behandelte polnisch und katholisch als dasselbe; sie hat einige von<br />

Bamberger Deutschen in der Nähe von Posen besiedelte Dörfer unter den<br />

Augen des Oberpräsidenten sehr rasch polonisiert. Fast der ganze Adel frondierte<br />

offen oder geheim. Eine Person wie der Graf Raczynski war hinfort<br />

undenkbar, der in Berlin sein Palais baute und seine Gemäldesammlung<br />

nicht nach Posen vermachte, sondern in Berlin ließ. Daß sie jetzt in Posen<br />

ist,<br />

hat die preußische Regierung viel später verfügt.<br />

Gefährlich wurden zunächst nur die Emigranten aus dem russischen Polen,<br />

denen sich auch einige Familien aus unserer Provinz anschlössen, obwohl<br />

sie sich über nichts zu beschweren hatten. In Paris und der Schweiz mischten<br />

sich diese Polen mit den deutschen Flüchtlingen, die vor der Reaktion gewichen<br />

waren und die öffentliche Meinung mit ihren Brandschriften erfolgreich<br />

beeinflußten. Auch in Deutschland, zumal im Süden, gab es polnische<br />

Flüchtlinge oder solche, die es sein wollten, und ihr theatralisches Auftreten<br />

machte starken Eindruck. So ist die ebenso gedankenlose wie schädliche<br />

Polenschwärmerei des sentimentalen Liberalismus entstanden, in die sich<br />

bei den Süddeutschen ein blöder Preußenhaß mischte. Wie es bei uns aussah,<br />

davon wußte niemand etwas und fragte niemand. Graf Platen sang in<br />

dem fernen Italien seine Polenlieder. Sein Feind Heinrich Heine war in<br />

Paris den edlen Polen Krapulinski und Waschlapski zu nahe, um trotz<br />

allem Preußenhaß in diese Töne einzustimmen. In Paris beschloß man den<br />

Aufstand, der in Posen für das Jahr 1846 vorbereitet ward. Aber der<br />

Oberpräsident war unterrichtet, das Militär auf seinem Posten, die Hochverräter<br />

wurden verhaftet und zur Aburteilung nach Berlin befördert.<br />

Noch zeigte sich, daß das Landvolk keine Neigung hatte, den Aufrührern<br />

zu folgen.

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