Erinnerungen 1848-1914 ..
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218 Göttingen<br />
Schloß Hira mit Recht vermutet war. Da hat sich ein mutiger Mann, Aristomenes,<br />
lange Jahre gegen die spartanischen Zwingherren Messeniens gehalten<br />
und ist in der Sage zu einem großen Helden geworden, berühmt in ganz<br />
Hellas,<br />
in Rhodos, wo er zuletzt Zuflucht fand, als Heros verehrt. So etwas<br />
war noch kurz vor den Perserkriegen möglich; erst die romantische Dichtung<br />
der hellenistischen Zeit hat den Klephten in die älteren Freiheitskämpfe<br />
der Messenier hinaufgeschoben. Es war verlockend genug, zu der Burg emporzusteigen,<br />
aber Dörpfeld hatte nur kurzen Urlaub erteilt und hatte ganz<br />
Recht, streng auf Disziplin zu halten. So kehrten wir um, gerade als wir<br />
nach Ersteigung einer Höhe die Burg jenseits<br />
einer Schlucht dicht gegenüber<br />
sahen. Hiller, der von der Partie war, hat später Hira besucht und die<br />
ganze Geschichte aufgeklärt i).<br />
Von Ampeliona ward mit Sonnenaufgang aufgebrochen. Schlaf hatte ich<br />
mit Kern in einem abgelegenen Hause wenig gefunden, denn der mürrische<br />
Wirt hatte uns in einem kalten Zimmer eine Treppe hoch eingeschlossen, und<br />
vor den Fensterhöhlen waren Laden, die in<br />
dem Sturme, der hereinblies,<br />
unaufhörlich klapperten. Das Insektenpulver steckte in einer Tasche, die<br />
bei dem Gepäck geblieben war. Als wir des Morgens die Läden öffneten, um<br />
uns zu waschen, sahen wir uns auf ein Glas Wasser angewiesen, das uns die<br />
bösartig blickende Wirtin am Abend hingestellt hatte. Nur mit Mühe gelang<br />
es aus dem Gefängnis herauszukommen.<br />
Der Ritt durch die Berge in der Kälte, manchmal unter Sprühregen war<br />
unerfreulich. Endlich ward der Apollontempel erreicht. Der Wind pfiff scharf<br />
genug; nur allmählich zerteilten sich die Wolken und gestatteten bald hierbald<br />
dorthin Ausschau zu halten. Dörpfelds gerade hier unmittelbar einleuchtende<br />
Erläuterung der Architektur wirkte zwar belebend,<br />
aber der leere<br />
Magen und die Übermüdung verlangte nach kräftigerer Stärkung, als sie<br />
zunächst statt des in Ampeliona versäumten Frühstücks gereicht ward. Da<br />
fanden sich walachische Hirten ein, die einige Satten fette Schafmilch bieten<br />
konnten. Kalt war sie<br />
auch, aber wer sich nicht scheute und noch etlichen<br />
guten griechischen Cognak in der Feldflasche hatte, konnte sich laben. Wir<br />
hatten auch noch viel zu leisten,<br />
bis wir spät abends über Phigaleia nach<br />
dem Dorfe Zurza gelangten, wo es erst bedenklich aussah, aber es fand sich<br />
gar ein Cafe, in dem der Demarch saß und für Quartier sorgte, uns sogar<br />
Schweinebraten schickte. Die Laune war schon vorher wieder so sonnig geworden<br />
wie der Nachmittag. Der Gegensatz zu dem, was der Morgen gezeigt<br />
hatte, verstärkte die Freude an dem vollen Frühling, zu dem wir hinab-<br />
^) Hira und Andania, Berliner Winkelmannsprogramm N. 71.