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Erinnerungen 1848-1914 ..

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264 Berlin<br />

Gargnano am Gardasee ins Gespräch gekommen war. Er wies über die nahe<br />

österreichische Grenze mit den bitteren Worten: „was haben wir nun davon,<br />

daß wir zum regno gehören: denen da drüben geht es viel besser."<br />

Eine scharfe Beleuchtung der Italia irredenta.<br />

1905 bei der Rückkehr von<br />

Athen fand ich in Brindisi Eisenbahnerstreik, der recht unbehaglich war.<br />

Es kostete viele Zeit und die entschlossene Benutzung jeder Möglichkeit,<br />

etappenweise vorwärts zu kommen und endlich Verona zu erreichen. In<br />

Rom hatte ich aus italienischem Munde gehört, daß eine Erfahrung, die ich<br />

1890 gemacht hatte, durchaus nicht vereinzelt war. Mir war ein falscher<br />

20-Lire-Schein in Bologna am Bahnhofschalter beim Wechseln herausgegeben.<br />

Wie sehr freut sich ein Freund Italiens, daß so etwas nicht mehr möglich<br />

da se.<br />

ist und rItalia fä<br />

Im Frühjahr 1903 beschied<br />

mich plötzlich Althoff zu sich und eröffnete<br />

mir, ich müßte in wenigen Tagen als Vertreter der Regierung mit unserm<br />

Rektor Gierke und Harnack nach Rom zum congresso delle scienze<br />

storiche. Ich erreichte, daß Bücheier noch zu uns trat, denn der erste<br />

lebende Latinist war vor allen dazu berufen, Deutschland in Rom<br />

zu vertreten. Das hat mir die unvergeßliche Freude eingebracht, daß ich<br />

sehen durfte, wie er es genoß, auf diesem Boden zu wandeln, der ihm fremd<br />

und doch so heilig war. Ich sparte einen Nachmittag aus und führte ihn<br />

über den Aventin zum Monte testaccio,<br />

wies ihm die historischen Ortlichkeiten,<br />

soweit sie das Auge erreichte. Jede begrüßte er mit Entzücken, und als<br />

ich ihm gar das schöne Stück der Serviusmauer unter S. Saba zeigte, streichelte<br />

er gerührt die Steine und murmelte „das sind sie, sind sie wirklich". Die<br />

philologische Sektion wählte ihn in der ersten Sitzung zum Vorsitzenden<br />

und er sprach lateinisch, was zuerst befremdete. Am nächsten Tage trat ich<br />

an seine Stelle und folgte seinem Beispiel, Italiener schlössen sich an, erfreut,<br />

ihre Beherrschung der Sprache zu zeigen; es gefällt ihnen immer,<br />

wenn es ein Ausländer dazu bringt; ein Engländer bleibt freilich unverständlich<br />

und seine Aussprache erscheint barbarisch. Der Kongreß verlief<br />

ungestört; nur die Eröffnungssitzung war so langweilig, wie die endlose<br />

Wiederholung derselben Allgemeinheiten zu sein pflegt, und der Minister,<br />

der die italienische Regierung vertrat, machte cattiva figura, obwohl der<br />

Ausländer noch nicht wußte, wie es um den Herrn Nasi stünde; er ist bald<br />

mit üblem Gerüche verschwunden.<br />

Es war mir recht wertvoll, daß ich bei den Italienern nirgend auf nationalistische,<br />

den fremden Instituten feindliche Gesinnung stieß, die sich doch<br />

manchmal geregt hatte, sondern der gute Wille zur Zusammenarbeit ge-

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