28.12.2013 Aufrufe

Erinnerungen 1848-1914 ..

Erinnerungen 1848-1914 ..

Erinnerungen 1848-1914 ..

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

250<br />

Berlin<br />

zu allem bequemte und sich nicht alles gefallen ließ, erwarb sich sein Vertrauen;<br />

es war allerdings wohl für beide Teile nötig, daß sie solche Erfahrung<br />

machten 1). Schwerlich kann man sagen, daß er sein großes Talent<br />

als Leiter und Organisator gerade in der Stellung des Referenten im Kultusministerium<br />

und gerade für die Universitäten zu verwerten besonders berufen<br />

war. Wohin er auch gestellt ward, würde er sich in die besonderen<br />

Bedingungen hineingefunden haben. Nun stand er hier, wo es sich um die<br />

richtige Verwertung von Menschen und um den Ausbau der Anstalten<br />

handelte, die dem Hochschulunterricht und zugleich der Wissenschaft dienten.<br />

Für das erstere brachte er die Begabung mit, das andere hat er bald besser<br />

als jeder andere begriffen. Sein Verdienst ist es, daß die Universitätsinstitute<br />

für Medizin und Naturwissenschaften so begründet und ausgestattet<br />

wurden, daß sie für die Welt vorbildlich sind ; es genügt, auf diese eine Tatsache<br />

hinzuweisen. Dabei war es vielleicht günstig, daß er ein persönliches<br />

Verhältnis zu keiner Wissenschaft hatte. Es war sehr überflüssig, wenn ihm<br />

Professoren und solche, die es werden wollten, ihre Bücher schenkten, die<br />

er doch nicht las, und hätte er es getan, so würde er nur danach gefragt<br />

haben, ob das Buch in seinem Verfasser einen tüchtigen Kerl erkennen<br />

ließe. Aber daß sich ihm ein junger Gelehrter persönlich vorstellte, wünschte<br />

er, denn darauf gründete er sein Urteil. In den Universitäten und Fakultäten<br />

standen ihm Selbstverwaltungskörper gegenüber. Das verbreitete Gerede,<br />

daß er die Selbstverwaltung mißachtet hätte, ist grundfalsch. Unter Falk-<br />

Göppert war das Oktroyieren viel stärker; dafür sorgte schon die Berlinokratie,<br />

der sich Althoff sofort entzog, was ihm natürlich gleich von tonangebenden<br />

Leuten verdacht ward. In den IS^/g Jahren, die ich in Göttingen<br />

war, ist nur einmal ein Professor ernannt, der nicht vorgeschlagen war, und<br />

da hatte die Fakultät keinen Sachverständigen gehabt und war mit der Entscheidung<br />

sehr zufrieden, sobald der neue Kollege kam. Als ich Prorektor<br />

war, schickte Althoff aus dem Ministerium die jetzige Exzellenz Schmidt-<br />

Ott, damals einen jungen Mann, als Vertreter des beurlaubten Kurators und<br />

sagte mir unter anderem: „er hat bisher nur die Luft des Ministeriums geatmet,<br />

sorgen Sie dafür, daß er die frische Luft einer Universität kennenlernt".<br />

Häufig sind eingehende vertrauliche Vorbesprechungen mit den<br />

nächstbeteiligten Fakultätsmitgliedern vorhergegangen :<br />

das ist nur nützlich,<br />

^) Rücksichtslos ließ er die angemeldeten Besucher im Vorzimmer warten. Als es<br />

mir nach den ersten Erfahrungen zu arg ward, ging ich weg und sagte es dem<br />

Kanzleidiener. Althoff war nachher sehr ärgerlich, aber es ist nicht wieder vorgekommen.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!