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Erinnerungen 1848-1914 ..

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Ragazzerie 147<br />

in so engem Kreise immer aufregend,<br />

für die Weiblichkeit besonders; ich<br />

habe samt meiner Braut dieselbe Erfahrung zu meiner stillen Belustigung<br />

auch gemacht. Damals habe ich es nicht mitgemacht, aber meine Freundschaft<br />

mit Bardt und auch seiner Frau ist mir in meiner Privatdozentenzeit<br />

sehr teuer gewesen und, als wir wieder zusammen waren, er als Direktor<br />

des Joachimstalischen Gymnasiums, ich als Professor, haben wir sie bis zu<br />

dem Tode des Ehepaares gepflegt. Ihm war die römische Zeit immer lebendig.<br />

An seinen Horazübersetzungen und auch denen aus lateinischer Prosa<br />

habe ich große Freude, sehr viel weniger an seinen Komödien. Tatsächlich<br />

empfand er den eigentümlichen Wohllaut plautinischer Langverse, Kretiker,<br />

Baccheen nicht. Singspiel muß Singspiel bleiben.<br />

J. Vollgraff war der einzige Ausländer unter uns, das hat nie gestört ; er war<br />

aber Schüler Cobets, unbelehrbarer Verehrer dieser Art von Kritik, daher<br />

zuerst von der Minderwertigkeit der deutschen Weise überzeugt. Das mußte<br />

er herabstimmen, aber Cobet verehrten wir auch, ich mehr, als ich<br />

es jetzt<br />

tue, und Vollgraff war ein so feiner, den Verkehr belebender Gesellschafter,<br />

daß er bald in vielem tonangebend ward. Bestimmte Zwecke verfolgte er nicht<br />

das befähigte ihn dazu, dem allzu fleißigen Fachsimpeln entgegenzuwirken.<br />

Etwas abseits stellte sich ein Gymnasiallehrer Hollander aus Osnabrück,<br />

obwohl er uns immer sehr willkommen war, und erst recht Emil Bährens,<br />

schon von Bonn her in Distance gehalten. Er arbeitete mit eisernem Fleiße und<br />

gutem Finderglück auf den Bibliotheken; sonst schien ihm Rom gleichgültig<br />

zu sein. Ich besonders war dem gegenüber intolerant. Immerhin aßen wir<br />

mit den beiden zusammen, berührten uns auch bei den Sekretären. Die<br />

beiden bildeten ein Paar und stritten doch immer nicht ohne Erregung, wofür<br />

sie im Weihnachtsgedichte die Verse erhielten<br />

Wie steht es denn mit Bährens und Hollander?<br />

Ach, die sind immer beieinander,<br />

Kastor und Pylades.<br />

Durchreisende wie Alfred Schöne wirkten natürlich belebend ;<br />

überhaupt<br />

war der Kreis keineswegs abschließend gegen bekannte oder auch zufällig<br />

heranrückende Tischnachbarn. Denn die Osteria, der Gabbione, war zahlreich<br />

besucht, obwohl sie in einem Keller unweit von Fontana Trevi lag. VermutHch<br />

war sie seit Jahrzehnten von anspruchslosen Fremden als Stammlokal bevorzugt<br />

i).<br />

Domenico, der schöne, echt römische Wirt oder Kellner (das weiß ich<br />

^) Ich lese in einem schwedischen Zeitschriftenaufsatz von V. Lundström, den er<br />

mir freundlich geschickt hat, daß schwedische Romfahrer in früheren Jahrzehnten<br />

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