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Zentralbanker als Zauberlehrlinge? - Avenir Suisse

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In diesem Zusammenhang hat eine unter Experten aufgekommene Debatte<br />

an Bedeutung gewonnen. Es geht um die Frage, ob das während<br />

der Finanzkrise geschaffene unkonventionelle Instrumentarium der Zentralbanken<br />

in ihren konventionellen Werkzeugkasten überführt werden<br />

soll. Die Überlegung geht dahin, dass bei wirtschaftlichen Schocks negative<br />

nominale Leitzinsen zur Stimulierung der Nachfrage nötig wären,<br />

aber von den Zentralbanken nicht geliefert werden können. Dieses Dilemma<br />

ist <strong>als</strong> «zero-lower-bound-problem» bekannt (Mishkin 2013). Es kann<br />

auch in Zukunft wieder auftreten. Deshalb bleibt die quantitative Lockerung,<br />

die <strong>als</strong> Offenmarktpolitik seit langem verfügbar ist, ein sinnvolles<br />

geldpolitisches Instrument.<br />

Selbstverständlich müssen die Zentralbanken ihre Instrumente nach<br />

bestem Wissen und Gewissen und in operationeller Freiheit einsetzen.<br />

Wenn sie aber den Eindruck erwecken, das Aussergewöhnliche würde<br />

nun zur neuen Normalität, vermitteln sie f<strong>als</strong>che Anreize. Wenn die Finanzmärkte<br />

davon überzeugt sind, dass die Notenbanken bei grösseren<br />

Spannungen, denen im Interesse der Dramatisierung gerne das Etikett<br />

«Krise» angeheftet wird, wieder massiv in die Marktmechanismen eingreifen,<br />

werden sie höhere Risiken eingehen. Zudem verzögern sie den<br />

Strukturwandel. Verwerfungen und «schöpferische Zerstörung» gehören<br />

nämlich zur Marktwirtschaft. Wenn die Regierungen damit rechnen<br />

können, dass Zentralbanken auf den Sekundärmärkten für Staatsanleihen<br />

intervenieren und deren Risikoprämien drücken, wird ihre Budgetdisziplin<br />

untergraben. Die Politiker werden darauf drängen, dass die Noteninstitute<br />

von diesem erweiterten Instrumentarium Gebrauch machen.<br />

Daraus resultiert die Gefahr, dass der asymmetrische Grundton der Zentralbankpolitik<br />

tendenziell erhalten bleibt. Der Ausstieg aus der ultraexpansiven<br />

Geldpolitik sollte darum ohne Wenn und Aber erfolgen und<br />

der Öffentlichkeit entsprechend klar kommuniziert werden.<br />

Das gilt umso mehr, <strong>als</strong> sich die Welt mit der anhaltenden faktischen<br />

Nullzinspolitik gleichsam in einem riskanten ökonomischen Experiment<br />

befindet (Pickert 2013). Erfahrungen mit einer solchen Politik hat Japan gemacht,<br />

und diese sind alles andere <strong>als</strong> ermutigend. In einem Kapitalismus,<br />

in dem Geld nichts kostet, findet weder eine schöpferische Zerstörung<br />

noch eine Erneuerung statt. Das «Zombie-Lending» hat nach Caballero<br />

d a z u gef ü h r t , d a s s Jap a n i n Re z e s sion u nd St a g n at ion verh a r r t<br />

(Caballero 2012).<br />

William White, der frühere Chefökonom der biz, hat schon vor Ausbruch<br />

der Krise eindringlich vor der expansiven Geldpolitik der Federal<br />

Reserve nach dem Platzen der New Economy-Blase gewarnt – nur blieb<br />

seine Stimme ungehört. In einem neuen Diskussionspapier skizziert er<br />

die möglichen Folgen einer ultralockeren Geldpolitik in stilisierter Form<br />

wie folgt: sie schafft Fehlinvestitionen in der Realwirtschaft, bedroht die<br />

Gesundheit von Banken, stört die Funktionsweise der Finanzmärkte,<br />

begrenzt das «unabhängige» Streben nach Preisstabilität, verleitet die<br />

Zum Ausstieg aus der ultraexpansiven Geldpolitik 45

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