Zentralbanker als Zauberlehrlinge? - Avenir Suisse

1 _ Einleitung
Die Geldpolitik der Zentralbanken zahlreicher Industriestaaten ist seit
bald sechs Jahren extrem expansiv. Je länger sie so ausgerichtet ist, desto
anforderungsreicher wird der Ausstieg sein. Je mehr sich Wirtschaft,
Märkte und Politik an die Droge des billigen Geldes gewöhnen, desto
grösser werden in wirtschaftlicher Hinsicht die dadurch ausgelösten
Strukturverzerrungen und Inflationsgefahren sein. In politischer Hinsicht
werden die Druckversuche auf die Zentralbanken und die Widerstände
gegen eine Straffung der geldpolitischen Zügel zunehmen. Und
doch steht viel auf dem Spiel: Ein Versagen der Geldpolitik und ein Teuerungsschub
führen zu staatlichen Eingriffen in das Wirtschaftsleben.
Sie gefährden die Unabhängigkeit der Zentralbanken und letztlich die
marktwirtschaftliche Ordnung. Für die Schweizerische Nationalbank
(snb) ist die Ausstiegsthematik eng mit der Frage nach dem Verzicht auf
die temporäre Wechselkursuntergrenze von 1.20 Franken je Euro verbunden.
Von den Konsequenzen einer zu lange zu expansiven Geldpolitik
ist die ganze Gesellschaft betroffen. Deshalb sollten deren Risiken weder
nur von den Experten der snb noch nur von Wissenschaftern thematisiert
werden. Dieses Diskussionspapier möchte einen Beitrag zur Meinungsbildung
leisten.
Das Diskussionspapier ist wie folgt gegliedert: Abschnitt 2 schildert
die Gründe für die ultraexpansive Geldpolitik wichtiger Zentralbanken
während und nach der Finanzkrise. In Abschnitt 3 werden die aus dieser
Politik entstehenden Risiken thematisiert. Abschnitt 4 beleuchtet die
Kriterien für einen zeitgerechten Ausstieg. In Abschnitt 5 werden dessen
Realisierungschancen in technischer und politischer Hinsicht erörtert.
Abschnitt 6 setzt sich mit den zahlreichen Vorschlägen für die Mandate
und Funktionen der Zentralbanken nach dem Ausstieg auseinander. In
Abschnitt 7 wird die besondere Situation der snb dargestellt und werden
Ausstiegsszenarien diskutiert. Abschnitt 8 zieht ein Fazit.
Zum Ausstieg aus der ultraexpansiven Geldpolitik 5