Fallstudie Libanon (Nr. 51) - Geschwister-Scholl-Institut für ...
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Der staatszentrierte Ansatz plädiert dagegen da<strong>für</strong>, zunächst die (Re-)Konstruktion des<br />
Staates und des staatlichen Gewaltmonopols zu forcieren, und fordert eine vorrangige Konzentration<br />
auf die Bearbeitung des Sicherheitsdilemmas. Ein sicheres und stabiles Umfeld<br />
bilde erst die Voraussetzung <strong>für</strong> alle weiteren peacebuilding-Aktivitäten, seien dies nun politische<br />
Reformen oder die Initiierung von Projekten zum wirtschaftlichen Wiederaufbau. Im<br />
Unterschied zu neoliberalen Ansätzen, wird nicht der Rückzug des Staates zur Entfaltung<br />
einer Wohlstand versprechenden Marktdynamik gefordert, sondern die Etablierung eines<br />
starken Staates, der dann auch die <strong>für</strong> Investitionen und wirtschaftliches Wachstum notwendige<br />
Sicherheit garantieren kann, und der in der Lage ist, die durch die Liberalisierung möglicherweise<br />
entstehenden destabilisierenden Effekte, z.B. in Form von sozialen Unruhen, aufzufangen<br />
und zu regulieren. 36<br />
Demgegenüber betont der institutionalistisch-prozessuale Ansatz die Notwendigkeit, einen<br />
politischen Gesamtrahmen zu schaffen, in dem sich ein genuin politischer Prozess entfalten<br />
kann, der zunehmend an gesamtgesellschaftlicher Autorität und Legitimität gewinnt, den anderen<br />
Dimensionen der Friedenskonsolidierung die Richtung vorgibt und sich schließlich mit<br />
vereinbarten Regeln, Normen und Mechanismen zum friedlichen Konfliktaustrag institutionalisiert.<br />
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Die nach wie vor anhaltende Diskussion um die Prioritätensetzung und die Entwicklung unterschiedlicher<br />
peacebuilding-Strategien ist nicht zuletzt auf die der Friedenskonsolidierung<br />
immanenten Zielkonflikte zurückzuführen. In der Tat lassen sich Widersprüche zwischen den<br />
verschiedenen Dimensionen sowie ihren kurz- und langfristigen Zielsetzungen feststellen.<br />
Spannungen können entstehen zwischen dem Ziel des Erreichens von Sicherheit und Stabilität<br />
einerseits, und dem Demokratisierungsdruck andererseits; zwischen der Neugestaltung<br />
wirtschaftlicher Strukturen, z.B. durch die Einführung einer kompetitiven Marktordnung, und<br />
dem Wunsch nach sozialem Ausgleich; oder zwischen der Ahndung von Kriegsverbrechen<br />
und dem Ziel nationaler Aussöhnung. 38<br />
Ein weiteres grundsätzliches Problem stellt auch der Umgang mit sog. „Störenfrieden“(„spoilern“)<br />
dar, also mit jenen, internen (lokale Stammesführer, Milizen, radikale Parteien, religiöse<br />
Autoritäten, Armeeführung etc.) oder auch externen (Nachbarstaaten, Großmächte etc),<br />
Akteuren, die einen Friedensprozess unterlaufen, blockieren oder sabotieren, da sie <strong>für</strong>chten,<br />
bei einem Friedensabkommen etwas zu „verlieren“oder aber nicht angemessen berücksichtigt<br />
zu werden. Die Frage ist nun, in welchem Maße peacebuilding-Aktivitäten erfolgreich<br />
gegen die Interessen dieser „spoiler“durchgesetzt werden können, ohne die Nachhaltigkeit<br />
36 Vgl. Paris, 2004, S. 50, sowie S. 187 ff.; Perthes, 2000a, S. 455; Stedman, Stephen, 2001: International Implementation<br />
of Peace Agreements in Civil Wars: Findings from Study of Sixteen Cases, in: Crocker, Chester/Hampson,<br />
Fen Osler/Aall, Pamela (Hrsg.): Turbulent Peace. The Challenges of Managing International Conflict,<br />
Washington, D.C., S. 750.<br />
37 Vgl. Cousens, Elizabeth M./Kumar, Chetan (with Karin Wermester) (Hrsg.), 2000: Peacebuilding as Politics.<br />
Cultivating Peace in Fragile Societies, Boulder/London, S. 12 ff.; Ferdowsi/Matthies, 2003a, S. 34 f.<br />
38 Vgl. Miall et al., 1999, S. 194.