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Fallstudie Libanon (Nr. 51) - Geschwister-Scholl-Institut für ...

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4<br />

1. Einleitung<br />

1.1 Problemhintergrund, Themenstellung und politikwissenschaftliche Relevanz<br />

Seit Anfang der 1990er Jahre ist die Konsolidierung von Friedensprozessen in Nachkriegsgesellschaften<br />

ins Zentrum der politischen und wissenschaftlichen Aufmerksamkeit gerückt.<br />

Deutlich wurde nämlich, dass die formale Beendigung von Kampfhandlungen im Kontext<br />

innerstaatlicher Kriege noch lange keine stabile, auf Dauer angelegte Friedensordnung implizieren<br />

muss. Der vor dem Ausbruch oder während eines Gewaltkonfliktes nicht selten eingetretene<br />

Zerfall sozioökonomischer, gesellschaftlicher und staatlicher Strukturen führt häufig<br />

zum Wiederaufflammen von Gewalt. Langjährige, vor sich hin brodelnde innerstaatliche<br />

Kriege stellen jedoch eine Bedrohung sowohl humanitärer als auch sicherheitspolitischer<br />

Natur dar. Sie können unter anderem zu anhaltender Unterentwicklung und verheerenden,<br />

sich ausbreitenden gesamtgesellschaftlichen humanitären Katastrophen, wie Hungersnöten,<br />

Flüchtlingsströmen oder Völkermord führen. Des Weiteren müssen sie als Gefahr <strong>für</strong> regionale,<br />

aber auch globale Stabilität verstanden werden. Flüchtlingswellen, sowie das mögliche<br />

Überschwappen von Gewalt über nationale Grenzen hinaus unterminieren u.a. die Sicherheit<br />

von Nachbarstaaten. Schließlich bergen zerfallene, bürgerkriegszerrüttete Staaten die Gefahr<br />

in sich, zum Schlupfloch terroristischer und krimineller Netzwerke zu werden. Sowohl<br />

unter entwicklungspolitischen als auch unter sicherheitspolitischen Gesichtspunkten, erweist<br />

sich die Konsolidierung von Friedensprozessen somit als von fundamentaler Bedeutung.<br />

Neben der Notwendigkeit einer konsequent betriebenen Konfliktnachsorge, muss jedoch<br />

auch betont werden, dass es sich hierbei um einen langwierigen, komplexen und hindernisreichen<br />

Prozess handelt, bei dem es insbesondere um die Bewältigung sicherheitspolitischer,<br />

politischer, ökonomischer, aber auch sozialer und psychologischer Problemstellungen<br />

geht. Das im Rahmen dieser Arbeit behandelte Fallbeispiel des <strong>Libanon</strong>s soll nun vor dem<br />

Hintergrund dieser Herausforderungen untersucht werden.<br />

Der <strong>Libanon</strong> erweist sich seit seiner Unabhängigkeit in vielerlei Hinsicht als paradigmatisch.<br />

Bis in die 1970er Jahre wurde das Land als „Schweiz des Nahen Ostens“oder als „Paris“<br />

des Vorderen und Mittleren Orients bezeichnet und in der politikwissenschaftlichen Forschung<br />

als Modell erfolgreicher Konkordanzdemokratie im multiethnischen Staat betrachtet. 1<br />

Der <strong>Libanon</strong> stellte den in der arabischen Welt wohl am weitesten demokratisch entwickelten<br />

Staat dar. Bürgerliche Freiheitsrechte und Rechtsstaatlichkeit waren hier in weit höherem<br />

Maße als in jedem anderen Land der Region gewährleistet. Mit dem Ausbruch des libanesischen<br />

Bürgerkrieges kam es jedoch zu einem radikalen Wandel in der Perzeption des <strong>Libanon</strong>s.<br />

Dieser wurde zu einem Mahnmal <strong>für</strong> Bürgerkrieg, Staatszerfall und ethnischer „Kantonisierung“äußerlich<br />

fortbestehender Staaten. In der journalistischen und wissenschaftlichen<br />

1 Vgl. Perthes, Volker, 1994: Der <strong>Libanon</strong> nach dem Bürgerkrieg: Von Ta´if zum gesellschaftlichen Konsens?,<br />

Baden-Baden, S. 7.

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