Fallstudie Libanon (Nr. 51) - Geschwister-Scholl-Institut für ...
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ihre Schwerpunkte in der Beqaa-Ebene, sowie in Konkurrenz zur Amal in den südlichen Vororten<br />
Beiruts und im Süden des Landes. 87 Im März 1991 beschloss die libanesische Regierung<br />
unter Ministerpräsident Karamé die Auflösung aller bewaffneten Organisationen und<br />
Milizen, ordnete die Übergabe ihrer mittleren und schweren Waffen und ihrer Munition an<br />
den libanesischen Staat innerhalb eines Monats an und verbot den Milizen die Erhebung von<br />
Steuern und Zöllen. 88 Im Zeitraum von April bis Juni fand die so angeordnete Selbstentwaffnung<br />
der Milizen statt. Nur ein Teil der Waffen wurden nun jedoch an die libanesische Armee<br />
übergeben. Die Forces Libanaises transferierten Teile ihrer Waffen in die israelische „Sicherheitszone“im<br />
Süden, nach Israel oder verkauften sie (nach Armenien, Kroatien, Somalia,<br />
und nach Liberia). Die drusische Miliz Junblatts, Teile der Amal sowie eine Reihe kleinerer<br />
Milizen gaben ihr Gerät an den Alliierten Syrien zurück, was sowohl von ihrer Abhängigkeit<br />
gegenüber Damaskus, als auch von den noch vorhandenen Grenzen der Unterwerfung<br />
der Milizen unter die Autorität der libanesischen Armee zeugte. Ein Teil vor allem der mittleren<br />
Waffen, sowie sämtliche Kleinwaffen blieben im Besitz der Milizen. 89<br />
Parallel zur Entwaffnung und Auflösung der Milizen, kam es zur etappenweisen Entsendung<br />
von Einheiten der libanesischen Armee in die zuvor ausschließlich milizkontrollierten Gebiete<br />
des Landes: nach Beirut, drangen diese in die Shuf-Region, den Mont Liban, den Norden<br />
Landes und in die Beqaa vor. In weiten Teilen des Landes sorgten aber weiterhin auch noch<br />
syrische Truppen <strong>für</strong> ein Mindestmaß an Ordnung. Die von Israel und ihrer libanesischen<br />
Miliz, der „South Lebanese Army“, kontrollierte Region im Süden des Landes und das<br />
Einsatzgebiet der UNIFIL-Truppen blieben vorerst außerhalb der staatlichen Autorität. Erst<br />
im Jahre 2006, infolge des Sommerkrieges zwischen der Hizbollah und Israel, konnte die<br />
libanesische Armee auch in den südlichen Teilen des Landes stationiert werden.<br />
Mit der Übernahme der Stellungen und des schweren Geräts der Milizen, eignete sich der<br />
Staat schrittweise auch die von den Milizen kontrollierten Häfen wieder an. Der damit <strong>für</strong> die<br />
Milizen einhergehende Verlust einiger ihrer wichtigsten Einnahmequellen, in Form von illegalen<br />
Zöllen, Steuer- und Abgabenerhebungen, zwang sie allmählich zur Entlassung ihrer besoldeten<br />
Milizionäre.<br />
Um zu verhindern, dass die arbeitslosen Kämpfer zu einem sozialen und insbesondere Sicherheitsproblem<br />
würden, beschloss die libanesische Regierung im Mai 1991, 20.000 Milizionäre<br />
– je 10.000 christliche und muslimische –, in militärische und zivile Einrichtungen des<br />
87 Die Schätzungen über die Stärke der einzelnen Milizen variieren stark, aufgrund schneller zusätzlicher Rekrutierungen.<br />
Vgl. International <strong>Institut</strong>e for Strategic Studies, 1991: The Military Balance 1991-1992, London, S. 112;<br />
Norton, August Richard, 1991: Lebanon after Ta´if: Is the civil war over?, in: Middle East Journal, Vol. 45, No. 3,<br />
S. 468, Perthes, 1994, S. 25 f.<br />
88 Vgl. Lebanese Government, 1991: Decree dissolving the militias, adopted on March 28, 1991, Beirut (abgedruckt<br />
in: The Beirut Review, 1991, Vol. 1, No. 2, S. 112-115).<br />
89 Vgl. Maila, 1991a, S. 48.