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Fallstudie Libanon (Nr. 51) - Geschwister-Scholl-Institut für ...

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Festzuhalten ist, dass das Ta´if-Abkommen eine realistische Kompromissformel darstellte,<br />

die – was als essentielle Bedingung <strong>für</strong> eine Konfliktregelung gelten kann – allen wichtigen<br />

Gruppen etwas gab, aber keine völlig zufrieden stellte. 84 Auch wenn das Abkommen nicht<br />

allerseits mit Begeisterung aufgenommen wurde, so wurde es doch von einer breiten Mehrheit<br />

der lokalen, regionalen und internationalen Akteure getragen und ermöglichte eine Beendigung<br />

des Bürgerkrieges.<br />

Nicht nur die Machtverhältnisse zwischen den Konfessionsgemeinschaften im Staate wurden<br />

neu austariert, das Abkommen machte auch weitgehende Zugeständnisse an die während<br />

des Bürgerkrieges aufgestiegenen Kräfte, insbesondere die Milizführer. Es ermöglichte, die<br />

substaatlichen Gewaltakteure in die neue politische Ordnung zu integrieren. Das Abkommen<br />

ging neben dem Problem der Machtteilung, auch die zentrale Frage der Lösung des Sicherheitsdilemmas<br />

und der Wiederherstellung der staatlichen Autorität an.<br />

Nichtsdestotrotz wies das Friedensabkommen einige, wenn auch kaum vermeidbare, Grenzen<br />

auf. Zu problematisieren war zum einen, dass trotz der in Aussicht gestellten graduellen<br />

Abschaffung des politischen Konfessionalismus – diese findet sich seit der Errichtung des<br />

„Grand Liban“in sämtlichen power-sharing-Arrangements als längerfristige Zielsetzung postuliert<br />

85 –, bisweilen am Prinzip der Machtverteilung nach konfessionellen Gesichtspunkten<br />

festgehalten wurde. Es stellte sich hierbei die Frage, inwiefern das Ta´if-Abkommen, als „bloße“Neuauflage<br />

des Kompromisses von 1943, tatsächlich eine konstruktive Bearbeitung der<br />

dem Bürgerkrieg zugrunde gelegenen Konfliktursachen ermöglichen würde. Die mit der Neuregelung<br />

verbundene Gefahr einer Reproduktion der der multikommunitären Gemeinschaft<br />

inhärenten Probleme ist nicht von der Hand zu weisen.<br />

Als ebenfalls kritisch erwiesen sich die Regelungen bezüglich der syrisch-libanesischen Beziehungen.<br />

Mit dem Abkommen von Ta´if wurde die syrische Präsenz im <strong>Libanon</strong> – von bestimmten<br />

Teilen der Bevölkerung zweifellos als Besatzung wahrgenommen – bis auf weiteres<br />

legalisiert und die libanesische Souveränität erheblichen Einschränkungen unterworfen.<br />

Ziel der folgenden Untersuchung ist nun eine Auseinandersetzung mit der Implementierung,<br />

insbesondere der sicherheitspolitischen und politischen Vorgaben des Ta´if-Abkommens. Zu<br />

klären ist, in welchem Maße das Abkommen in diesen Bereichen tatsächlich implementiert<br />

wurde, und inwieweit hierbei eine Bearbeitung der dem Bürgerkrieg zugrunde gelegenen<br />

Konfliktursachen eingeleitet werden konnte. Von besonderer Bedeutung wird es sein, herauszuarbeiten,<br />

welche endogenen und exogenen Faktoren diesen Prozess bisweilen beeinflussen.<br />

84 Vgl. Perthes, 2003, S. 99.<br />

85 Vgl. Zahar, Marie-Joёlle, 2005: Power Sharing in Lebanon: Foreign Protectors, Domestic Peace and Democratic<br />

Failure, in: Roeder, Philip/Rothchild, Donald (Hrsg.): Sustainable Peace. Power and Democracy after Civil<br />

Wars, Ithaca/London, S. 221ff.

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