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Fallstudie Libanon (Nr. 51) - Geschwister-Scholl-Institut für ...

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Nichtsdestotrotz spielte die libanesische Armee nach Beendigung des Bürgerkrieges durchaus<br />

eine wesentliche Rolle, nämlich bei der Herstellung von Sicherheit im Inneren des Landes.<br />

Das Ta´if-Abkommen hatte bereits auf die Möglichkeit einer Unterstützung der polizeilichen<br />

Kräfte durch die Armee hingewiesen, falls die Bedrohungen der öffentlichen Ordnung<br />

die Kapazitäten der Polizei überschreiten sollten. 115 Die Aktivitäten der Armee beschränkten<br />

sich jedoch nicht auf bloße Unterstützung. Das Militär wurde zur zentralen inneren Ordnungsmacht.<br />

Die Regierung nutzte die Macht der Streitkräfte zum einen um gegen Gegner<br />

oder Kritiker des neuen Regimes vorzugehen. Zu verweisen ist hier auf die mit Hilfe Syriens<br />

vorgenommene brutale Niederschlagung des Aufstandes Auns im Oktober 1990 durch die<br />

libanesische Armee. Die Armee griff auch zwischen 1991 und 1994 mehrmals im Rahmen<br />

der u.a. von Anhängern Auns und auch der Forces Libanaises und Ja´jas organisierten Demonstrationen<br />

ein. Zahlreiche Demonstranten, darunter Studenten, wurden hierbei festgesetzt,<br />

gefoltert und teilweise der Militärgerichtsbarkeit überwiesen. Die Armee wurde jedoch<br />

nicht nur eingesetzt um die politische Opposition mundtot zu machen, sie diente auch der<br />

Unterdrückung sozialer Proteste. Im Jahre 1996 trat Ministerpräsident Hariri in direkte Konfrontation<br />

mit der libanesischen Gewerkschaft, der „General Confederation of Lebanese<br />

Workers“. Diese rief zu einem Generalstreik und zu Protesten gegen die Wirtschafts- und<br />

Sozialpolitik der Regierung auf, woraufhin Hariri das Ausrücken der Armee anordnete und<br />

die Demonstrationen verbat. 116<br />

Die Politisierung des Militärs sollte aber darüber hinaus noch deutlich prononciertere Züge<br />

annehmen. Während es Ministerpräsident Hariri in seiner ersten Regierungsperiode von<br />

1992 bis 1998 mit der Unterdrückung der politischen und gewerkschaftlichen Opposition insbesondere<br />

darum ging, rasch den staatlichen und wirtschaftlichen Aufbau des Landes<br />

durchzusetzen, und er somit eine Art „funktionalen Autoritarismus“förderte, war der Autoritarismus<br />

der folgenden Ära Lahoud von einer anderen Art. 117 Das Militär war nicht mehr nur<br />

Instrument der Politik. Nach seiner Wahl zum Präsidenten 1998 machte General Lahoud das<br />

Militär zu einem eigenständigen politischen Akteur. Lahoud nutzte hierbei seine Verbindungen<br />

zu Armee und Geheimdiensten als machtpolitische Ressource gegenüber den anderen<br />

Verfassungsorganen. Er etablierte eine, weitestgehend aus Militärangehörigen zusammengesetzte<br />

Beratergruppe, die Aufsicht über die Angelegenheiten der Ministerien und der öffentlichen<br />

Verwaltung ausübte. Die Armee und die Geheimdienste gewannen somit progressiv<br />

an Einfluss und spielten dies auch aus. Der militärische Geheimdienst z.B. belauschte die<br />

Telefone vieler Libanesen, darunter die des Parlaments- und Ministerpräsidenten. Wobei<br />

letzterer in einer Parlamentsdebatte konzedierte, nicht in der Lage zu sein, diese Abhörakti-<br />

115 Vgl. The Ta´if Agreement, Teil II, Abschnitt 3.<br />

116 Vgl. Zahar, 2002, S. 580; Lebanese Center for Policy Studies, 1996a: Playing the Army against the Labor, in:<br />

The Lebanon Report, No. 1, http://www.lcps-lebanon.org/web04/english/publications/periodicals/lreport/ army.html<br />

[Zugriff: 01.05.2007].<br />

117 Perthes, 2003, S. 107.

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