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Fallstudie Libanon (Nr. 51) - Geschwister-Scholl-Institut für ...

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eine Pax syriana zu etablieren, war, nicht zuletzt am Widerstand des Präsidenten Jumayyils<br />

und der Mehrheit der Forces Libanaises, gescheitert.<br />

Die letzte Phase des Bürgerkrieges begann 1988, als die Amtszeit Staatspräsident Jumayyils<br />

endete, ohne dass die beteiligten in- und ausländischen Parteien – insbesondere der Präsident<br />

selbst, das amtierende Kabinett unter Ministerpräsident Salim al-Huss, die Führer der<br />

wichtigsten Milizen, Armeechef Aun, sowie Syrien und die USA – sich auf einen Nachfolger<br />

einigen konnten. Unmittelbar vor Ende seiner Präsidentschaft beauftragte Jumayyil General<br />

Aun mit der Bildung einer Übergangsregierung. Der amtierende Ministerpräsident Huss widersetzte<br />

sich dieser Entscheidung jedoch und vertrat den Anspruch, mit seinem Kabinett<br />

weiterhin im Amt zu bleiben. Beide Regierungen sahen sich jeweils als die legitimen Repräsentanten<br />

des gesamten Landes an. De facto kontrollierte Aun das christliche Kerngebiet<br />

und Huss regierte, wie ersterer mit Einschränkungen, die von muslimischen Milizen und syrischer<br />

Armee kontrollierten Regionen. Mit der Entstehung zweier konkurrierender Exekutiven<br />

und dem Fehlen eines Staatsoberhauptes, drohte der libanesische Staat – zuvor bereits geschwächt,<br />

in seinen <strong>Institut</strong>ionen aber weiterhin bestehend – nunmehr zu zerfallen. Während<br />

die Regierung Huss zumindest anfangs noch bemüht war, die Integrität des Staates zu wahren<br />

und Wege <strong>für</strong> eine Einigung der beiden Parallelregierungen offen zu halten, erwies sich<br />

Auns Strategie als weitaus konfrontativer. Er versuchte durch eine Reihe militärischer Aktionen,<br />

seinen Führungsanspruch im Lande zu demonstrieren. Zunächst ging es darum, die<br />

Autorität seiner Regierung im christlichen Kernland gegen die Forces Libanaises durchzusetzen,<br />

die sich im Laufe des Krieges immer mehr staatliche Funktionen zueigen gemacht<br />

hatten. Im Februar 1989 forderte Aun von der Miliz die Übergabe der von ihr kontrollierten<br />

Häfen und setzte sich im Rahmen kurzer aber heftiger Auseinandersetzungen durch. Die<br />

politische Zielsetzung dieser Aktionen, nämlich die Macht der Milizen zu beschneiden und<br />

die staatliche Autorität durchzusetzen, stieß sowohl in weiten Teilen der Bevölkerung, als<br />

auch bei den zivilen Kräften der Regierung Huss auf Zustimmung. Seit Beginn des libanesischen<br />

Bürgerkrieges 1975 hatte ein Prozess der allmählichen Desintegration des bereits<br />

fragilen Staates eingesetzt. Die rasche Vervielfältigung der Gewaltakteure, vor allem der Milizen,<br />

hatte zu einer fortgesetzten Aushöhlung des staatlichen Gewaltmonopols geführt. Es<br />

hatten sich parallel operierende Ordnungssysteme unter Kontrolle der verschiedenen Milizen<br />

und regulären, libanesischen, syrischen und israelischen Streitkräfte entwickelt, so dass der<br />

Staat im Laufe des Krieges zu einer „leeren Hülle“ 61 mutiert war. Die Milizen hatten in den<br />

von ihnen kontrollierten Territorien eigene Verwaltungsinstitutionen, Rechts- und Sozialsysteme,<br />

sowie ökonomische Strukturen aufgebaut, bzw. sich angeeignet. Durch die Extraktion<br />

61 Rabinovich, 1985, S. 57.

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