04.01.2014 Aufrufe

Fallstudie Libanon (Nr. 51) - Geschwister-Scholl-Institut für ...

Fallstudie Libanon (Nr. 51) - Geschwister-Scholl-Institut für ...

Fallstudie Libanon (Nr. 51) - Geschwister-Scholl-Institut für ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

30<br />

3.2 Das Ta´if-Abkommen als Grundlage der Zweiten Libanesischen Republik<br />

Wie bereits erwähnt, bestand das Ta´if-Abkommen inhaltlich aus zwei Teilen, einem ersten,<br />

der zentrale Verfassungsprinzipien und Bestimmungen über das politische System enthielt,<br />

sowie einem zweiten, der sich mit sicherheitspolitischen Belangen, insbesondere auch der<br />

Präsenz externer Kräfte auf libanesischem Territorium befasste. Der innenpolitische Teil des<br />

Abkommens, und damit einhergehend die geänderte Verfassung, erwiesen sich in weiten<br />

Teilen als eine Neuauflage der Kompromissformel, wie sie in dem bereits dargestellten „Nationalpakt“von<br />

1943 zum Ausdruck kam:<br />

Am Anfang des Dokuments standen zunächst Aussagen zu den Grundprinzipien des Staates<br />

und seiner Identität. Der <strong>Libanon</strong> bekannte sich zu einer demokratischen Grundordnung und<br />

einem liberalen Wirtschaftssystem. 71 Der <strong>Libanon</strong>, wurde betont, sei „arabisch, nach Zugehörigkeit<br />

und Identität“ 72 , gleichzeitig aber – und diese Formulierung diente insbesondere als<br />

Garantie <strong>für</strong> die christlichen Bevölkerungsteile gegen alle denkbaren großsyrischen oder<br />

arabischen Eingliederungsprojekte – „ein souveränes, freies und unabhängiges und endgültiges<br />

Vaterland <strong>für</strong> alle seine Söhne“. 73 Als von besonderer Bedeutung erwies sich schließlich<br />

das Bekenntnis zum interkonfessionellen Zusammenleben. Die Koexistenz der Religionsgemeinschaften,<br />

bereits Grundpfeiler des „Nationalpaktes“, wurde bekräftigt und zur<br />

Grundlage staatlicher Legitimität erklärt. 74<br />

Ein Novum des Abkommens bestand in der den demographischen Veränderungen Rechnung<br />

tragenden Neuverteilung der legalen politischen Macht. Dabei wurde die informelle<br />

Aufteilung der staatlichen Spitzenämter zwischen den drei größten Konfessionsgemeinschaften<br />

beibehalten, die Kompetenzverteilung zwischen den Verfassungsorganen aber verändert.<br />

Die Stellung des Präsidenten wurde zugunsten des Kabinetts als Kollektivorgan und<br />

des Ministerpräsidenten, sowie des Parlaments und seines Vorsitzenden eingeschränkt. 75<br />

Die Parlamentssitze wurden vorerst weiterhin nach konfessioneller Zugehörigkeit besetzt,<br />

jedoch paritätisch zwischen Muslimen und Christen. Innerhalb der beiden Religionsgruppen<br />

sollten die Sitze proportional auf die einzelnen Konfessionen verteilt werden. Mittelfristig waren<br />

jedoch Wahlen auf nicht-konfessioneller Grundlage geplant. 76 Die Abschaffung des politischen<br />

Konfessionalismus, bereits im Kontext des Nationalpaktes in Aussicht gestellt, wurde<br />

im Rahmen des Ta´if-Abkommens als „wesentliches nationales Ziel“definiert. Die konkreten<br />

Maßnahmen zur Erreichung dieses Ziels waren jedoch eher zaghaft konzipiert worden. Ein<br />

„nationaler Rat“, zusammengesetzt aus den führenden politischen und gesellschaftlichen<br />

71 Vgl. The Ta´if Agreement, ratified by the Parliament on 5 November, 1989, Qulayat,<br />

http://www.pogar.org/publications/other/lebanon/taef-e.pdf - [Zugriff: 22.03.2007], Teil I, Abschnitt 1, Punkt c und<br />

f.<br />

72 The Ta´if Agreement, Teil I, Abschnitt 1, Punkt b.<br />

73 The Ta´if Agreement, Teil I, Abschnitt 1, Punkt a.<br />

74 Vgl. The Ta´if Agreement, Teil I, Abschnitt 1, Punkt j.<br />

75 Vgl. The Ta´if Agreement, Teil I, Abschnitt 2, Punkt a – f.<br />

76 Vgl. The Ta´if Agreement, Teil I, Abschnitt 2, Punkt a, Absatz 5.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!