13.01.2014 Aufrufe

Aufreger

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

sonntaz |NETZ<br />

www.taz.de | sonntaz@taz.de apple SONNABEND/SONNTAG,28./29.DEZEMBER2013 21<br />

fürverschreibungspflichtige<br />

Medikamente und Drogen gab es auf<br />

der Silk Road am 13. September 2013<br />

13.000Angebote<br />

Quelle: Olivia Bolles Criminal Complaint<br />

Nutzer hatte der Darknet-<br />

Schwarzmarkt Silk Road, bevordas<br />

FBI ihn im Oktober schloss<br />

0,9Millionen<br />

Quelle: Reuters<br />

.......................................................................<br />

.....................................................<br />

Drei Schritte ins Darknet<br />

Laden Sie sich am besten den<br />

1Tor-Browserherunter und installieren<br />

ihn: www.torproject.org.<br />

Sie finden auf der Seite<br />

einige Erläuterungen, wie man<br />

surft,ohne Spuren zu hinterlassen.<br />

Natürlich funktioniertder Tor-<br />

Browserauch fürs „Clearnet“,das<br />

sichtbareInternet.<br />

2<br />

Suchen Sie über den Tor-Browserdas<br />

„Hidden Wiki“,eine<br />

Überblicksseite,die viele Darknet-<br />

Websites auflistet. Achten Sie darauf,dassdie<br />

Seite aus wirren<br />

Buchstabenzahlenkombinationen<br />

bestehtund auf .onion endet<br />

und nichtauf .com, .orgoder .de.<br />

Etwa: kpvz7ki2v5agwt35.onion.to/wiki/<br />

3<br />

Wählen Sie Ihreerste Seite an,<br />

vielleichtnichtgerade einen<br />

Waffenladen. Achten Sie darauf,<br />

nichts herunterzuladen und auf IhrerFestplatte<br />

zu speichern und<br />

bleiben Sie auch sonstmisstrauisch.<br />

Bitcoins können Sie über Seiten<br />

wie bitcoin.de oder localbitcoins.com<br />

kaufen. Haben Sie die<br />

erworbenen Münzenineiner digitalen<br />

Geldbörse, einem Wallet,<br />

abgelegt,kann das Geld per Klick<br />

sekundenschnell überwiesen werden.<br />

Bezahlt man etwas, wirdder<br />

Betrag so lange auf einem Konto<br />

des Online-Shops zwischengelagert,<br />

bis die Ware geliefert ist.<br />

Dann gibtder Käufer das Geld für<br />

den Händler frei. Fragen zu Bitcoins:<br />

bitcoin.org<br />

denKommentarenvonanderen,<br />

maninteragiert, produziertDaten,<br />

macht sein Surfverhalten<br />

nachvollziehbar. Verwertbar.<br />

Auch Googlewill jedem Nutzer<br />

überdasNetzwerkGoogle+möglichst<br />

ein Gesicht verleihen.<br />

Amazon zeichnet mitseinen Algorithmen<br />

manchmal noch klarereNutzerbilder.<br />

AufderSilkRoadgibteskeine<br />

Gesichter,sondernBildervonPiraten,vonClownsoderBobMarley.<br />

EsistderVersuch,Vertrauen<br />

andersaufzubauenalsüberPorträtfotosund<br />

Vor- und Nachnamen.<br />

DasDarknetlässtsichnichtin<br />

Schwarz und Weiß zeichnen, es<br />

istgrau,unbestimmt.Esistnicht<br />

dieschwarzeHölle,diesichvom<br />

weißen Rest des Internets abgrenzen<br />

lässt, den Googledominiert.EsbirgteineUnsicherheit,<br />

dieunsvoranbringenkann,weil<br />

sie weniger trügerisch istals die<br />

Google-Idylle,diesohellscheint.<br />

Am23.März2013wendetsich<br />

RossUlbrichtan„redandwhite“–<br />

so nennen sich Mitglieder des<br />

Rockerclubs Hell’sAngels –und<br />

bittet ihn, den Silk-Road-Nutzer<br />

„FriendlyChemist“ umzubringen,<br />

der ihn erpresse. Er schickt<br />

eine kanadische Anschrift.<br />

„Friendly Chemist“ drohe, die<br />

Identität von Tausenden Silk-<br />

Road-Kunden preiszugeben.<br />

„Dieses Verhalten istunverzeihlich.<br />

Vorallem hier,auf der Silk<br />

Road, ist Anonymität sakrosankt.“<br />

„redandwhite“<br />

macht Ulbricht<br />

aufeinenweiterenHändler<br />

aufmerksam, „tony76“, der<br />

auch hinter der Erpressung stecke.DervermeintlicheHell’sAngel<br />

teiltUlbrichtnun mit, dass<br />

„tony76“ mit drei anderen zusammenlebe.<br />

Wenn sie nurihn<br />

töteten, könnten sie weder Geld<br />

noch Drogen sichern. Ulbricht<br />

zahltdaraufhin 500.000 Dollar<br />

für „alle vier“. Am15. April<br />

schreibt „redandwhite“: „Das<br />

Problemisterledigt.“<br />

EsistnichtdasersteMal,dass<br />

der Grausame Pirat Roberts jemandenbeauftragthat,zutöten.<br />

Schon im Januar 2013 wendet<br />

er sich an einen anderen Nutzer<br />

der Silk Road. Ein Angestellter<br />

habe 350.000 Dollar gestohlen.<br />

Erbittet,ihnzusammenzuschlagen<br />

und das Geld zurückzuholen.AlsUlbrichterfährt,derAngestellteseifestgenommenworden,<br />

und fürchtet, er verpfeife<br />

ihn, wandelterden Auftrag um:<br />

„lieberExekutionstattFolter“.Er<br />

zahlt80.000Dollar–underhält<br />

FotosvomErmordeten.<br />

„Eskotztmichan,dassichihn<br />

umbringenmusste“, schreibtUlbrichtimprivaten<br />

Chat.„Aber<br />

wasseinmuss,musssein.“<br />

AlsFBI-AgentenRossUlbricht<br />

am 1. Oktober 2013 festnehmen,<br />

sitzteramLaptopineineröffent-<br />

lichenBibliothekinSanFrancis-<br />

co.Ein blasser Typ in Jeans und<br />

T-Shirt. Bevor die FBI-Männer<br />

ihn ans Fenster pressen und<br />

dann mitnehmen, verwaltet er<br />

die Silk-Road-Seite, verfolgt<br />

Geldströme und chattet. Das allesergibtsichausGerichtsakten<br />

undZeugenaussagen.<br />

AmEndestelltsichheraus:Es<br />

istniemandgetötetworden.Der<br />

vermeintliche Auftragsmörder<br />

war ein Undercover-Agent, die<br />

Fotossindgestellt.AuchinKanada,<br />

stelltdas FBI fest, wurde<br />

keineLeichegefunden.<br />

Wasdie Ermittler jedoch auf<br />

Ulbrichts Laptop finden, istein<br />

Tagebuch.Alseinesderwichtigsten<br />

Ereignisse des Jahres 2010<br />

hältUlbrichtdarinfest:„Ichfing<br />

an,aneinemProjektzuarbeiten,<br />

dasichmehralseinJahrlangim<br />

Kopfgehabthatte.Ichnanntees<br />

zuerst Underground Brokers,<br />

später Silk Road. Ich wollte eine<br />

Webseite schaffen, aufder Menschen<br />

anonym einkaufen können,<br />

ohne eine einzige Spur zu<br />

hinterlassen, die zu ihnen zurückführenkönnte.“<br />

UmdieUntergrund-Plattform<br />

zumLaufenzu kriegen,bieteter<br />

etwas an, das man woanders<br />

nicht bekommt. Er züchtet in<br />

einer Hütte Magic Mushrooms,<br />

halluzinogenePilze.<br />

RossUlbrichtwilleineOnline-<br />

Weltschaffen,diefreiistvonGewalt,und<br />

übersiehtdabei offenbar<br />

lange, dass der Handel mit<br />

Drogen Menschen anzieht, derenGeschäftdieGewaltist.<br />

Es muss ihm irgendwann<br />

schwerfallen, von seinem WG-<br />

ZimmerausdenBezugzurRealitätdadraußen<br />

zu bewahren. Er<br />

kenneselbstseineengstenBerater<br />

nichtpersönlich, schreibt er<br />

einem Journalisten. Ob seine<br />

Freundinwisse,dasserderGrausame<br />

Pirat Roberts sei, fragtihn<br />

jemand im Chat.Sie werdedas<br />

unter garkeinen Umständen erfahren,antwortetUlbricht.„Vielleichtnie.“Eristgutdaringeworden,<br />

Dinge zu verbergen. Und<br />

scheintvergessenzuhaben,dass<br />

erkeinComputerspielspielt.<br />

Fortsetzung auf Seite 22

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!