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nord |KOSTPROBE<br />
hamburg040|389017452•bremen0421|96026442<br />
SONNABEND/SONNTAG,28./29.DEZEMBER2013 apple TAZ.AMWOCHENENDE 51<br />
HEISS &FETTIG<br />
Die mangelhafte Kennzeichnung<br />
vonfrischen Gänsen auf<br />
Wochenmärkten hat die Verbraucherzentrale<br />
Niedersachsengerügt.BeieinerStichprobe<br />
waren an keinem einzigen<br />
MarktstandsämtlichePflichtangaben<br />
vollständig und richtig.<br />
DazugehörendieHandelsklasse<br />
und die Lagertemperatur. Nicht<br />
zulässig seien Bezeichnungen<br />
wie „Weidegans“ oder „freilaufende<br />
Gänse“. Hier gelten ausschließlich<br />
Bezeichnungen wie<br />
„Freilandhaltung“oder„bäuerlicheFreilandhaltung“.(taz)<br />
Geldsegen für Niedersachsens<br />
Landwirte: Rund 850 Millionen<br />
Euro sogenannte Betriebsprämien<br />
sind zumJahresende<br />
aufdie Konten von48.500 Antragstellern<br />
überwiesen worden.„DieseEU-Direktzahlungen<br />
für landwirtschaftliche Flächen<br />
bedeuten Planungssicherheit“,<br />
sagte Agrarminister Christian<br />
Meyer (Grüne). Diese EU-Subventionwirdden<br />
Bauern unabhängig<br />
vonihrer jeweiligen ErzeugunggewährtundistseitJahreneinZankapfel.(dpa)<br />
Mal sehen, ob das Werk gelungen ist: Thomas Kunst zapft einen „Zwickel“ –das junge Bier –vom Pale Ale<br />
Foto: Thomas Joerdens<br />
Der Hopfen will gut gewählt sein<br />
VON THOMAS JOERDENS<br />
Wirstehen im Gang eines stahlgrauen,<br />
weitverzweigten Rohrsystems.<br />
Thomas Kunstschaut<br />
suchend,findetschnellundhält<br />
ein Glas unter einen Hahn, dessen<br />
Ventil er behutsam öffnet.<br />
NachvielSchaumfließtsonnengelbes,naturtrübesPaleAle.Der<br />
Kenner riechtausgiebig, nimmt<br />
einenkleinenSchluckundkommentiert<br />
zufrieden: „Ah, tolles<br />
Aroma.“<br />
BisdasBierallerdingsperfekt<br />
ist, muss es noch einige Zeitin<br />
dem Tank lagern, ausdem sich<br />
derBraumeistergeradedassogenannte<br />
Zwickelbier abgezapft<br />
hat–sowerden junge Biere genannt.<br />
Thomas Kunstreichtdas<br />
Glas weiter.Das Bier schmeckt<br />
hopfig, kräftig und zugleich<br />
fruchtig; im Abgang bitter,aber<br />
nicht unangenehm. Kein Vergleich<br />
mitden üblichen Supermarktbieren.<br />
Der Brauer strahlt<br />
und weiß, dass er gerade alles<br />
richtigmacht.<br />
Dieses Gefühl spürtder 48-<br />
jährige Bremer seitvier Jahren.<br />
DamalsheuerteerbeiderHamburger<br />
Ratsherrn-Brauerei an.<br />
Diese hatte der Stralsunder Getränkegroßhändler<br />
„Nordmann<br />
Unternehmensgruppe“ wiederbelebt,nachdemdie1951gegründeteBierfabrikvor13Jahrenvon<br />
der Bildfläche verschwunden<br />
war. Als Standortguckten sich<br />
die Investoren denkmalgeschützte<br />
Viehhallen eines alten<br />
Schlachthofs ausimSchanzenviertel<br />
auf St. Pauli. Thomas<br />
Kunst,gelernterBrauerundMälzer<br />
sowie Diplom-Braumeister,<br />
solltedieAnlageplanen,einneues<br />
Pils entwickeln und „Ratsherrn“-Bierzudemmachen,das<br />
es Ende der 1970er-Jahre einmal<br />
gewesen ist: das meistverkaufte<br />
Premium-PilsderHansestadt.<br />
Abereskamnochbesser.„Wir<br />
dachten anfangs, wir setzen uns<br />
über Qualität durch, merkten<br />
aber schnell, dass das nichts<br />
wird. Denn Pils istnach wie vor<br />
diebeliebtesteBiersorte,unddie<br />
bieteneinfachallean“,sagtThomasKunst.<br />
So entstand die Idee,<br />
auch auf geschmackliche AbwechslungzusetzenundTeilder<br />
internationalen Craft-Beer-Bewegungzuwerden.<br />
Aus hochwertigen Zutaten<br />
sollten mehrere spezielle Biersorten<br />
entstehen –also das Ge-<br />
BIEREinekleine<br />
BrauereiaufSt.Pauli<br />
nimmtsichein<br />
bisschenmehrZeit<br />
fürsBrauenund<br />
bietetbesondere<br />
SortenwiePaleAle<br />
an.DasKonzept<br />
scheintaufzugehen.<br />
DerBraumeisterhat<br />
früherbeiBeck’s<br />
getüfteltundfreut<br />
sich,dassersich<br />
auslebendarf<br />
genteilderindustriellgebrauten<br />
Einheitsbiere für den Massenmarkt.<br />
„Craft“ istdas englische<br />
Wort für Handwerk, und BrauhandwerksolltebeiRatsherrnim<br />
Vordergrund stehen. DamiterfülltesichfürThomasKunstein<br />
Brauertraum,dennerdarfseine<br />
Lieblingsbiere herstellen. „Natürlich<br />
habe ich früher maldarangedacht,aberesfehltedieGelegenheit“,sagtderzweifacheVater<br />
und grauhaarige Plauzenträger,der<br />
es in Sachen Genuss offenbar<br />
üppig und gehaltvoll<br />
mag.<br />
ThomasKunsthatseinHandwerk<br />
bei der Bremer Brauerei<br />
Beck’sgelerntundetwa20Jahre<br />
amRufdesBeck’s-Biersmitgearbeitet.Die90er-Jahre,alsolange<br />
vorder Übernahme durch den<br />
Anheuser-Busch-In-Bev-Konzern,<br />
nenntThomas Kunstsein<br />
„goldenes Zeitalter“ bei der Traditionsbrauerei<br />
an der Weser.<br />
Der Vertreter des Ersten BraumeistersundseineKollegenhätten<br />
vieles ausprobiertund sich<br />
mit Wissenschaftlern ausgetauscht.<br />
„Wir waren technologisch<br />
führend auf dem deutschen<br />
Markt“, erinnert sich<br />
Kunst, der zumSchluss zuständig<br />
warfür die Qualitätssicherung<br />
der deutschen Anheuser-<br />
Busch-In-Bev-Standorte.<br />
Bei Ratsherrn lebt Thomas<br />
KunstseinQualitätsbewusstsein<br />
und seine Freude an unter-<br />
Bitterhopfensorten sorgen<br />
fürdenbitterenGeschmack,und<br />
Aromasorten geben dem Getränk<br />
floraleoder fruchtige Aromen.FürLaiensindsolcheNoten<br />
kaumzuerkennen,dochsiecharakterisieren<br />
das jeweilige Bier.<br />
Großbrauereien benutzen oft<br />
nur Hopfenextrakt. Thomas<br />
Kunstmischtaus den über 100<br />
existierenden Hopfensorten jeweilsvierbissechsinseineBiere.<br />
Seine aktuellen Lieblinge sind<br />
Simcoe ausden USAmit einem<br />
waldigen, fruchtigen Südfrüchte-Aromaund<br />
der deutsche Saphir-Hopfen.<br />
Dieser sei reich an<br />
ZitrusaromenundanderenHopfenölenundprägtnebenvieranderen<br />
Sorten das Pale Alevon<br />
ThomasKunst.<br />
Außer den Zutaten sei ein<br />
maßgebenderFaktordieZeit,die<br />
der Brauer seinem Bier gibt.<br />
Nach dem Sud, der etwasechseinhalbStunden<br />
dauert, lassen<br />
Thomas Kunst und seine vier<br />
Brauerkollegen das Bier in der<br />
Regel eine Woche bei niedrigen<br />
Temperaturen gären. Anschließend<br />
reift das Getränk in dem<br />
Rohr- und Tanklabyrinth noch<br />
einmalzweibisdreiWochenbei<br />
fast minus zwei Grad Celsius.<br />
„DanachhabensichalleAromen<br />
entfaltet und die Biere runden<br />
sichab“, sagtThomasKunst.Bier<br />
brauengehtauchinnerhalbvon<br />
Die Käsesorte Holsteiner Tilsiter<br />
darfkünftig nurnoch aus<br />
Schleswig-Holstein kommen.<br />
DieEU-KommissionhatdasProdukt<br />
mit dem Gütesiegel geschützte<br />
geografische Angabe<br />
(g.g.A) gekennzeichnet. DemnachdarfsicheinKäseerstdann<br />
Holsteiner Tilsiter nennen,<br />
wenn er in Schleswig-Holstein<br />
hergestelltund gereift ist. Die<br />
Milch muss aber nicht unbedingtausdemBundeslandkommen.<br />
Der Käse verdankeseinen<br />
würzigen Charakter Bakterienkulturen,<br />
die „nur im Klimaraum<br />
zwischen Nord-und Ostseeentstehenkönnen“,<br />
erläutertedieKommission.(dpa)<br />
Frei vongentechnisch veränderten<br />
Bestandteilen sind Kartoffeln,<br />
Senf-, Ölrettich-, Ölleinund<br />
Rübsensaatgut inSchleswig-Holstein.<br />
Damiterfülltdas<br />
Land die Vorgaben der EU.Für<br />
Saatgutgelte die Nulltoleranz,<br />
teiltedasLandwirtschaftsministeriuminKielmit.AufgentechnischeVerunreinigungenuntersuchtwurden<br />
Kartoffelpartien<br />
auf fünfzehn Flächen. Ferner<br />
wurden von sieben Ölrettich-,<br />
dreiSenf-,einerÖllein-sowieeinerRübsensaatgutpartieProben<br />
entnommen.(epd)<br />
........................................................................................................................................................................................................<br />
sieben Tagen. Aber entsprechendödeschmeckees.<br />
........................................................................................................................................................................................................<br />
CraftBeer<br />
■ Die Macher der Craft-Beer-Bewegung<br />
stemmen sich gegen den<br />
ZwergunterRiesen<br />
Trend, dassinternationale Großbrauereien<br />
weltweit die kleineren<br />
Konkurrenten schlucken und industriell<br />
möglichstgünstig Massenwareproduzieren,<br />
die zwangsläufig<br />
nuancenarm schmeckt.<br />
■ Craft istdas englische Wort für<br />
Handwerk. Die Brauer haben es<br />
sich zumVorbild genommen und<br />
experimentieren mit ihren Vorlieben,<br />
Erfahrungen und Ideen.<br />
■ ZumBrauen werden verschiedene<br />
Malzmischungen genutzt. schiedlichen Geschmäckern<br />
Das Bier gärtbei niedrigeren Temperaturen<br />
und lagertlänger.Anstatt<br />
mit Hopfenextrakt zu arbeiten,<br />
verwenden die Craft-Brauer<br />
teilweisemehr als ein halbes Dutzend<br />
Hopfen füreine Sorte.<br />
■ Die Bewegung entstand Mitte<br />
der 1970er-Jahreinden USA und<br />
schwappte über Belgien und Skandinavien<br />
zu uns.<br />
■ Neben der Ratsherrn-Brauerei<br />
eröffnete in Hamburg2012auch<br />
noch intensiveraus. Und er erzählt,wiemanausHopfen,Malz,<br />
WasserundHefeBierebraut,die<br />
sichjenseitsderfadenSortenbewegen,die„zurBallerbrauseverkommen<br />
sind“. Im gläsernen<br />
Sudhausdoziertder gemütliche<br />
Vielredner über unterschiedliche<br />
Malz- sowie Hopfensorten<br />
und zupft Dolden auseinander,<br />
um sie dem Besucher unter die<br />
Nasezuhalten.<br />
die„KreativbrauereiKehrwieder“,<br />
derenMitgründerOliverWesseloh<br />
dieses Jahr Weltmeister der Biersommeliers<br />
wurde. JOE<br />
„Bierkannsounheimlichvielfältigsein“,<br />
schwärmtderChefbrauer.BeiRatsherrnsindseitderEröffnung<br />
im März 2012 achtBiersorten<br />
gebrautworden. Drei habenesindie0,33er-Flaschengeschafft<br />
und werden im norddeutschenRaumverkauft.<br />
Neben dem klassischen Pils,<br />
einem stärkeren Rotbier und einem<br />
noch stärkeren Pale Ale<br />
zapft die Ratsherrn-Crew im<br />
GasthausderBrauereiauchZwickel,<br />
Weißbier und Saisonbiere<br />
wie Iggy Hop, Springbock und<br />
SummerAle.Alsnächstessollein<br />
dunkles,kräftigesWinterbierdas<br />
Sortiment erweitern mit einer<br />
Gewürzmischung aus Nelken,<br />
Zimt, Anis, Orange und Karamell.<br />
Und fürs Frühjahr sei Bier<br />
Nummerzehngeplant.<br />
KunstistmitderEntwicklung<br />
der Ratsherrn-Brauerei zufrieden.<br />
Im vergangenen Jahr habe<br />
man10.000 Hektoliter gebraut<br />
und 2013 werden es wohl über<br />
16.000Hektoliter.ImdrittenGeschäftsjahr<br />
hofft Thomas Kunst<br />
aufeinen Absatz vonmehr als<br />
20.000Hektoliter.Damitistdas<br />
HamburgerUnternehmeninder<br />
Brauerei-Szene ein Zwerg und<br />
wirdesauch bleiben. Als jährliche<br />
Gesamtproduktion sind<br />
höchstens 50.000 Hektoliter<br />
drin. Die führende deutsche<br />
Brauerei Radeberger braute 2011<br />
überzwölfMillionenHektoliter.<br />
Je billiger die Milch, desto mehr fehlt der Kuh.<br />
Für ein besseres Leben.<br />
Für Mensch und Tier.<br />
www.provieh.de