13.01.2014 Aufrufe

Aufreger

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

24 SONNABEND/SONNTAG,28./29.DEZEMBER2013 apple www.taz.de | kultur@taz.de KULTUR | sonntaz<br />

DAS KOMMT<br />

■ 18. 1., Schauspielhaus Hamburg<br />

Neueröffnung Schauspielhaus<br />

Karin Beier,neue Intendantin am Hamburger Schauspielhaus,hat sich für<br />

die Wiedereröffnung der großen Bühne einen Antikenzyklus vorgenommen,<br />

mit Texten vonEuripides,Aischylos und Sartre. Dabei liegt ihr Augenmerk<br />

auf dem Verhältnis vonReligion und Politik und der Instrumentalisierung<br />

des Glaubens.Nehmen die Götter ihr das übel? Jedenfalls musstedie<br />

Eröffnung wegen schwerwiegender technischer Pannen in den Januar verschoben<br />

werden.<br />

■ 24. 1.bis 2. 2. in Berlin<br />

Club Transmediale<br />

Das CTM-Festival istinzwischen eines der bestkuratiertenElektronikfestivals<br />

weltweit. Und 2014 macht<br />

es unterdem Motto„Dis Continuity“die Fluchtlinien<br />

zwischen Talentenund Veteranen sichtbar.Mit<br />

dabei sind unteranderem die Hamburger DJ Helena<br />

Hauff (Foto), Cyclobe aus London, Veronica Vasicka<br />

aus NewYork und der libanesische Künstler Rabih<br />

Beaini.<br />

Keine Angst vor den Großen, lässig und mit einer gesunden Portion Selbstironie: Die Heiterkeit Foto: Alina Simmelbauer<br />

POPImFebruarerscheint„Monterey“,dastolleneueAlbumvonDie<br />

Heiterkeit.IhrSoundhatsichentwickelt,inklusiveNo-Nonsense-Attitüde<br />

■ 6. 2. bis 16. 2.2014 inBerlin<br />

Berlinale<br />

Zum64. Mal finden die Internationalen Filmfestspiele<br />

vonBerlin statt. AufzweiDinge kann man sich schon jetzt<br />

freuen: Den Eröffnungsabend bestreitet WesAndersons<br />

neue Tragikomödie „The Grand BudapestHotel“,und<br />

der französische AltmeisterAlain Resnais istmit „Aimer,<br />

boireetchanter“ vertreten.<br />

Fotos (v. o. n. u.): Hammerl; Europeana Collections; Berlinale<br />

FastschonKalifornien<br />

VON CARLA BAUM<br />

Das heiß erwartete zweite<br />

AlbumvonTalenten,das<br />

beweisenvieleBeispiele,<br />

gehtleichtdaneben.Mal<br />

wirdversucht,exaktdenerprobten<br />

Sound des Debütsbeizubehalten.Dannistesschlichtlangweilig.OdereswerdenkrudeExperimente<br />

gewagt, die nurnach<br />

erzwungenermusikalischerEntwicklung<br />

klingen. Dann kann es<br />

richtig böse werden. Es erleichtert,dassDieHeiterkeitesbesser<br />

wissen, und zugleich verwundertesauchkeinbisschen.<br />

ZurErinnerung: Im Sommer<br />

2012 hatten die drei Musikerinnen<br />

Die Heiterkeitihr Debütalbum„Herz<br />

ausGold“ veröffentlichtund<br />

es durch wohlplatziertesSchweigengeschafft,dassihre<br />

Musik allseits hibbelig erwartetwurde.<br />

Ganz schön mutig für eine<br />

junge Band, die biertrinkend in<br />

Hamburger Kneipen Freundschaften<br />

zu anderen Musikern<br />

knüpfte.AberdieStrategiefunktionierte.<br />

„Herz ausGold“ und<br />

Die Heiterkeitwurden zu Kritikerlieblingen.<br />

Unter den HörerInnen<br />

dagegen fielen die Reaktionen<br />

polarisierter aus. „Die<br />

kann ja garnichtsingen“, „Das<br />

Schlagzeug istnichtzum Streicheln<br />

da“, solche Sätze mussten<br />

sich die drei Hamburgerinnen<br />

zunächstgefallenlassen.<br />

Wirklich gejuckt hatdas die<br />

Band nicht. Bereits die ersten<br />

Liveauftrittefandeninwichtigen<br />

Clubs statt. Aufder Bühne sah<br />

mandrei durchauszugewandte,<br />

aberunaufgeregtejungeFrauen,<br />

die aussahen, als wäre das alles<br />

einpieceofcake.Vergeblichhätte<br />

manauf überschwänglichen<br />

DankoderhastiggesäuselteAufforderungen,<br />

doch bitte das Albumzukaufen,gewartet.<br />

Nunsind sie zurück in veränderterBesetzung:StellaSommer<br />

undRabeaErradi,Gesang,Gitarre<br />

und Bass, sind geblieben.<br />

Schlagzeugerin Stefanie Hochmuth<br />

verließ Die Heiterkeitim<br />

Mai, kurz vorder Aufnahme des<br />

neuenAlbums.AnihreStelleist<br />

Anna-LeenaLutz, eine Freundin<br />

Erradis und Sommers und vor-<br />

Die Heiterkeit<br />

über Liebe<br />

„Du liebst mich<br />

immer noch /<br />

Wie am ersten Tag/<br />

Und wenn ich will /<br />

Lässt es niemals<br />

nach“<br />

■ ab Ende Januar im Netz<br />

Europeana Collections 1914–1918<br />

Zehn Nationalbibliotheken etwa aus Frankreich, Österreich,<br />

Italien oder Belgien sowie weiterePartner aus acht<br />

Ländern verknüpfen rund 425.000 Dokumente mit Bezug<br />

zumErstenWeltkrieg zu einer substanziell digitalen Datensammlung.<br />

Dazugehören Kriegstagebücher,Fotos,<br />

Filme,Flugblätter,Schützengrabenzeitungen und Ratgeber<br />

fürden Alltag: pro.europeana.eu/web/europeanacollections-1914-1918<br />

herSchlagzeugerinbeiderBerlinerIndie-PopBandHalfGirl,getreten.<br />

Eine Lokalband wollten<br />

DieHeiterkeitniesein.Undnun<br />

sind sie auch endgültig keine<br />

HamburgerBandmehr:Diedrei<br />

lebenmittlerweileaufHamburg,<br />

Berlin und Leipzig verteiltund<br />

treffen sich zumProben in der<br />

Hauptstadt.<br />

Bewusstübertreiben<br />

Den Hamburger-Schule-Sound<br />

wirdmandennochweiterassoziieren,wennimFebruardasneue<br />

Album „Monterey“ erscheint.<br />

DieHeiterkeithabensichfürdie<br />

Produktion Moses Schneider ins<br />

Bootgeholt,dervorallemfürseine<br />

Zusammenarbeit mit Tocotronicbekanntist.Mitihnenwerden<br />

Die Heiterkeitauch oft verglichen.<br />

„Monterey“ bewahrt<br />

sichdieseNähe,bewegtsichaber<br />

auch davonweg. Schneider sei<br />

mitdem dezidierten Anspruch<br />

indiefünftägigeAufnahmephasegegangen,„essoundmäßigso<br />

richtigzuübertreiben“, wieSommersagt.<br />

Sogeselltsichauf„Monterey“<br />

einvomTouchherschneidender<br />

NewWavezum vomDebüt her<br />

bekanntenSignatursoundvonE-<br />

Gitarre, Schlagzeug und Bass. Es<br />

klingt konzeptueller als bei<br />

„Herz ausGold“.Die zehn Songs<br />

halten mitOverdubs, Hall und<br />

melodischen Basslines weitaus<br />

mehr musikalische Brüche bereit.TrotzdemwurdeaufSubtilität<br />

geachtet, sodass die neuen<br />

Stückenichtoverthe topklingen.ImmernochistdaSommers<br />

unkonventioneller Gesang, einenTicktieferalseigentlichnötig.<br />

Immer noch sind da ihre<br />

schwergreifbaren Texte, denen<br />

inhaltlichzufolgenProblemebereitet.<br />

DurchdasAlbumziehtsicheineÄsthetikdesUngefähren,musikalisch<br />

wie textlich.Mal klingt<br />

ein Lied fast melancholisch, fast<br />

kitschig, dann schlägt es plötzlich<br />

um in Frohsinn. „Pauken<br />

und Trompeten“könnte fast als<br />

Liebeslied durchgehen. „Du<br />

liebstmichimmernoch/Wieam<br />

ersten Tag/Und wenn ich will /<br />

Lässt esniemals nach.“ Aber<br />

nein, so rechtglücklich magdas<br />

dann doch nichtrüberkommen.<br />

VonFern fühltman sich im Refrain<br />

von„Wässere mich“gar an<br />

einen Schlager erinnert: „Du<br />

siehst vertrocknet aus /Und<br />

kommst, weil ich dich brauch /<br />

Kommwässeremich/Mit einer<br />

Tränevondir.“Wäredanichtdas<br />

hinterlistigeWörtchen„vertrocknet“undvorallemSommersunaufgeregteStimme,diesobetont<br />

unbeteiligtsingt.<br />

„Ichfindeesinteressant,Dinge<br />

ausihrem Kontext zu reißen<br />

undsieneuzukombinieren“, erklärtdie<br />

Sängerin und Gitarristin.DahinterstecktaucheineAbsage<br />

an Authentizitätund den<br />

Gedanken, dass Texte im stillen<br />

KämmerleinalsAusgeburteneines<br />

vermeintlich geniehaften<br />

Geistes entstehen. „Monterey“<br />

verschleiertseineZitathaftigkeit<br />

nicht, beziehtseine Originalität<br />

aus der Neuzusammensetzung<br />

vonInspirationsquellen.<br />

Der Song „Die ganzen müden<br />

Pferde“etwaist eine Hommage<br />

an Bob Dylans „All the tired<br />

horses“,aber nichtimehrfürchtig-bewunderndenSinn:„Ichfinde<br />

Dylans Song überraschend<br />

schwach“, sagt Sommer, „und<br />

dachte, das kann ich besser machen.“<br />

Keine Angstvor den Großen,<br />

LässigkeitundeinegesundePortion<br />

Selbstironie –diese KombinationhatsichfürDieHeiterkeit<br />

schonbeiihremDebüt bewährt.<br />

Da streuten sie ebenso konsequentwienebenbeidiekalifornischeBandPavementalsEinflussgrößeein,biswirklichjedervon<br />

Sommeralsweiblicheunddeutsche<br />

Version vonStephen Malkmusschrieb.<br />

Doch große Würfemuss man<br />

sichleistenkönnen,sonstwirdes<br />

schnell lächerlich. Ihr Album<br />

„Monterey“, benannt nach der<br />

StadtinKalifornien,diesichDie<br />

Heiterkeit von der Landkarte<br />

pickten,kannessichleisten.2014<br />

jedenfalls würde ein gutes Jahr<br />

werden,wennallessoist,wieauf<br />

„Monterey“: Das Gute bewahrend,dasNeueundErweiternde<br />

umarmend.<br />

■ Die Heiterkeit: „Monterey“<br />

(Staatsakt/Rough Trade)

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!