Aufreger
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44 SONNABEND/SONNTAG,28./29.DEZEMBER2013 apple TAZ.AMWOCHENENDE<br />
www.taz.de<br />
b@taz.de<br />
DAS THEMA<br />
Hier stehtdie<br />
Zukunft<br />
geschrieben<br />
Der Mauerfall –hier am Grenzübergang Chausseestraße Foto: Norbert Michalke/Ullstein Bild<br />
VORHERSAGEWasbringtdasneueJahr?Dietaz<br />
weißes:GleichimJanuarwirdüberdas<br />
TempelhoferFeldunddasFlüchtlingscamp<br />
amOranienplatzentschieden,in<br />
BrandenburgwirddieSPDwiedergewählt,<br />
derMauerfallwirdeinVierteljahrhundert<br />
altundderErsteWeltkriegschon100.<br />
UnserAusblickauf2014<br />
Die Mauer fällt wieder<br />
JAHRESTAG IZumletzten<br />
MalfürlangeZeitwird<br />
2014andasEndeder<br />
DDRerinnert<br />
Ein historisches Großereignis:<br />
Vor25Jahren, am 9. November<br />
1989,fieldieBerlinerMauerund<br />
damitletztlich auch die DDR. 25<br />
Jahre: Das gehtgemeinhin noch<br />
als „richtig rundes“ Jubiläum<br />
durch und wird deswegen –<br />
wahrscheinlich sogar weltweit –<br />
intensivbegangen.Bei30oder35<br />
siehtesdannschonganzanders<br />
aus.<br />
25Jahresindzudemeinegute<br />
Zeitspanne, um der Fragenachzugehen,<br />
inwieweit der Mauerfall<br />
schon Geschichte ist oder<br />
nochTeilderGegenwart.Anders<br />
als im Fall des Ersten Weltkriegs<br />
leben die meisten Zeitzeugen<br />
noch und haben selbstjene, die<br />
das Ereignis nuraus der Ferne,<br />
meistamFernseher,erlebt haben,<br />
konkrete Erinnerungen an<br />
dieTageimHerbst1989.Diewird<br />
mankommendesJahrauchumfangreich<br />
lesen, hören, sehen.<br />
Die taz.berlin hat damit sogar<br />
schonbegonnen:InderAusgabe<br />
am 9. November dieses Jahres<br />
hatHaraldJäger–derDDR-Grenzer,deranderBornholmerStraße<br />
die Schleusen öffnete –den<br />
Ablauf seiner Arbeitanjenem<br />
Tagdetaillierterzählt.<br />
Wahr-undUnwahrheiten<br />
Das warspannend, fast ein Krimi.<br />
Bisweilen verlor manüber<br />
die FaszinationamPlottatsäch-<br />
Sportlicher Fan: Der Bezirk Mitte glaubt, dass ein Zaun solche<br />
Aktionen verhindert Foto: Tobias Seeliger/Snapshot Photography<br />
lich jene vielen Menschen aus<br />
dem Blick, für die die Situation<br />
etwas Existenzielles hatte. Der<br />
Mauerfallwirdlangsamselbstzu<br />
einer Geschichte, mitall seinen<br />
Wahr- und Unwahrheiten, die<br />
ihm nach und nach angedichtet<br />
werden –von all denen, die sich<br />
nichtmehrgenauerinnernkönnen<br />
oder wollen oder sogar ein<br />
Interesse daran haben, etwas<br />
Neueshinzuzufügen.<br />
Was wird 2014 überwiegen:<br />
die Geschichte des Mauerfalls<br />
oderderMauerfallalsGeschichte?Vorallem:WaswirddieGeneration<br />
der unter 30-Jährigen<br />
mehrinteressieren?Sodröge„25<br />
JahreMauerfall“erstmalklingt–<br />
es könnte erinnerungspolitisch<br />
ein diskussionsreiches Jahr<br />
werden.<br />
BERT SCHULZ<br />
Bezirk Mitte will Fanmeile<br />
im Tiergarten einzäunen<br />
PARKStreitüberfesten<br />
odermobilenZaun<br />
Fußball-WMinBrasilien–dasbedeutet<br />
für Berlin: ein schwarzrot-goldenesMeeraufderStraße<br />
des17.Juni,indemsichüberwiegend<br />
betrunkene „Schland“grölende<br />
Menschen tummeln. Bei<br />
der Europameisterschaft 2012<br />
sollendortmehralseineMillion<br />
Menschen die Spiele verfolgt<br />
haben.<br />
Inzwischen allerdings sorgt<br />
mansich um die Sicherheitbei<br />
Großveranstaltungen auf der<br />
Partymeile.Deshalbsollnunein<br />
Zaunher,dauerhaft.Überdiesen<br />
Zaun,derdieJohn-Foster-Dulles-<br />
Allee, die Tiergartenstraße und<br />
dieHofjägeralleeentlangverlaufensoll,streitenderBezirkMitte<br />
und die Senatsverwaltung für<br />
Stadtentwicklung schon seiteinem<br />
Jahr.Etwa3,5 Millionen EurowürdedieserZaunkosten,der<br />
dieEinlasskontrolleregelnsoll.<br />
EineAlternativewäreeinmobiler<br />
Zaun, bei dem nureinige<br />
Vorrichtungen fest installiert<br />
sindunddenmanimmerwieder<br />
zu den Massenpartys aufbauen<br />
müsste.Daswürde2,8Millionen<br />
Eurokosten –plusbis zu einer<br />
MillionAufstellkosten.<br />
Mittes Baustadtrat Carsten<br />
Spallek (CDU) will den festen<br />
Zaun. Harald Büttner,Leiter des<br />
Tiefbau- und Landschaftsplanungsamtes,erklärt:„Wirwollen<br />
den Zugang regulieren. Es geht<br />
uns darum, dass nichtjeder auf<br />
dasGeländekann,indemerden<br />
Bauzaun zurSeite schiebt. Und<br />
derHypeumdieWMwirdunsda<br />
anneueGrenzenbringen.“<br />
Massensause<br />
Der für Stadtentwicklung zuständigeSenatorMichaelMüller<br />
(SPD) istaber gegen den Zaun –<br />
wie die meisten seiner Parteigenossen.<br />
Bernd Krömer (CDU),<br />
StaatssekretärdesCDU-Innensenators<br />
Frank Henkel, äußerte<br />
sich zuletzt vorsichtig proZaun,<br />
die Polizei istsowieso dafür.Die<br />
Organisatoren der Fanmeile, eine<br />
Unterorganisation der Fifa,<br />
halten sich derzeitbedeckt. Es<br />
heißt,siemachtendenZaunzur<br />
BedingungfürdieMassensause.<br />
Kann ein Zaun wirklich eine<br />
Lösung sein? Die Sicherheitund<br />
dieKostengeltenalsHauptargumente<br />
dafür.Die Anschlagsgefahr<br />
aber wirdeine solche Absperrung<br />
wohl kaum senken, er<br />
wirdnichtmalwirklichabschreckend<br />
wirken. Und einen Bauzaun<br />
bei jedem Eventaufzustellen–wiebisher–kostetmaximal<br />
220.000Euro,sagtBüttner.Klar,<br />
rechnet mandas hoch, hatman<br />
dieseKostenschnellraus.DieInstandhaltungeinesfestenZauns<br />
allerdingshatnochniemandeingerechnet.<br />
Während also an der<br />
schwarz-rot-goldenen Sause<br />
kaum ein Weg vorbeiführt, ist<br />
dasletzteWortumderenUmrandunglängstnichtgesprochen.<br />
JENS UTHOFF<br />
Ohne die SPD gehtnichts<br />
POTSDAMBrandenburg<br />
wähltimSeptember<br />
einenneuenLandtag–<br />
wohlnurmitderSPD<br />
Eine wunderbare Freundschaft<br />
siehtanders aus. In weniger als<br />
neun Monaten wähltBrandenburg<br />
seinen Landtag, und die<br />
derzeitigen Regierungspartner<br />
SPDundLinksparteiliegenbeim<br />
wichtigsten Infrastrukturprojekt<br />
der Region, dem Flughafen<br />
BER,imClinch.<br />
Das drückt sich nichtnur darinaus,<br />
dass die Linke, die seit<br />
2009Juniorpartnerinderersten<br />
rot-roten Regierung des Landes<br />
ist, jüngstausdrücklich betonte,<br />
ihre Leute hätten den Berliner<br />
Während an der<br />
schwarz-rot-goldenen<br />
Sause zur Fußball-WM<br />
auf der<br />
Fanmeile wohl kein<br />
Weg vorbeiführt, ist<br />
das letzte Wort über<br />
deren Umrandung<br />
längstnicht<br />
gesprochen<br />
Regierenden Bürgermeister<br />
Klaus Wowereit(SPD) nichterneutzum<br />
BER-Aufsichtsratschef<br />
gewählt.<br />
Die beiden Parteien sind sich<br />
auch nichtwirklich einig beim<br />
Lärmschutz. Es geschah auf<br />
Drängen der Linkspartei, dass<br />
sichderdamaligeMinisterpräsidentMatthias<br />
Platzeck (SPD) dafür<br />
aussprach, die Forderungen<br />
des Volksbegehrens zumNachflugverbotzuübernehmen–obwohl<br />
die SPD zuvorFront dagegen<br />
gemachthatte. Der Landtag<br />
folgte Platzecks Haltung. Doch<br />
wiesichdiewiderstrebendenInteressenvonlängerenFlugzeiten<br />
und Nachtruhe von22bis 6Uhr<br />
früh zusammenbringen lassen<br />
sollen,istunklar.<br />
Umso offener istdie Lage vor<br />
derWahlam14.September,weil<br />
bei beiden Parteien ausgerechnetjenePersonenindenHintergrundgetretensind,dienochbei<br />
der Koalitionsbildung 2009 für<br />
gute Zusammenarbeitbürgten:<br />
Platzeck und die damalige Linken-Spitzenkandidatin<br />
Kerstin<br />
Kaiser, die als persönlich befreundetgalten.<br />
Matthias Platzeck legte seine<br />
Ämter aus gesundheitlichen<br />
Gründen Ende August nieder.<br />
Kerstin Kaiser geriet währenddesseninihrereigenenParteiin<br />
die Kritik, wo es zudem den<br />
Wunsch nach mehr Profilierung<br />
gegenüberderSPDgab,undtrat<br />
beiderFraktionschefwahlimAugust2012nichtmehran.<br />
NeueSpitzenleute<br />
So gehen beide Koalitionspartner<br />
mitneuen Spitzenleuten in<br />
die Wahl: mitDietmar Woidke<br />
beiderSPDundChristianGörke<br />
bei der Linkspartei. Die SPD ist<br />
dabei in der komfortablen Position,dassesinBrandenburgfaktisch<br />
keine Koalition ohne sie<br />
gibt. Sie kann sich entscheiden,<br />
mit der Linken zusammenzubleiben<br />
oder wie vor2009 mit<br />
derCDUzuregieren.<br />
Die Sozialdemokraten sind<br />
zwar seitAnfang 2013 in Umfragen<br />
von36Prozentauf jüngst<br />
nurnoch 32 abgerutscht, liegen<br />
aberimmernochvorderUnion.<br />
Die hat sich seit ihrer Wahlschlappe<br />
2009, als sie unter 20<br />
Prozentlag,erheblichverbessert<br />
und liegt derzeitbei 30 Prozent,<br />
während die Linkspartei 22 erreicht.<br />
Die Bündnisgrünen, die<br />
2009 erstzum zweiten Mal in<br />
den Brandenburger Landtagkamen,<br />
haben mit6Prozentgute<br />
Chancen,drinzubleiben.<br />
STEFAN ALBERTI