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52 SONNABEND/SONNTAG,28./29.DEZEMBER2013 apple TAZ.AMWOCHENENDE<br />

www.taz.de<br />

berlin@taz.de<br />

DAS WAR’S<br />

apple taz.berlin<br />

InderS-BahnvonderYorckstraße<br />

inRichtungPrenzlauerBergmiteineraltenMinoxgeknipst.Ichfinde<br />

die Situationeinfach lustig: Kommunikationund<br />

Nichtkommunikation<br />

aufengstem Raum. IstsowiesomeinThemainderFotografie.<br />

Drei Menschen hintereinander,zweischlafen,einerfreutsich<br />

übersHandy,TraumundRealität.<br />

HARALD HAUSWALD/OSTKREUZ<br />

NACHRICHTENTICKER<br />

+++<br />

Ein15-Jährigeristam<br />

zweiten Weihnachtsfeiertagauf<br />

dem Güterbahnhof<br />

in Prenzlauer Berg durch einen<br />

Stromschlag aus der Oberleitung<br />

getötet worden. Nach ersten<br />

Ermittlungen war der Jugendliche<br />

aufdem Gelände an<br />

der Greifswalder Straße aufeinen<br />

Kesselwagen geklettert. Ein<br />

19-jähriger Begleiter des VerunglücktenschildertederPolizei,er<br />

habe einen Knall gehörtund einen<br />

Lichtblitz gesehen. Danach<br />

sei der 15-Jährige vomWaggon<br />

gefallen. Als die Rettungskräfte<br />

eintrafen,seiderJugendlichebereits<br />

totgewesen +++ Angegriffen<br />

und leichtverletzt wurden<br />

zwei Tierschützer im asiatischenDongXuanCenterinLichtenberg.SiehattenKritikamVerkauflebenderSpeisefischegeäußert.<br />

Die Polizei ermittlewegen<br />

gefährlicher Körperverletzung,<br />

sagte eine Sprecherin. Ereignet<br />

habe sich der Vorfall bereits am<br />

16. Dezember.Die beiden Tierschützer<br />

hatten nach eigenen<br />

Angabengefilmt,umvermeintliche<br />

Verstöße gegen das Tierschutzrechtzudokumentieren.<br />

KundenseienlebendeFischefür<br />

die Heimschlachtung verkauft<br />

worden +++ Nicht alle Erwartungen<br />

erfüllt hat das Weihnachtsgeschäft,jetztschöpftder<br />

Handel neue Hoffnung: „Das<br />

Nachweihnachtsgeschäftistsuper<br />

angelaufen“, sagte Günter<br />

Päts, stellvertretender Hauptgeschäftsführer<br />

des Handelsverbands<br />

Berlin-Brandenburgs.<br />

Viele nutzten den Brückentag<br />

amFreitag,umGutscheineoder<br />

Geldgeschenkeeinzusetzen +++<br />

An den Flughäfen Tegel und<br />

Schönefeld hat die Zahl der<br />

Passagiere erstmals 26 Millionen<br />

übertroffen. Die Marke<br />

wurde laut Flughafengesellschaft<br />

am Freitagerreicht, vier<br />

Tage vorJahresende. 2012 wurden25,3MillionenFluggästevon<br />

und nach Berlin befördert, 2013<br />

werden es etwa4Prozentmehr<br />

sein. Die Bundeshauptstadtsei<br />

der einzige große FlughafenstandortinDeutschland,derein<br />

Wachstumindieser Größenordnung<br />

vorweisen könne, verkündete<br />

Flughafenchef Hartmut<br />

MehdornmitstolzgeschwellterBrust+++<br />

+++<br />

Noch istdie Eisfabrik nichtdicht<br />

MITTEAuchamFreitagwirddieRuineamSpreeufernichtgeräumt–trotzGerichtsurteil.<br />

BewohnerundUnterstützerdemonstrierenfüreineUnterbringunginWohnungen<br />

VON PLUTONIA PLARRE<br />

VorderehemaligenEisfabrikam<br />

Spreeufer stehteine Menschentraube.<br />

Unterstützer des Bündnisses<br />

gegen Zwangsräumung<br />

sinddarunterundBewohnerder<br />

Fabrikruine. 35 Menschen aus<br />

Bulgarien leben derzeitindem<br />

heruntergekommenen Gemäuer<br />

in selbstgezimmerten Bretterverschlägen.<br />

Es ist Freitag,<br />

9Uhr früh. Soeben istdie Frist<br />

abgelaufen, die der Gebäudeeigentümer,die<br />

Telamon GmbH,<br />

den Bewohnern zumVerlassen<br />

des Gebäudes gesetzt hat. Nun<br />

warten alle auf die Räumung.<br />

AberdiePolizeikommtnicht.<br />

DieSituationist verfahren.In<br />

einer bauordnungsrechtlichen<br />

Sicherungsanordnung hatte das<br />

Bezirksamt Mitte im Oktober<br />

vonder Telamon verlangt, alle<br />

Zugänge zurEisfabrik zuzumauern.<br />

Telamon-Geschäftsführer<br />

Thomas Durchlaub hatte eingewandt,dasGebäudeerstsichern<br />

zu können, wenn die Bewohner<br />

eineandereUnterkunfthätten.<br />

Am 20. Dezember entschied<br />

das Verwaltungsgericht imEil-<br />

verfahren, dass die Telamon die<br />

Eisfabrik ohne weiteren Aufschub<br />

sichern und räumen lassenmuss.Gleichzeitigergingan<br />

das Bezirksamt die Aufforderung,fürdieUnterbringungunfreiwilligObdachloserzusorgen.<br />

„Die Häuser denen, die drin<br />

wohnen“, skandieren die Unterstützer<br />

vom Bündnis gegen<br />

Zwangsräumung. Als klar ist,<br />

dass keine Polizei kommt, formiertsich<br />

ein Demonstrationszugzum<br />

BezirksamtMitte. „Keine<br />

Notunterkünfte, sondern<br />

neueHeimezuwehren“, soLüke.<br />

InzwischenseiendieBezirkekooperativer,lobtesie.<br />

Lüke warimFrühjahr am WiderstanddesBezirksCharlottenburg-WilmersdorfmitihrenPlänen<br />

für ein Wohnheim gescheitert.<br />

Vorgesehener Standortder<br />

Unterkunft,diezwarimRahmen<br />

des Roma-Aktionsplans, aber<br />

nichtnurfürRoma-Familienentstehen<br />

sollte, wardie Remise eines<br />

Mietshauses in der Sophie-<br />

Charlotten-Straße am Rand des<br />

Klausenerplatzkiezes.DerBezirk<br />

kritisierte den Standort, weil es<br />

bereitszweiFlüchtlingsheimein<br />

der Nähe gebe und der Kiez<br />

Wohnungen für die Bewohner<br />

derEisfabrik“,sodieForderung.<br />

DasSozialamtistschonda<br />

DasParadoxeist:DasBezirksamt<br />

istlängstvor Ort. Aufdem BürgersteigvorderEisfabrikstehen<br />

der Leiter des Sozialamts, HermannHeil,undzweiseinerMitarbeiter.Heil<br />

istda, weil er von<br />

einerRäumungausgegangenist.<br />

Nunweiß er auch nichtmehr<br />

weiter.ImFalleeiner Räumung<br />

hätte er vonder Polizei die Liste<br />

mitdenNamenderinderFabrik<br />

Zweiter Anlauf fürWohnheim<br />

ROMAMonikaLükewilldasgeplanteWohnheimfürobdachloseFamilienendlichrealisieren.<br />

GeldundTrägersindda,jetztfehltnochderOrt.DaranscheiterteesbereitsimFrühjahr<br />

Die Integrationsbeauftragte MonikaLükeist<br />

zuversichtlich, im<br />

kommenden Jahr endlich das<br />

vonihr seitLängerem geplante<br />

Wohnheim für obdachlose Roma-Familien<br />

zu realisieren. Im<br />

neuen Haushalt seien dafür<br />

150.000Euroeingestellt,mansei<br />

im Gespräch mitverschiedenen<br />

Trägern, sagte sie der taz. „Details<br />

verrateich nicht, sonstgibt<br />

es wieder einen Aufstand wie in<br />

Charlottenburg.“InvielenBezirkenhabeesbiszumSommereine<br />

große Ablehnung gegen<br />

Flüchtlingsunterkünfte gegeben.<br />

„Da wurdeteilweise mitallenMitteln<br />

versucht, sich gegen<br />

Demo am Freitagmorgen vor der Eisfabrik Foto: pemax/imago<br />

„deutlich überlastet“ sei. Diese<br />

Abwehr, soLüke heute, „war<br />

nichthilfreich.Ichbedaueredas<br />

sehr,dass mansounkooperativ<br />

war. Aber vonmir waresauch<br />

nicht geschickt, frühzeitig mit<br />

derIdeeandieÖffentlichkeitzu<br />

gehen“, gibtsieselbstkritischzu.<br />

Dennoch sei ein solches<br />

Wohnheim für Familien gerade<br />

im Winter dringend notwendig,<br />

inganzBerlingebeeskeinederartigeEinrichtung,sagtdieIntegrationsbeauftragte.<br />

„Eigentlich<br />

müsstemanjetztsoetwashaben,<br />

wiedieDebatteumdieEisfabrik<br />

zeigt.“IndemleerstehendenGebäude<br />

an der Spree in Mitte ha-<br />

angetroffenen Bulgaren erhalten.<br />

Jedem vonihnen hätte Heil<br />

dann einen Gutschein für einen<br />

Platz in einer Notunterkunft<br />

odereinemHostelausgestellt.<br />

„Ohne Räumung können wir<br />

nichts tun“,sagtHeil. Die Mitarbeiter<br />

nicken. Warum sie nicht<br />

selbst Kontakt zu den Bewohnernaufnehmen?Erdürfefremdes<br />

Gelände nichtbetreten, erklärtHeil.DasseieineOrdnungswidrigkeit.<br />

Die Mitarbeiter nickennocheinmal.<br />

Die Berliner Morgenpost<br />

schreibt am Nachmittag unter<br />

Berufung aufden Sozialstadtrat<br />

vonMitte, Stephan Dassel, die<br />

WohnungslosenhättendieangeboteneHilfedesSozialamtsMitte<br />

am Freitag abgelehnt. Die<br />

Wahrheit ist: Es gab keine<br />

Hilfsangebote.<br />

MitBlick aufdas Urteil sagte<br />

Telamon-Geschäftsführer<br />

Durchlaub zurtaz: „Ich gehe davonaus,<br />

dass das Sozialamtden<br />

LeuteneinefesteBleibebesorgt.“<br />

Einem Unterstützer zufolgehabendie35BewohneramFreitagabend<br />

in der benachbarten St.-<br />

Michael-KircheumAsylgebeten.<br />

ben sich zahlreiche Obdachlose,<br />

vorallemausSüdosteuropa,niedergelassen.<br />

Immerhin, so Lüke, arbeite<br />

mannun mitden Bezirken im<br />

RahmendesRoma-Aktionsplans<br />

gut zusammen, was die akute<br />

Notversorgung und Kältehilfe<br />

für obdachlose Familien, Roma<br />

wie Nicht-Roma, angehe. „Aber<br />

wir müssen bald etwas richtiges<br />

haben für Familien.“ Eigentlich<br />

seienfürdieUnterbringungvon<br />

ObdachlosendieBezirkeundSozialverwaltungzuständig,betont<br />

Lüke.„AberwirwolleneinenAnfangmachen,vielleichtspringen<br />

andereauf.“ SUSANNE MEMARNIA<br />

Konflikt im<br />

Kreuzberger<br />

Jobcenter<br />

SOZIALESErwerbslose<br />

bringtGruppemit–<br />

JobcenterruftdiePolizei<br />

AmTagvorHeiligabendistesim<br />

Jobcenter Friedrichshain-KreuzbergzueinerlautstarkenAuseinandersetzung<br />

gekommen: Eine<br />

GruppevonzehnPersonenwollteamTermineinerErwerbslosen<br />

teilnehmen und drängte ins Büro.DerSachbearbeiterwolltenur<br />

eine weitere Person als Beistand<br />

zulassen.EskamzuWortgefechten,schließlichriefdasJobcenter<br />

diePolizei.<br />

Christel T. hält die Aktion für<br />

rechtswidrig. „Die Beistände<br />

sind auf meinen Wunsch zum<br />

Jobcenter gekommen“, so die Erwerbslosedertaz.Siehattezuvor<br />

vomJobcentererfahren,dassihr<br />

ab Januar sämtliche Zuwendungen<br />

für drei Monate gestrichen<br />

werden. Im Clinch mitdem JobcenterbefindetsichT.seitMonaten.<br />

„Ich habe es immer abgelehnt,<br />

mich aufJobs zu bewerben,beidenenklarwar,dassich<br />

sie nichtbekomme“, erklärtsie.<br />

Mehrere Klagen gegen das Jobcenter<br />

sind anhängig, auch gegendieTotalstreichungwillT.juristisch<br />

vorgehen. „Mir warvorher<br />

das Geld um 30 Prozentgekürztworden,dannfolgtegleich<br />

die 100-prozentige Streichung.“<br />

Das Sozialgerichtschreibe aber<br />

eineKürzungvon60Prozentals<br />

Zwischenschritt vor, begründet<br />

T. ihre Hoffnung, die Totalsanktionierungaufhebenzulassen.<br />

DochChristelT.setztnichtnur<br />

aufden Rechtsweg. In den kommenden<br />

Tagen will sie im JobcentergegendieGutscheineprotestieren,<br />

mitdenen Erwerbslose,<br />

denen alleZahlungen gestrichen<br />

wurden, Lebensmittel kaufenkönnen.DieGutscheinekönnen<br />

nur inbestimmten Läden<br />

eingelöst werden, die Auswahl<br />

der Waren istbeschränkt. Auch<br />

zudiesemProtestwillT.mehrere<br />

Beistände mitbringen. Die ErwerbsloseninitiativeBastabestätigt,dassdasJobcenterBeistände<br />

nichteinfachabweisenkann.<br />

PETER NOWAK

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