Bildungsoffensive (PDF-Datei, 226 kB) - Ilse Wehrmann
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BILDUNGSOFFENSIVE DEUTSCHLAND<br />
Deutschland muss kinderfreundlich werden, die Anliegen von Kindern wichtig nehmen und sich für<br />
diese einsetzen. Es braucht einen Paradigmenwechsel. Ein wichtiges Zeichen in diese Richtung<br />
setzen würde die überfällige Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz – nach Maßgabe der<br />
UNO-Kinderrechtskonvention. Aber mit der Aufnahme allein ist es nicht getan. Die im Grundgesetz<br />
verankerten Kinderrechte müssen auch umgesetzt und erfüllt werden, überwacht von der bzw. dem<br />
Kinder- und Familienbeauftragten der Bundesregierung.<br />
Die gesellschaftliche Aufgabe, allen Kindern gleiche Entwicklungs- und Bildungschancen zu bieten,<br />
wird auch durch Defizite des föderalen Systems behindert. Dies wird beispielsweise deutlich<br />
dadurch, dass bei gegenwärtigem Finanzierungssystem der Kindertageseinrichtungen die Bildungsund<br />
Entwicklungschancen im Vorschulalter nach wie vor von der Finanzkraft der Kommunen<br />
abhängen.<br />
In diesem Zusammenhang ist richtig zu stellen, dass Deutschland ein Vereinbarkeitsproblem und ein<br />
Bildungsproblem hat. Es war zu lange von der Wahlmöglichkeit der Frauen zwischen Familie und<br />
Beruf die Rede, die es de facto gar nicht gab, zum Beispiel allein aufgrund der Bildungs - und<br />
Betreuungsangebote für Kinder unter drei Jahren, wo (West-)Deutschland im Vergleich zu anderen<br />
Ländern abgeschlagen ist. Die Entscheidung für Kinder bedeutete und bedeutet nach wie vor für die<br />
meisten Frauen einen zumindest vorübergehenden Verzicht auf Erwerbstätigkeit. Hoffnung wecken<br />
die neuen Impulse des Bundesfamilienministeriums zur Ausweitung des Krippenangebots.<br />
Hier allerdings muss davor gewarnt werden, bei einem Ausbau des Krippenangebots die Fehler zu<br />
wiederholen, die beim Ausbau des Angebots der Kindertageseinrichtungen für Kinder von drei bis<br />
sechs Jahren gemacht wurde, als die Quantität zulasten von qualitativen Aspekte im Vordergrund<br />
stand. Der Ausbau des Krippenangebots muss sich auch an der Frage orientieren, was Kinder<br />
wirklich brauchen.<br />
Gleichwohl wäre es falsch zu behaupten, es würden hierzulande keine Anstrengungen<br />
unternommen, sich über Verbesserungen der frühkindlichen Bildung und Betreuung nachzudenken.<br />
Das Gegenteil ist der Fall: allerorten werden Konzeptionen entwickelt, Modellprojekte ins Leben<br />
gerufen, Studien durchgeführt, Kongresse und Fachtagungen veranstaltet – allesamt zum Wohle der<br />
Kinder. Nur – und dies kann nicht oft genug wiederholt werden – finden alle diese Maßnahmen<br />
unkoordiniert statt, isoliert, ohne steuernde und ordnende Hand, unverbindlich, beliebig. Ein weiteres<br />
entscheidendes Manko: es mangelt an der Umsetzung an der Basis. Die Einrichtungen spüren von<br />
alledem nichts, müssen sich womöglich in ihrer finanziellen und personellen Ausstattung<br />
beschneiden lassen und schlechtere Arbeitsbedingungen in Kauf nehmen.<br />
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DR. ILSE WEHRMANN