Wirtschaftswoche Pendler-Manie (Vorschau)
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schlafen und nicht zu wissen, wohin die<br />
Reise gehe. Die Kritiker wurden auf der IAA<br />
eines Besseren belehrt:Alle deutschen Autohersteller<br />
zeigen, dass sie den neuen<br />
Kurs konsequent verfolgen.<br />
Wohin führt der Kurs – zum Auto mit<br />
Hybridantrieb oder zum Elektromobil?<br />
Das hängt vom Einsatzzweck des Autos<br />
und dessen Größe ab, und damit von der<br />
Reichweitenanforderung des Nutzers. Bei<br />
den großen Autos wird man nur mit dem<br />
wieder aufladbaren Hybridantrieb die<br />
CO 2 -Grenzwerte der Zukunft meistern.<br />
Unser S-500-Plug-in-Hybrid begnügt sich<br />
im Schnitt mit drei Liter Superbenzin auf<br />
100 Kilometer. Für Fahrzeuge der Mittelklasse<br />
und darüber ist das klar die Technologie<br />
der Zukunft. Bei Kompaktfahrzeugen<br />
wird dieser Antrieb sicher auch eine Rolle<br />
spielen, wenn ich große Reichweiten brauche.<br />
Aber speziell in diesem Segment wird<br />
in Zukunft die Elektromobilität eine tragende<br />
Rolle spielen.<br />
Wie gut ist Mercedes darauf vorbereitet?<br />
Mit dem elektrogetriebenen Stadtauto<br />
Smart haben wir schon früh gezeigt, dass<br />
man in der Stadt gut ohne Verbrennungsmotor<br />
auskommt. Mit Car2Go haben wir<br />
zudem ein Konzept für eine zeitbezogene<br />
Nutzung von Autos in der Stadt – in drei<br />
Städten ausschließlich mit Elektro-Smarts.<br />
Und mit der Mercedes B-Klasse electric<br />
drive können wir in Kürze ein Kompaktfahrzeug<br />
für die Familie anbieten, das gut<br />
in die neue Zeit passt: mit fünf Sitzen, 200<br />
Kilometer Reichweite, großem Kofferraum<br />
und viel Fahrspaß.<br />
Aber mit einem Antrieb aus den USA. Ist<br />
„Tesla inside“ nicht ein Armutszeugnis?<br />
Wieso? Wir haben uns beim Thema Elektromobilität<br />
strategisch breit aufgestellt.<br />
Für den jetzigen Smart bauen wir bei Li-tec<br />
in Kamenz mit Evonik die beste Batterie<br />
der Welt und lernen dabei alles, was wir<br />
über Hochleistungsbatterien wissen müssen.<br />
Wir haben unserer eigenen Mannschaft<br />
aber auch ganz bewusst ein Wettbewerbskonzept<br />
gegenübergestellt, hinter<br />
dem eine völlig andere Philosophie steckt.<br />
Die Philosophie von Tesla besteht darin,<br />
Technik zu nutzen, die auf dem Markt<br />
verfügbar ist – etwa Batteriezellen, die<br />
auch in Laptop-Computern arbeiten.<br />
Passt so etwas wirklich zu Mercedes?<br />
Viele haben zuerst geschmunzelt und gelästert,<br />
als das kleine Startup aus Palo Alto<br />
sein Konzept 2008 erstmals präsentierte.<br />
Heute staunen die Gleichen über den Premiumantrieb<br />
des Tesla Model S, der Drehmoment<br />
und Leistung im Überfluss bietet.<br />
»In der Stadt<br />
kommt man gut<br />
ohne Verbrennungsmotor<br />
aus«<br />
Wir sind stolz darauf, dass wir sehr früh erkannt<br />
haben, was dort heranwächst, und<br />
uns an dem Unternehmen beteiligt haben.<br />
Die B-Klasse-Kunden werden davon profitieren.<br />
Wir kriegen ein hochflexibles Batteriekonzept<br />
und eine elektrische Reichweite<br />
von sicher 200 Kilometern. Und dafür<br />
müssen wir am Package des Autos nichts<br />
ändern und können somit Mercedes-typische<br />
Sicherheit, Komfort und Qualität bieten.<br />
Das ist doch ein attraktives Konzept.<br />
Daimler hat das nicht selbst hingekriegt?<br />
Wir halten das für einen strategisch cleveren<br />
Weg, um schnell und preiswert Lösungen<br />
präsentieren zu können und viel Knowhow<br />
zu sammeln. Wir nutzen die Power,<br />
um kostengünstig Batterietechnik anbieten<br />
zu können. Im Smart nutzen wir andere Akkus<br />
als in der B-Klasse, im S-500-Plug-in-<br />
Hybrid andere als in der Dieselhybrid-Variante<br />
der E-Klasse. Das Gesamtkonzept ist<br />
immer 100 Prozent Mercedes.<br />
Daimler hält aktuell 4,3 Prozent der<br />
Tesla-Aktien. Wird mehr draus?<br />
Wir hätten Tesla vor Jahren natürlich übernehmen<br />
können. Aber das war nie unser<br />
Ziel. Das Startup lebt auch von seiner Kreativität<br />
und seiner Selbstständigkeit. Daran<br />
wollen wir nicht rütteln.<br />
BATTERIETECHNIK<br />
Nur keine Panik<br />
Der Brand eines Tesla in den USA hat<br />
die Diskussion um die Sicherheit von<br />
Elektroautos mit Lithium-Ionen-Akku<br />
neu entfacht. Auslöser war ein Metallteil,<br />
das in ein Batteriemodul des Model<br />
S einschlug. Tesla spricht von einem<br />
Unfall und wirft der Feuerwehr vor, den<br />
Schwelbrand nicht richtig bekämpft zu<br />
haben. Auch bei Daimler gibt man sich<br />
gelassen. „Die Einbaubedingungen des<br />
Antriebstrangs sowie der Aufbau der<br />
Batterie der B-Klasse Electric Drive ist<br />
unterschiedlich zum Tesla Model S und<br />
somit nicht zu vergleichen.“<br />
Die elektrisch getriebene B-Klasse wird ab<br />
Frühjahr 2014 zunächst in den USA angeboten.<br />
Warum nicht auch in Deutschland?<br />
Weil in den USA die Begeisterung für Elektroautos<br />
derzeit größer ist als hierzulande<br />
und die Elektromobilität gefördert wird.<br />
Sie wünschen sich eine finanzielle Förderung<br />
durch die neue Bundesregierung?<br />
Wir haben immer gesagt: Jetzt entscheidet<br />
sich, in welchem Markt die neue Technologie<br />
stattfindet. Wir sind global aufgestellt<br />
und werden die am Anfang begrenzten<br />
Mengen dorthin liefern, wo es für uns am<br />
attraktivsten ist. Dass wir mit der elektrogetriebenen<br />
B-Klasse in den USA starten, sollte<br />
als klares Signal auch an die Politik verstanden<br />
werden: Nach Europa kommt das<br />
Auto Ende nächsten Jahres, weil der Markt<br />
und die Rahmenbedingungen hier derzeit<br />
nicht so attraktiv sind. Die aktuelle Diskussion<br />
um die sogenannten Supercredits...<br />
...die es erlauben würden, emissionsfreie<br />
Elektroautos mehrfach auf die CO 2 -Bilanz<br />
anzurechnen...<br />
...verstehe ich deshalb überhaupt nicht.<br />
Andere Länder gehen hier offensiver vor.<br />
Diskussionen über Förderungen sind hierzulande<br />
immer mühsam, weil schnell der<br />
Verdacht aufkommt, man subventioniere<br />
die Automobilindustrie. Darum geht es<br />
hier nicht.<br />
Sondern?<br />
Es geht um ein Anreizsystem, um Autos mit<br />
einer neuen und noch sehr teuren Technik<br />
in größerer Stückzahl in den Markt bringen<br />
zu können – zu einem Preis, der vielleicht<br />
sogar unter den tatsächlichen Kosten liegt.<br />
Die Supercredits sorgen also dafür, übrigens<br />
ohne dass die Staatskasse dadurch<br />
belastet wird, dass Elektroautos für Käufer<br />
attraktiver werden. Damit kommt diese Zukunftstechnologie<br />
schneller auf die Straße.<br />
Erwarten Sie, dass sich die EU-Kommission<br />
auf höhere Supercredits noch einlässt?<br />
Wir wissen, die Gespräche werden nicht<br />
einfach, aber wir sind zuversichtlich, eine<br />
für alle tragfähige Lösung finden können.<br />
Ich höre heraus: Das Ringen um die<br />
Abgas-Grenzwerte in Europa ärgert Sie?<br />
Ja, weil die Diskussion über die CO 2 -Limits<br />
oft sehr kurzsichtig geführt wird. Wir haben<br />
derzeit in Europa eine gut florierende Autoindustrie,<br />
die jede Menge Arbeitsplätze<br />
schafft, noch. Ich betone: noch. Das kann<br />
sich aber ändern, wenn die Rahmenbedingungen<br />
für die Autoindustrie in Europa aus<br />
ideologischen Gründen immer weiter verschärft<br />
werden. Dies kann nicht unser gemeinsames<br />
Interesse sein.<br />
n<br />
franz.rother@wiwo.de<br />
WirtschaftsWoche 14.10.2013 Nr. 42 81<br />
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