Wirtschaftswoche Pendler-Manie (Vorschau)
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Management&Erfolg<br />
TIPPS<br />
Finanzieller Trost<br />
Wie <strong>Pendler</strong> Steuern sparen.<br />
PENDLER-PAUSCHALE<br />
Tagespendler können für jeden Kilometer<br />
der einfachen Strecke ihres Arbeitswegs<br />
30 Cent absetzen. Wer 50 Kilometer<br />
von seinem Job entfernt lebt und<br />
200 Tage im Jahr arbeitet, kann für<br />
10 000 Kilometer 3000 Euro Werbungskosten<br />
geltend machen. Bei einem Spitzensteuersatz<br />
von 35 Prozent spart man<br />
1050 Euro. Wer mehr als 4500 Euro geltend<br />
macht, muss dem Amt meist Tankbelege,<br />
Reparaturrechnungen oder<br />
TÜV-Berichte vorlegen, sagt der Hamburger<br />
Steuerberater Jörg Lemmermann.<br />
ZWEITWOHNUNG<br />
Bis 31. Dezember 2013 gilt: Wer in einer<br />
anderen Stadt arbeitet und deshalb<br />
eine Zweitwohnung hat, darf Mietkosten<br />
für bis zu 60 Quadratmeter von der<br />
Steuer absetzen. Ab 2014 können für<br />
eine Zweitwohnung bis zu 1000 Euro<br />
Kosten geltend gemacht werden. In den<br />
ersten drei Monaten können Wochenendpendler<br />
auch Kosten für Lebensmittel<br />
absetzen, außerdem Aufwendungen<br />
für Möbel, Bettwäsche, Maklergebühren<br />
und eine Heimfahrt pro Woche.<br />
Abschalten<br />
So wird Pendeln erträglicher.<br />
AUGEN SCHLIESSEN<br />
Schalten Sie ab – vor allem Laptop und<br />
Smartphone. Hören Sie Musik.<br />
BEINE HOCHLEGEN<br />
Nicht am Wochenende nachholen, was<br />
unter der Woche wegen des Pendelns<br />
liegen geblieben ist. Erholen Sie sich<br />
lieber.<br />
PROBLEME KLÄREN<br />
Klären Sie familiäre Probleme am Feierabend.<br />
Genießen Sie das Wochenende.<br />
REGELN VEREINBAREN<br />
Regeln Sie den Umgang mit Verspätungen,<br />
fragen Sie nach Heimarbeit und<br />
Gleitzeit.<br />
»<br />
reist. BMW schätzt den Anteil auf 25 Prozent.<br />
Die Deutsche Börse, BASF und Rückversicherer<br />
Munich Re rechnen an ihren<br />
Hauptsitzen mit rund zehn Prozent. 18<br />
Dax-Unternehmen ist der Wohnort ihrer<br />
Mitarbeiter egal, zwei Konzerne bevorzugten<br />
das Domizil am Arbeitsort.<br />
„Pendeln muss nicht automatisch ein<br />
Karrierekiller sein. Es kann helfen, Privatleben<br />
und Beruf unter einen Hut zu bringen“,<br />
heißt es bei Infineon. „Es kann aber für<br />
Mitarbeiter auch zur Belastung werden.“<br />
Die meisten anderen von der WirtschaftsWoche<br />
befragten Unternehmen<br />
blocken Nachfragen zum Thema Pendeln<br />
ab. Zu groß ist offenbar die Angst, in Zeiten<br />
knapper Fachkräfte in ein schlechtes Licht<br />
zu geraten oder sich juristisch angreifbar<br />
zu machen. Laut Arbeitsrecht darf ein Unternehmen<br />
seinen Mitarbeitern den<br />
Wohnort nämlich nicht vorschreiben, sagt<br />
der Bremer Anwalt Alexander von Saenger.<br />
Es sei denn, die Nähe zum Arbeitsplatz ist<br />
wie etwa bei Ärzten von unmittelbarer Bedeutung<br />
für den Job.<br />
KARRIEREKILLER PENDELN<br />
„Die meisten Unternehmen wissen nicht,<br />
welche ihrer Mitarbeiter fernpendeln“,<br />
sagt Soziologe Schneider. „Viele <strong>Pendler</strong><br />
verschweigen ihre Situation auch bewusst.<br />
Sie fürchten, als weniger leistungsfähig<br />
zu gelten.“ Der Frankfurter Personalberater<br />
Michael Faller hält das für alarmierend:<br />
„Die Arbeitgeber sind nicht ausreichend<br />
sensibilisiert. Sie erwarten Mobilität,<br />
wissen aber nicht, wie ihre Mitarbeiter<br />
das bewerkstelligen.“<br />
Ein Problem gerade auch im Mittelstand,<br />
vor allem unter Führungskräften.<br />
Denn <strong>Pendler</strong> leiden nicht nur unter dem<br />
höllischen Stress. Sie senden auch negative<br />
Signale an Kollegen und Mitarbeiter.<br />
Die entwickeln nämlich ein gutes Gespür<br />
dafür, wo ihr Chef am Samstagmittag ist.<br />
„Wenn Sie im Schwarzwald<br />
arbeiten, aber in jeder freien<br />
Minute nach Hamburg<br />
düsen, drücken Sie damit<br />
aus: Bei euch gefällt es mir<br />
nicht“, sagt Kienbaum-Personalberater<br />
Busold.<br />
Viele seiner Kandidaten<br />
wollen erst mal pendeln,<br />
solange sie in der Probezeit<br />
sind. Dabei wäre es umgekehrt<br />
viel sinnvoller, findet<br />
der Headhunter. „Am Anfang<br />
müssen Sie sich in der<br />
Firma verwurzeln. Nach<br />
GEWINNSPIEL<br />
Sie pendeln zur Arbeit? Dann<br />
schreiben Sie uns Ihre skurrilsten<br />
Situationen, die Sie auf<br />
dem Weg zum Job mit Bahn,<br />
Auto oder Flieger erlebt haben.<br />
Für die drei besten Storys gibt’s<br />
je ein WirtschaftsWoche-<strong>Pendler</strong>-Paket:<br />
Quartalsabo unserer<br />
iPad-Ausgabe inklusive eMagazin,<br />
DVD-Box mit Wirtschaftskrimis<br />
und einen Kaffee-<br />
Thermobecher. Bis 27. Oktober<br />
2013 an aktion@wiwo.de<br />
Letzter Aufruf<br />
Muggensturm<br />
Ihle-Vorstand Joachim<br />
Dittrich, 51, pendelt<br />
zwischen Hamburg und<br />
badischer Provinz<br />
drei Jahren sind die Meriten verdient –<br />
dann können Sie am Wochenende auch<br />
mal verschwinden.“<br />
Gerade Familienunternehmer legen<br />
Wert darauf, dass sich ihre Chefs mit der<br />
Region identifizieren. Mitunter scheitern<br />
Kandidaten auf der Zielgeraden, nur weil<br />
sie nicht bereit sind, umzuziehen.<br />
So wie bei einem Maschinenbauzulieferer<br />
aus Ostwestfalen. Der Inhaber ist im Ort<br />
verwurzelt, fördert Kindergarten und Kultur.<br />
Nach mehr als 30 Jahren in der Firma<br />
sucht er einen Nachfolger. Bald begeistert<br />
ihn ein aufstrebender Manager aus Düsseldorf,<br />
mit perfektem Lebenslauf und tollen<br />
Ideen. Bei einem gemeinsamen Abendessen<br />
mit den Ehefrauen soll feierlich der<br />
Vertrag unterschrieben werden. Doch am<br />
festlich gedeckten Tisch kippt plötzlich die<br />
Stimmung: Die Gattin des<br />
Kandidaten will ihre Zahnarztpraxis<br />
nicht aufgeben,<br />
ein Umzug von der Landeshauptstadt<br />
in die Provinz<br />
kommt für sie nicht infrage.<br />
„Nach Ostwestfalen ziehen<br />
wir nicht!“, raunzt sie den<br />
Patriarchen an. Die Übergabe<br />
platzt.<br />
Dass es auch anders laufen<br />
kann, zeigt Michael<br />
Dittrich. Der Hamburger<br />
passt auf den ersten Blick<br />
so gar nicht nach Muggen-<br />
FOTO: CHRISTOF MATTES FÜR WIRTSCHAFTSWOCHE<br />
88 Nr. 42 14.10.2013 WirtschaftsWoche<br />
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