gwf Wasser/Abwasser Trinkwasserkommission (Vorschau)
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FOKUS<br />
<strong>Abwasser</strong>behandlung<br />
Molkereiabwasser elektrochemisch reinigen –<br />
und dabei Strom erzeugen<br />
© CFalk/pixelio.de<br />
Ein modulares System, um Molkereiabwasser elektrochemisch zu reinigen, entwickelt das Fraunhofer-Institut<br />
für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB in Stuttgart gemeinsam mit Partnern aus Forschung und<br />
Industrie in einem von der EU geförderten Projekt. Mit einer integrierten Brennstoffzelle soll der bei der<br />
elektrochemischen Behandlung entstehende <strong>Wasser</strong>stoff für die Stromversorgung des Systems genutzt werden.<br />
Die Abwässer bei der Herstellung<br />
von Milchprodukten wie Käse,<br />
Quark und Joghurt enthalten typischerweise<br />
organische Verunreinigungen<br />
wie Milchzucker, Proteine<br />
und Milchfette, dazu Tenside und<br />
Desinfektionsmittel aus der Reinigung<br />
der Produktionsanlagen. Bei<br />
der Käseherstellung entsteht zudem<br />
Molke, eine wässrige Lösung, die<br />
neben Milchproteinen vor allem<br />
Milchzucker enthält. Aufgrund des<br />
hohen chemischen und biologischen<br />
Sauerstoffbedarfs bereiten<br />
große Molkereibetriebe ihr <strong>Abwasser</strong><br />
mit biologischen Klärstufen auf.<br />
Vor allem kleine und mittelständische<br />
Betriebe können die Investitionen<br />
in derartige großtechnische<br />
Lösungen nicht leisten.<br />
In dem von der EU geförderten<br />
Projekt REWAGEN entwickelt ein<br />
europäisches Projektkonsortium<br />
aus Forschung und Wirtschaft<br />
unter Leitung des Fraunhofer-Instituts<br />
für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik<br />
IGB in Stuttgart nun<br />
ein mehrstufiges Verfahren zur<br />
effizienten elektrochemischen Be -<br />
handlung von Molkereiabwasser<br />
und Molke. Durch eine modulare<br />
Bauweise soll das System flexibel<br />
auf die <strong>Abwasser</strong>mengen auch<br />
kleinerer Molkereien angepasst<br />
werden können. „Die einzelnen<br />
Verfahrensschritte werden dabei<br />
zu einem geschlossenen Prozess<br />
kombiniert und integriert. Ziel ist<br />
es, dass jeder Prozessschritt einen<br />
Stoffstrom liefert, der weiter aufgearbeitet<br />
oder ins System zurückgeführt<br />
werden kann“, erläutert<br />
Alexander Karos, Projektleiter am<br />
Fraunhofer IGB. Das gereinigte<br />
<strong>Wasser</strong> kann direkt wiedergenutzt<br />
werden, beispielsweise für die<br />
Reinigung der Anlagen.<br />
Der bei der elektrochemischen<br />
Behandlung des <strong>Wasser</strong>s als Nebenprodukt<br />
entstehende <strong>Wasser</strong>stoff<br />
soll ebenfalls genutzt werden. „Den<br />
<strong>Wasser</strong>stoff wollen wir zurückführen<br />
und reinigen, sodass wir ihn mittels<br />
einer Brennstoffzelle zur Energieversorgung<br />
des Systems nutzen<br />
können“, verdeutlicht Karos den<br />
neuartigen Ansatz.<br />
„Für die Reinigung des <strong>Abwasser</strong>s<br />
setzen wir auf elektrochemische<br />
Verfahren, weil wir so auf die Zudosierung<br />
von Chemikalien und die<br />
damit verbundene Aufsalzung des<br />
<strong>Wasser</strong>s verzichten können“, führt<br />
Karos aus. Hierzu wollen die Forscher<br />
vier verschiedene elektrochemische<br />
Verfahren kombinieren. In<br />
einem ersten Schritt sollen Öle und<br />
Fette mit dem Verfahren der gepulsten<br />
Elektrokoaleszenz abgetrennt<br />
werden: Fein dispergierte Öltröpfchen<br />
bewegen sich im elek trischen<br />
Wechselfeld aufgrund ihrer Oberflächenladung<br />
und fließen zu größeren<br />
Öltropfen zusammen, die<br />
mechanisch abgetrennt werden<br />
können. Partikuläre Verunreinigungen<br />
werden in einem nachfolgenden<br />
Schritt mittels Elektroflockung<br />
abgetrennt. „Hier setzen wir Eisenelektroden<br />
ein. Sie geben Eisenionen<br />
ins <strong>Wasser</strong> ab, die zu Eisenhydroxidflocken<br />
reagieren. Mit diesen<br />
Flocken adsorbieren und fällen wir<br />
organische Feststoffe“, konkretisiert<br />
Karos. In einer dritten elektrochemischen<br />
Zelle werden mittels elektrooxidativer<br />
Prozesse, beispielsweise<br />
über eine Diamantelektrode, gelöste<br />
organische Bestandteile abgebaut.<br />
Und schließlich werden in einer vierten<br />
Stufe mit kapazitiver Deionisation<br />
auch gelöste Salze entfernt,<br />
indem sie an einer entsprechend<br />
geladenen Elektrode aufkonzentriert<br />
und abgeschieden werden.<br />
Das Projekt REWAGEN „Electrochemical<br />
WAter treatment system in<br />
the dairy industry with hydroGEN<br />
REcovery and electricity production“<br />
wird seit Juni 2012 für vier Jahre im<br />
7. Forschungsrahmenprogramm unter<br />
dem Förderkennzeichen 283018<br />
gefördert. Forschungspartner neben<br />
dem Fraunhofer IGB ist Leitat (Spanien).<br />
Beteiligte KMU sind HyGear<br />
(Niederlande), Aqon (Deutschland),<br />
Idropan Dell Orto Depuratori (Italien),<br />
Productes El Canadell (Spanien),<br />
C-Tech Innovation (Großbritannien),<br />
ISA – Intelligent Sensing<br />
Anywhere (Portugal), Eilenburger<br />
Elektrolyse- und Umwelttechnik<br />
(Deutschland) und Know ledge Innovation<br />
Market (Spanien).<br />
Ansprechpartner:<br />
Dipl.-Ing. Siegfried Egner,<br />
Tel. (0711) 970-3643,<br />
Alexander Karos M. Sc.,<br />
Mobil 0172 7148215<br />
Weitere Informationen:<br />
http://www.igb.fraunhofer.de/de/<br />
presse-medien/presseinformationen/2013/<br />
molkerei... – Presseinfo<br />
http://www.rewagen.eu/ – Projektwebsite<br />
Juli/August 2013<br />
770 <strong>gwf</strong>-<strong>Wasser</strong> <strong>Abwasser</strong>