HRRS Ausgabe 3/2013 - hrr-strafrecht.de
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Rechtsprechung<br />
Hervorzuheben<strong>de</strong> Entscheidungen <strong>de</strong>s BGH: II. Materielles Strafrecht – Beson<strong>de</strong>rer Teil<br />
erwarteten Bargel<strong>de</strong>s an<strong>de</strong>re Gegenstän<strong>de</strong>, die <strong>de</strong>r Täter<br />
aufgrund eines neuen Entschlusses für sich behält, liegt<br />
darin lediglich eine Unterschlagung (§ 246 StGB), die<br />
neben <strong>de</strong>n auch weiterhin nur versuchten Raub tritt.<br />
2. Ob eine von <strong>de</strong>m Sachverständigen diagnostizierte<br />
schizoi<strong>de</strong> Persönlichkeitsstörung die Voraussetzungen<br />
einer schweren an<strong>de</strong>ren seelischen Abartigkeit im Sinne<br />
<strong>de</strong>s § 20 StGB erfüllt, ist eine Rechtsfrage, die <strong>de</strong>r Tatrichter<br />
wertend zu entschei<strong>de</strong>n hat (vgl. BGH NStZ 1999,<br />
395). Dabei kommt es maßgebend auf <strong>de</strong>n Ausprägungsgrad<br />
<strong>de</strong>r Störung und ihren Einfluss auf die soziale Anpassungsfähigkeit<br />
<strong>de</strong>s Betroffenen an. Hierfür ist die<br />
Beeinträchtigung <strong>de</strong>r Leistungsfähigkeit (etwa hinsichtlich<br />
<strong>de</strong>r Wahrnehmung <strong>de</strong>r eigenen und dritter Personen,<br />
<strong>de</strong>r emotionalen Reaktionen, <strong>de</strong>r Gestaltung zwischenmenschlicher<br />
Beziehungen und <strong>de</strong>r Impulskontrolle)<br />
durch die festgestellten Verhaltensmuster zu untersuchen<br />
und mit <strong>de</strong>n Folgen von psychotischen o<strong>de</strong>r ähnlichen<br />
pathologischen Zustän<strong>de</strong>n zu vergleichen, die als<br />
krankhafte seelische Störung anerkannt sind (vgl. BGHSt<br />
49, 45, 52 f.).<br />
3. Auch die Frage, ob die Steuerungsfähigkeit bei <strong>de</strong>r Tat<br />
infolge <strong>de</strong>r festgestellten „schweren an<strong>de</strong>ren seelischen<br />
Abartigkeit“ im Sinne <strong>de</strong>s § 21 StGB erheblich vermin<strong>de</strong>rt<br />
war, hat <strong>de</strong>r Tatrichter ohne Bindung an die Äußerungen<br />
<strong>de</strong>s Sachverständigen wertend zu beantworten<br />
(st. Rspr.). Wird die Annahme einer an<strong>de</strong>ren schweren<br />
seelischen Abartigkeit aus <strong>de</strong>m Vorliegen einer schizoi<strong>de</strong>n<br />
Persönlichkeitsstörung hergeleitet, bedarf es dabei<br />
einer erkennbaren Abgrenzung gegenüber Verhaltensweisen,<br />
die sich noch innerhalb <strong>de</strong>r Bandbreite menschlichen<br />
Verhaltens bewegen und Ursache für strafbares Tun sein<br />
können, ohne dass sie die Schuldfähigkeit „erheblich“ im<br />
Sinne <strong>de</strong>s § 21 StGB berühren (vgl. BGH, NStZ-RR 2004,<br />
38, 39).<br />
4. Wird die Anordnung einer Unterbringung nach § 63<br />
StGB allein auf eine Revision <strong>de</strong>s Angeklagten hin aufgehoben,<br />
hin<strong>de</strong>rt das Schlechterstellungsverbot <strong>de</strong>n neuen<br />
Tatrichter nicht daran, an Stelle <strong>de</strong>r Unterbringung eine<br />
Strafe zu verhängen (§ 358 Abs. 2 Satz 2 StPO). Dies gilt<br />
nach § 2 Abs. 2 JGG auch im Jugendverfahren. Hat <strong>de</strong>r<br />
erste Tatrichter wegen <strong>de</strong>r Anordnung <strong>de</strong>r Unterbringung<br />
in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 5 Abs. 3<br />
JGG von <strong>de</strong>r Verhängung einer Jugendstrafe abgesehen,<br />
ist <strong>de</strong>m neuen Tatrichter die Verhängung einer an die<br />
Stelle <strong>de</strong>r Unterbringungsanordnung treten<strong>de</strong>n Jugendstrafe<br />
aber nur dann möglich, wenn auf die Revision <strong>de</strong>s<br />
Angeklagten mit <strong>de</strong>m rechtsfehlerhaften Maßregelausspruch<br />
auch die Entscheidung nach § 5 Abs. 3 JGG in<br />
Wegfall kommt.<br />
Rechtsprechung<br />
III. Strafzumessungs- und Maßregelrecht<br />
294. BGH 1 StR 93/11 – Beschluss vom 10.<br />
Januar <strong>2013</strong> (LG Deggendorf)<br />
Schwerer sexueller Missbrauch von Kin<strong>de</strong>rn; Vergewaltigung;<br />
Vorbehalt <strong>de</strong>r Sicherungsverwahrung (Gefahr<br />
schwerer Sexual<strong>de</strong>likte: regelmäßiges Schwerwiegen<br />
von Delikten gegen Kin<strong>de</strong>r; Wahrscheinlichkeitsprognose).<br />
§ 176a Abs. 1 StGB; § 177 Abs. 2 Nr. 1 StGB; § 66a<br />
StGB<br />
1. Ob Gewalttaten schwerwiegend sind, wird sich – unbescha<strong>de</strong>t<br />
<strong>de</strong>r letztlich stets entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Umstän<strong>de</strong><br />
<strong>de</strong>s Einzelfalls – regelmäßig aus einer Gesamtschau ergeben,<br />
die insbeson<strong>de</strong>re das Motiv <strong>de</strong>r Gewaltanwendung,<br />
ihre Art und ihr Maß sowie die durch sie verursachten<br />
o<strong>de</strong>r zumin<strong>de</strong>st konkret drohen<strong>de</strong>n physischen und/o<strong>de</strong>r<br />
psychischen Folgen beim Opfer umfasst. Wen<strong>de</strong>t <strong>de</strong>r<br />
Täter Gewalt an, um <strong>de</strong>n sexuellen Handlungen entgegenstehen<strong>de</strong>n<br />
Willen <strong>de</strong>s Opfers zu brechen, insbeson<strong>de</strong>re<br />
auch, um in <strong>de</strong>ssen Körper einzudringen (Vergewaltigung),<br />
wird in aller Regel eine Tat vorliegen, die so<br />
schwer wiegt, dass sie nach Maßgabe <strong>de</strong>r Entscheidung<br />
<strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>sverfassungsgerichts (BVerfG NJW 2011, 1931<br />
ff.) Grundlage einer Sicherungsverwahrung sein kann.<br />
2. Seelische Schä<strong>de</strong>n bei kindlichen Opfern sexuellen<br />
Missbrauchs liegen zwar meist nahe, sie sind aber nicht<br />
immer ohne weiteres leicht festzustellen. Ob eine Sexualstraftat<br />
zum Nachteil eines Kin<strong>de</strong>s im Sinne <strong>de</strong>r<br />
Entscheidung <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>sverfassungsgerichts schwer<br />
wiegt, ist daher je<strong>de</strong>nfalls regelmäßig im Wesentlichen<br />
nach <strong>de</strong>m Tatbild zu beurteilen.<br />
3. Sexualstraftaten zum Nachteil von Kin<strong>de</strong>rn lassen<br />
regelmäßig eine schwerwiegen<strong>de</strong> Beeinträchtigung von<br />
<strong>de</strong>ren sexueller Entwicklung besorgen. Auch wenn sie –<br />
wie häufig – statt mit Gewalt durch <strong>de</strong>n Missbrauch von<br />
– etwa erzieherischen – Einwirkungsmöglichkeiten, letztlich<br />
meist unter Ausnutzung altersbedingt noch unzureichen<strong>de</strong>r<br />
Verstan<strong>de</strong>s- bzw. Wi<strong>de</strong>rstandskräfte begangen<br />
wer<strong>de</strong>n, weisen sie einen erheblichen Schuld- und Unrechtsgehalt<br />
auf. Dementsprechend wäre es rechtsfehlerhaft,<br />
von Sicherungsverwahrung trotz eines Hanges zum<br />
sexuellen Missbrauch von Kin<strong>de</strong>rn maßgeblich <strong>de</strong>swegen<br />
abzusehen, weil gewaltsamer Missbrauch nicht zu befürchten<br />
sei.<br />
234. BGH 3 StR 330/12 – Urteil vom 10. Januar<br />
<strong>2013</strong> (LG Sta<strong>de</strong>)<br />
<strong>HRRS</strong> März <strong>2013</strong> (3/<strong>2013</strong>)<br />
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