HRRS Ausgabe 3/2013 - hrr-strafrecht.de
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Aufsätze und Anmerkungen<br />
einen Teil davon) zu an<strong>de</strong>rn o<strong>de</strong>r zu been<strong>de</strong>n, sowohl<br />
vorübergehend als auch dauerhaft.“ 34 Der Tatbestand ist<br />
also nicht aufgrund einer Gehilfenstellung von Apple<br />
ausgeschlossen.<br />
b) Einwilligung<br />
Eine Offenbarung ist bei wirksamer Einwilligung befugt;<br />
diese Einwilligung wirkt rechtfertigend. 35 Eine ausdrückliche<br />
Einwilligung hat <strong>de</strong>r Mandant in <strong>de</strong>r Regel nicht<br />
erteilt . Eine konklu<strong>de</strong>nte Einwilligung darf man nicht<br />
aus <strong>de</strong>r Sachgerechtigkeit o<strong>de</strong>r inneren Notwendigkeit<br />
von Vorgängen ableiten, 36 sodass <strong>de</strong>r Einwand <strong>de</strong>s<br />
Rechtsanwalts, dass die Nutzung <strong>de</strong>r iCloud notwendig<br />
sei, nicht gehört wer<strong>de</strong>n kann. Außer<strong>de</strong>m ist eine Sachgerechtigkeit<br />
schon fraglich, da man einen eigenen Server<br />
installieren könnte. Eine mutmaßliche Einwilligung liegt<br />
nicht vor, weil <strong>de</strong>r Mandant vor Einstellen von Inhalten<br />
in die iCloud hätte gefragt wer<strong>de</strong>n können. Außer<strong>de</strong>m<br />
geht <strong>de</strong>r Mandant wohl davon aus, dass die Kanzlei einen<br />
eigenen Server nutzt, sodass man nicht annehmen kann,<br />
dass er bei Nachfrage, grundsätzlich einwilligen wür<strong>de</strong>.<br />
IV. Das Beschlagnahmeverbot im Sinne<br />
<strong>de</strong>s § 97 StPO<br />
Im Hinblick auf das Strafprozessrecht könnte die Gefahr<br />
bestehen, dass das Beschlagnahmeverbot nach § 97 Abs.<br />
1 Nr. 1 – 2, Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 53 Abs. 1 Nr. 2 und Nr.<br />
3 Var. 1 StPO keine Anwendung fin<strong>de</strong>n könnte, sofern<br />
<strong>de</strong>r Anwalt die entsprechen<strong>de</strong>n Inhalte in <strong>de</strong>r iCloud<br />
ablegt. Dann wür<strong>de</strong> das ausdrückliche Beweisverwertungsverbot<br />
<strong>de</strong>s § 160a Abs. 1 S. 2 StPO, das bei einem<br />
Verstoß gegen das Beschlagnahmeverbot greift, keine<br />
Anwendung fin<strong>de</strong>n. 37 Ein absolutes Beweisverwertungsverbot<br />
nach § 160a Abs. 1 S. 2 StPO besteht, 38 wenn<br />
schriftliche Mitteilungen zwischen <strong>de</strong>m Beschuldigten<br />
und <strong>de</strong>m Rechtsanwalt bzw. Verteidiger, Aufzeichnungen,<br />
welche <strong>de</strong>r Rechtsanwalt bzw. Verteidiger über vom Beschuldigten<br />
anvertrauten Mitteilungen o<strong>de</strong>r über an<strong>de</strong>re<br />
Umstän<strong>de</strong> gemacht hat, auf die sich das Zeugnisverweigerungsrecht<br />
erstreckt, betroffen sind und <strong>de</strong>r Rechtsanwalt<br />
bei Beschlagnahme Gewahrsam an diesen hatte,<br />
§ 97 Abs. 1 Nr. 1 – 2, Abs. 2 Satz 1. Zweck <strong>de</strong>s Beschlagnahmeverbots<br />
ist es, das Zeugnisverweigerungsrecht <strong>de</strong>s<br />
Rechtsanwalts zu schützen. 39<br />
Vorliegend soll daher untersucht wer<strong>de</strong>n, was überhaupt<br />
Ermächtigungsgrundlage für <strong>de</strong>n Zugriff auf die Inhalte<br />
<strong>de</strong>r iCloud ist und ob dabei jeweils das aus <strong>de</strong>m Beschlagnahmeverbot<br />
resultieren<strong>de</strong> ausdrückliche Beweis-<br />
34<br />
http://www.apple.com/legal/icloud/<strong>de</strong>/terms.html; zu <strong>de</strong>r<br />
Feststellung, dass Apple Zugriff nehmen kann:<br />
http://arstechnica.com/apple/2012/04/apple-holds-themaster-key-when-it-comes-to-icloud-security-privacy.<br />
35<br />
Fischer a.a.O. (Fn. 8), § 203 StGB Rn. 31.<br />
36<br />
Fischer a.a.O. (Fn. 8), § 203 StGB Rn. 33a.<br />
37<br />
SK-Wohlers, StPO, 4. Aufl. (2010), § 97 Rn. 95 ff. m.w.N.<br />
38<br />
§ 97 StPO ist vorrangig gegenüber § 160a StPO zu prüfen,<br />
§ 160a Abs. 5 StPO: Vgl. Mehle/Mehle NJW 2011, 1639,<br />
1641 m.w.N.<br />
39<br />
BVerfGE 20, 162, 188; BGHSt 38, 144, 146; BGHSt 53,<br />
257, 260 = <strong>HRRS</strong> 2009 Nr. 496.<br />
Schelzke – Die iCloud als Gefahr für <strong>de</strong>n Rechtsanwalt<br />
verwertungsverbot Anwendung fän<strong>de</strong> (dazu 1.). Daran<br />
anschließend ist die Frage zu beantworten, ob die Inhalte<br />
<strong>de</strong>r iCloud überhaupt inhaltlich <strong>de</strong>m Anwendungsbereich<br />
<strong>de</strong>s Beschlagnahmeverbots nach § 97 Abs. 1 Nr. 1 – 3<br />
StPO unterliegen (dazu 2.).<br />
1. Ermächtigungsgrundlage für <strong>de</strong>n Zugriff<br />
auf die Inhalte <strong>de</strong>r iCloud<br />
Fraglich ist zunächst die Ermächtigungsgrundla<strong>de</strong> für<br />
<strong>de</strong>n Zugriff auf die Inhalte <strong>de</strong>r iCloud. Es könnten die<br />
§§ 94 ff. StPO in Betracht kommen o<strong>de</strong>r die §§ 100a,<br />
100b StPO. Die Speicherung in <strong>de</strong>r iCloud entspricht <strong>de</strong>r<br />
Situation, dass E-Mails nach <strong>de</strong>m Lesen in einem Online-<br />
Postfach gespeichert sind statt auf einem lokalen Rechner,<br />
40 da man auf die Daten vom jeweiligen Gerät aus<br />
sichtbar macht und diese auf <strong>de</strong>m Server belässt anstatt<br />
sie dauerhaft auf ein lokales Endgerät herunterzula<strong>de</strong>n.<br />
Das Bun<strong>de</strong>sverfassungsgericht geht davon aus, dass die<br />
§ 94 ff. StPO Ermächtigungsgrundlage für <strong>de</strong>n nicht<br />
ver<strong>de</strong>ckten Zugriff auf E-Mails seien, die ein Nutzer in<br />
seinem Online-Postfach beim Provi<strong>de</strong>r speichert. 41 Ob<br />
dies Zustimmung verdient, soll hier nicht betrachtet<br />
wer<strong>de</strong>n. Man kann daher allgemein nach §§ 94 ff. StPO<br />
auf die Inhalte eines Cloud-Servers beim Anbieter zugreifen.<br />
Auf die lokalen Daten <strong>de</strong>s Rechtsanwalts kann man<br />
allgemein nach §§ 94 ff. StPO zugreifen. Der Übertragungsvorgang<br />
von und in die iCloud, auf <strong>de</strong>n wohl die<br />
§§ 100a, 100b StPO als Ermächtigungsgrundlage fungierten,<br />
wird nicht betrachtet, weil das Beschlagnahmeverbot<br />
nach § 97 StPO schon keine Anwendung fän<strong>de</strong>, son<strong>de</strong>rn<br />
ein Beweisverwertungsverbot direkt aus § 160a StPO<br />
resultierte.<br />
a) Beim Rechtsanwalt<br />
Im Rahmen einer Durchsuchung bei <strong>de</strong>m Rechtsanwalt,<br />
um Sachen nach §§ 94 ff. StPO zu beschlagnahmen, ist<br />
hinsichtlich <strong>de</strong>r Daten, die nur in <strong>de</strong>r iCloud abgelegt<br />
sind, <strong>de</strong>r zum 01.01.2008 in Kraft getretene § 110 Abs. 3<br />
StPO von Be<strong>de</strong>utung. 42 Danach kann sich bei <strong>de</strong>m von<br />
<strong>de</strong>r Durchsuchung Betroffenen die Durchsicht eines<br />
elektronischen Speichermediums auch auf das hiervon<br />
räumlich getrennte Speichermedien erstrecken, soweit<br />
man auf dieses von <strong>de</strong>m durchsuchten Speichermedium<br />
aus zugreifen kann und an<strong>de</strong>rnfalls <strong>de</strong>r Verlust <strong>de</strong>r gesuchten<br />
Daten zu besorgen ist. Solche Daten dürfen dann<br />
gem. § 110 Abs. 3 S. 2 StPO gesichert wer<strong>de</strong>n. Ohne<br />
diese Norm könnte man auf <strong>de</strong>n externen Server nicht<br />
zugreifen.<br />
Diese Befugnis besteht hinsichtlich zugangsgeschützter<br />
Daten – wie dies bei <strong>de</strong>r iCloud durch die Verschlüsselung<br />
gegenüber Dritten <strong>de</strong>r Fall ist – nur, sollte keine<br />
Zustimmung <strong>de</strong>s Verfügungsberechtigten vorliegen,<br />
wenn <strong>de</strong>r Server in Deutschland steht, da ansonsten das<br />
völkerrechtliche Souveränitätsprinzip verletzt wür<strong>de</strong>. 43 Es<br />
40<br />
BVerfG MMR 2009, 2431, 2431 = <strong>HRRS</strong> 2009 Nr. 800.<br />
41<br />
BVerfG NJW 2009, 2431, 2434 = <strong>HRRS</strong> 2009 Nr. 800.<br />
42<br />
Vgl. Obenhaus, NJW 2010, 651, 652; BT- Drs. 16/5846, S.<br />
63.<br />
43<br />
Gercke, a.a.O (Fn. 4), S. 499, 501 f. m.w.N.; Gercke ZUM<br />
2009, 526, 536; Gae<strong>de</strong> StV 2009, 96, 101; Gercke StraFo<br />
<strong>HRRS</strong> März <strong>2013</strong> (3/<strong>2013</strong>)<br />
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