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38<br />
<strong>Internet</strong> <strong>World</strong> BUSINESS E-COMMERCE<br />
2. September 2013 18/13<br />
Vorgaben von oben<br />
Welche Einflussnahme durch den Hersteller muss der Online-Händler hinnehmen?<br />
s sind keine Einzelfälle<br />
Emehr: Immer häufiger<br />
versuchen Hersteller, ihren<br />
Händlern spezifische Vorgaben<br />
zu machen, wie sie ihre<br />
Produkte im Netz anbieten<br />
dürfen. Die Maßnahmen<br />
reichen von Preisvorgaben<br />
über Verkaufsverbote auf<br />
Online-Plattformen bis zur<br />
Beschränkung von durch die<br />
Händler durchgeführte Marketingmaßnahmen.<br />
Bei Vereinbarungen über<br />
den Preis dürfen die Beteiligten<br />
nicht tun, was sie wollen.<br />
Grenzen setzt hier das<br />
Kartellrecht. Es obliegt<br />
jedem Händler, die Preise,<br />
zu denen er Waren abgeben möchte, frei<br />
festzusetzen. Diese Freiheit ist für einen<br />
funktionierenden Wettbewerb zentral.<br />
Diese von Händlern festgesetzten Preise<br />
kollidieren mit den Interessen von Herstellern<br />
oder Großhändlern, ein gewisses<br />
Markenimage zu erhalten und eine Ware<br />
nicht als „billig“ erscheinen zu lassen.<br />
Aus Sicht des Herstellers liegt es nahe,<br />
Lukas Bühlmann<br />
Anwalt in der Kanzlei<br />
Bühlmann Rechtsanwälte<br />
in Zürich<br />
■ www.br-legal.ch<br />
den Händlern Preisuntergrenzen vertraglich<br />
vorzuschreiben und bei dauerhaftem<br />
Unterschreiten die Belieferung<br />
einzustellen – ein solches Vorgehen wäre<br />
aber klar kartellrechtswidrig.<br />
Eine von den europäischen Kartellrechtsregeln<br />
tolerierte Möglichkeit für<br />
Hersteller, den Händlern zumindest<br />
einen Richtwert vorzugeben, stellen die<br />
Hersteller haben wenig Möglichkeiten, Druck auf Händler auszuüben<br />
bekannten unverbindlichen Preisempfehlungen<br />
(UVP oder UPE) dar.<br />
Dabei ist aber Vorsicht geboten. Bei<br />
der UVP muss es sich tatsächlich um<br />
einen unverbindlichen Vorschlag handeln.<br />
Daran kann es nach einem kürzlich<br />
ergangenen Urteil des Bundesgerichtshofs<br />
schon fehlen, wenn ein Hersteller an<br />
einen seiner Händler mit der Aussage<br />
herantritt, er könne dessen<br />
Preiskalkulation betriebswirtschaftlich<br />
nicht nachvollziehen.<br />
Darin liege bereits<br />
eine Ausübung unzulässigen<br />
Drucks – zumindest, wenn<br />
der Händler die Ansprache<br />
nur als Intervention zur Preisanpassung<br />
verstehen kann.<br />
Die Grenzen sind vergleichsweise<br />
klar: Unabhängig<br />
von der Art des Vertriebssystems darf<br />
den Händlern lediglich eine unverbindliche<br />
Preisempfehlung gegeben werden.<br />
Das ist aber nur zulässig, wenn der Hersteller<br />
weder Druck ausübt noch besondere<br />
Vergünstigungen in Aussicht stellt,<br />
damit der Händler die Empfehlung tatsächlich<br />
als Fest- oder Mindestverkaufspreis<br />
übernimmt. Wird eine unverbind-<br />
liche Preisempfehlung von<br />
einer deutlichen Mehrheit<br />
der Vertriebspartner „freiwillig“<br />
befolgt, liegt darin<br />
regelmäßig eine konkludente<br />
Preisabsprache, die<br />
ebenfalls eine verbotene<br />
Preisabsprache darstellt.<br />
Auch wenn die kartellrechtliche<br />
Betrachtung der<br />
Online-Vorgaben durch<br />
Hersteller noch nicht ausgereift<br />
ist und hier noch viele<br />
Unklarheiten bestehen, ist<br />
für die Einflussnahme des<br />
Herstellers auf den vom<br />
Shop-Betreiber verlangten<br />
Preis klar: Mehr als eine<br />
unverbindliche Preisempfehlung<br />
ist nicht statthaft. Verbindliche<br />
Preisvorgaben sind unzulässig und entsprechende<br />
Vereinbarungen nichtig. Vorsicht<br />
ist hier geboten: Ein Händler, der<br />
sich an entsprechende Vorgaben hält, beteiligt<br />
sich dadurch an einer kartellrechtlich<br />
verbotenen Absprache und setzt sich<br />
damit der Gefahr von Ermittlungen und<br />
gegebenenfalls Bußgeldern der Kartellbehörden<br />
aus.<br />
■<br />
RA LUKAS BÜHLMANN<br />
Foto: Fotolia / PP76<br />
Das müssen Sie beachten<br />
■ Das Kartellrecht verbietet es einem<br />
Hersteller oder Distributor, den Händlern<br />
feste Verkaufspreise für ihre Waren vorzuschreiben.<br />
■ Die Vorgabe von unverbindlichen Preisempfehlungen<br />
(UVP bzw. UPE) an die<br />
Händlerschaft ist gestattet, nicht jedoch<br />
Druck oder das Versprechen von Vergünstigungen<br />
für den Fall, dass diese<br />
Empfehlungen übernommen werden.<br />
■ Folgt ein Händler den Vorgaben eines<br />
Herstellers allzu bedingungslos, steht der<br />
Vorwuf der Beteiligung an illegalen Preisabsprachen<br />
im Raum.<br />
Abmahnfallen,<br />
aktuelle Urteile,<br />
neue Gesetze:<br />
Auf Online-Recht<br />
spezialisierte Fachleute<br />
helfen Ihnen weiter.<br />
Der E-Shop-Rechtstipp<br />
Sabine Heukrodt-<br />
Bauer LL.M., Rechtsund<br />
Fachanwältin für<br />
Informationstechnologierecht<br />
in Mainz<br />
■ www.legalershop.de<br />
Aufforderung zur Abgabe<br />
einer Bewertung ist Spam<br />
Die Mail-Aufforderung an einen Kunden<br />
zur Bewertung des gekauften Artikels<br />
stellt eine unzulässige Werbe-Mail dar,<br />
wenn der Adressat dem Empfang zuvor<br />
nicht ausdrücklich zugestimmt hat. Das<br />
entschied das Amtsgericht Hannover mit<br />
Urteil vom 03.04.2013 (Az.: 550 C<br />
13442/12).<br />
Obwohl der Verbraucher in dem zugrunde<br />
liegenden Fall dem Online Shop<br />
noch mitgeteilt hatte, dass er keinerlei<br />
Werbe-Mails, Bewertungsaufforderungen<br />
oder Newsletter erhalten möchte, erhielt<br />
er nach einem Kauf trotzdem eine Mail<br />
mit einer Aufforderung, ein Feedback<br />
zum erworbenen Artikel abzugeben. Das<br />
Amtsgericht stufte Bewertungsaufforderungen<br />
per E-Mail als Werbe-Mails ein.<br />
Umfragen zu Meinungsforschungszwecken<br />
seien ohne Weiteres ein Instrument<br />
der Absatzförderung, sodass der dafür<br />
erforderliche werbliche Zweck gegeben<br />
sei. Werbe-Mails seien nur erlaubt, wenn<br />
der Empfänger zuvor seine ausdrückliche<br />
Einwilligung erteilt habe. Hier habe der<br />
Empfänger aber sogar erklärt, er wolle<br />
solche Mails nicht erhalten.<br />
Gesonderte Bewertungsanfragen dürfen<br />
ohne Einverständnis nicht an Kunden<br />
versendet werden. Alternativer Praxistipp:<br />
Bitten um Feedback können in Mails<br />
enthalten sein, die von Gesetzes wegen<br />
ohne Genehmigung an den Kunden versendet<br />
werden dürfen, zum Beispiel Auftragsbestätigungen<br />
oder Rechnungen.<br />
Aktuelle Kurzmeldungen zum Thema <strong>Internet</strong>-Recht<br />
BREITBANDNETZE<br />
Keine Kabel-Fusion<br />
DIENSTLEISTUNGSKONZESSION<br />
Streit um Dresden.de<br />
FLIEGENDER GERICHTSSTAND<br />
Urheberrecht gilt überall<br />
WERBUNG AUF FACEBOOK<br />
Wie privat ist die Timeline?<br />
Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat die vom<br />
Bundeskartellamt bereits 2011 genehmigte<br />
Übernahme des Kabelnetzbetreibers Kabel<br />
Baden-Württemberg durch Unitymedia (Liberty<br />
Holding) aufgehoben. Geklagt hatten die beiden<br />
anderen Breitband-Kabelnetzbetreiber Telekom<br />
und Netcologne. Sie befürchten die Zementierung<br />
einer marktbeherrschenden Stellung von<br />
Unitymedia auf dem sogenannten leitungsgebundenen<br />
Signalmarkt. Auch die Nebenbestimmungen,<br />
die das Kartellamt mit der Zulassung<br />
verknüpft hatte, erschienen dem Gericht nicht<br />
ausreichend, um den Wettbewerb unter den<br />
meist regional ausgeprägten Anbietern aufrechtzuerhalten<br />
(Az.: VI-Kart 1/12 (V)). fk<br />
■<br />
Das Oberlandesgericht Dresden hat das Vergabeverfahren<br />
der sächsischen Landeshauptstadt für<br />
den Betrieb der <strong>Internet</strong>-Seite Dresden.de vorläufig<br />
gestoppt. Grund dafür war nach Ansicht der<br />
Richter die mangelnde Transparenz bei den Vergabekriterien<br />
in der vorangegangenen Ausschreibung.<br />
Dazu zählt insbesondere die Zusage, dass<br />
der zukünftige Konzessionsinhaber die Befugnis<br />
erhalten soll, die Website wirtschaftlich nutzen zu<br />
dürfen – jedoch ohne Details, welches Vermarktungskonzept<br />
die Stadt als sinnvoll erachtet (Az.:<br />
28 C 165/12). Das Gericht erlegte der Stadt auf,<br />
ihre Vergabepräferenzen so weit zu konkretisieren,<br />
dass potenzielle Bewerber ihre Angebote<br />
darauf auslegen können (Az.: 16 W 439/13). fk ■<br />
Ein skurriler Fall: Eine obskure „Kirche“ mit Sitz<br />
in Miami/Florida bietet auf einer deutschsprachigen<br />
Website den Erwerb von kirchlichen<br />
Doktortiteln an. Die Texte von dieser Website<br />
fanden sich nahezu wortwörtlich wieder – auf<br />
einem Web-Angebot, das von einem Mann im<br />
Niedersachsen betrieben wird. Die „Church“<br />
mahnte den Mann erst erfolglos ab, dann<br />
reichte der beauftragte Anwalt Klage am Landgericht<br />
Kiel ein. Das erklärte sich für nicht zuständig,<br />
auch das Landgericht Flensburg winkte<br />
ab. Erst das zur Klärung angerufene Oberlandesgericht<br />
Kiel entschied: Der Fall wird in Flensburg<br />
verhandelt, denn die Urheberrechtsverletzung<br />
sei überall in Deutschland wirksam. fk ■<br />
Das Landgericht Freiburg hat einem Autoverkäufer<br />
untersagt, in Facebook-Beiträgen eindeutige<br />
Verkaufsofferten seines Unternehmens zu<br />
machen, wenn dabei wichtige Angaben fehlen.<br />
Der Mann hatte ein Verkaufsangebot eingestellt,<br />
bei dem Daten zur Motorleistung und<br />
zum Umweltverhalten des Autos fehlerhaft oder<br />
gar nicht aufgeführt waren, auch fehlte die laut<br />
Telemediengesetz vorgeschriebene Anbieterkennung.<br />
Der Argumentation des Beschuldigten,<br />
dabei handle es sich lediglich um Informationen<br />
für sein privates Netzwerk, folgte das Gericht<br />
nicht. Es sah eine geschäftliche Handlung,<br />
bei der die Regeln für Werbung eingehalten<br />
werden müssen (Az.: 12 O 83/13). fk<br />
■