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TOOLS & TECHNIK<br />
46 <strong>Internet</strong> <strong>World</strong> BUSINESS<br />
2. September 2013 18/13<br />
DEM KUNDEN AUF DER SPUR<br />
Tracking ohne Cookies<br />
(Datei-)Cookies mag keiner: Datenschützer beäugen sie argwöhnisch, Nutzer blockieren oder löschen sie.<br />
Doch es gibt technische Alternativen für das Tracking, die ebenso zielgerichtetes Display Advertising ermöglichen sollen<br />
b Customer Journey, profilbasiertes<br />
OTargeting oder Aussteuerung der<br />
Sichtkontakte: Cookies sind ein wichtiges<br />
Instrument, um Online-Werbung auszuliefern<br />
und zu optimieren. Einmal in den<br />
Browser geschrieben, lässt sich der User<br />
mit den kleinen Textdateien wiedererkennen.<br />
Surfverhalten und Kaufentscheidungsprozesse<br />
werden so nachvollziehbar,<br />
auch Werbemittel können zielgerichtet<br />
eingeblendet werden.<br />
Doch gleich mehrfach droht dem Cookie<br />
Ungemach. Datenschützer, Tracking-<br />
Verweigerer und Browser-Hersteller<br />
setzen dem liebsten Kind der Online Marketer<br />
zu. Und noch immer zittert die Branche<br />
vor der Ankündigung Mozillas: Das<br />
US-Unternehmen ließ im Frühjahr verlauten,<br />
dass die neueste Version des <strong>Internet</strong><br />
Browsers Firefox künftig Third-Party<br />
Cookies (Cookies von Drittanbietern wie<br />
etwa Werbenetzwerken) standardmäßig<br />
blockieren werde. Eine Ankündigung, die<br />
bislang allerdings nicht umgesetzt wurde.<br />
Man teste das Feature noch, arbeite an<br />
Feinheiten – so die offizielle Aussage.<br />
Kommt die Änderung, wird Firefox nur<br />
Cookies von Websites erlauben, die der<br />
Nutzer auch wirklich besucht (First-Party<br />
Cookies). Für das Tracking wäre dies fatal:<br />
Firefox ist unter den Webbrowsern hier-<br />
zulande führend mit einem Markt-<br />
anteil von rund 37 Prozent.<br />
Digitales Fingerprinting: Über den Browser wird das genutzte Gerät eindeutig wiedererkannt<br />
Im mobilen <strong>Internet</strong> war Cookie Tracking<br />
schon immer ein Problem: So unterbindet<br />
zum Beispiel der Safari-Browser auf mobilen<br />
Apple-Geräten in der Standardeinstellung<br />
die Cookies Dritter.<br />
Deswegen sind alternative Tracking-<br />
Methoden gefragt, die ohne Cookie auskommen.<br />
Viel verspricht sich die Branche<br />
vom sogenannten Fingerprinting: Bei diesem<br />
Verfahren wird das Gerät eines Nutzer<br />
auf Basis verschiedener Soft- und<br />
Hardware-Merkmale identifiziert. Möglich<br />
macht es der <strong>Internet</strong> Browser selbst,<br />
der sich gegenüber Webseiten zu erkennen<br />
Foto: Fotolia / Bloomua; Rolffimages<br />
gibt. Dabei liefert er diverse Informationen<br />
über sich und das System, auf dem er<br />
installiert ist. Anhand von vorhandenen<br />
Plug-ins, installierten Schriftarten, Bildschirmgröße,<br />
Betriebssystem und anderen<br />
Merkmalen lassen sich die Geräte unterscheiden<br />
und das Surfverhalten einem<br />
Nutzer zuordnen. Diese oft als digitales<br />
beziehungsweise Browser Fingerprinting<br />
bezeichnete Technologie funktioniert<br />
auch, wenn der Nutzer Cookies löscht<br />
oder unterdrückt, denn alle Informationen<br />
werden nicht auf dem Rechner des<br />
Nutzers, sondern Server-seitig gespeichert<br />
(siehe Kasten).<br />
Wertige Opt-outs<br />
„Wenn Firefox demnächst Third-Party<br />
Cookies standardmäßig unterdrückt,<br />
könnte das einen Lawinen-Effekt auslösen<br />
und auch andere Big Player zu ähnlichen<br />
Schritten bewegen. Darauf sollte die Branche<br />
vorbereitet sein“, warnt Andreas<br />
Schwibbe, Geschäftsführer von Adnologies<br />
in Hamburg. Sein Unternehmen hat<br />
sich vorbereitet. Der unabhängige Technologieanbieter<br />
für datengesteuertes Advertising<br />
hat ein Tracking entwickelt, das<br />
Geräte eindeutig und unabhängig vom<br />
Browser identifizieren kann. Über ein<br />
Script werden dafür Software-Merkmale<br />
ausgelesen, die besonders eng mit dem<br />
Gerät des Website-Besuchers verknüpft<br />
Interview<br />
„Fingerprint noch keine Alternative“<br />
Uli Heimann, Director Data Solutions bei Nugg Ad, glaubt an die Zukunft des Cookie-basierten Trackings<br />
Herr Heimann, Mozilla hat für den Firefox<br />
angekündigt, Third-Party Cookies standardmäßig<br />
zu blockieren, Datenschützer<br />
fordern schon lange ein Cookie Opt-in und<br />
Konsumenten werden in Bezug auf Daten<br />
immer sensibler. Welche Zukunft hat ein<br />
Cookie-basiertes Tracking?<br />
Uli Heimann: Das angekündigte Release<br />
des Browsers ist zunächst verschoben<br />
worden, da es noch einigen Klärungsbedarf<br />
gibt. Cookies sind als Speichertechnologie<br />
nicht nur für Targeting-Maßnahmen<br />
außerordentlich gut geeignet,<br />
sondern bieten auch den Nutzern viele<br />
Vorteile gegenüber anderen Technologien.<br />
Durch die Dezentralität der Datenspeicherung,<br />
sprich der Speicherung auf den<br />
Computern des Users, liegt die Hoheit<br />
der Daten bei den Nutzern – sie haben die<br />
Kontrolle. Für die Online-Werbewirtschaft<br />
haben wir zudem den Deutschen<br />
Datenschutzrat Online-Werbung gegründet,<br />
der es Nutzern noch besser erlaubt,<br />
mit werbebezogenen Cookies umzugehen.<br />
Sollte Mozilla sein Vorhaben, Third-<br />
Party Cookies zu blockieren, tatsächlich<br />
umsetzen, müssten Targeting-Anbieter,<br />
Werbenetze, Media-Agenturen und<br />
Werbetreibende einen Großteil ihrer<br />
gesamten Werbemittelaussteuerung<br />
umstellen. Letztlich<br />
würden die Dienste und<br />
Angebote profitieren, die<br />
schon heute einen Log-in-<br />
Prozess haben und die Daten<br />
nicht in Cookies speichern,<br />
sondern unmittelbar als Profile<br />
in diversen Datenbanken.<br />
Dies hätte weitreichende<br />
negative Folgen für die gesamte<br />
digitale Werbeindustrie. Persönlich<br />
glaube ich weiterhin an die Zukunft<br />
des Cookie-basierten Trackings.<br />
Gibt es aus Ihrer Sicht keine guten Alternativen<br />
zum Cookie?<br />
Heimann: Ich sehe derzeit weder eine Notwendigkeit<br />
noch gute Alternativen zum<br />
Uli Heimann<br />
Leiter der Unit Targeting im<br />
Bundesverband Digitale Wirtschaft<br />
(BVDW) und Director Data<br />
Solutions bei Nugg Ad, Hamburg<br />
■ www.nugg.ad<br />
Cookie. Mit Cookies können nicht nur<br />
Targeting-Maßnahmen effektiv durchgeführt<br />
werden, sondern jedem Nutzer<br />
wird die Möglichkeit geboten, selbst zu<br />
entscheiden, was mit seinen Cookie-Inhalten<br />
geschieht. Durch die Speicherung<br />
auf den jeweiligen Computern liegt die<br />
Kontrolle bei den Nutzern – und die<br />
Löschquoten demonstrieren seit Langem,<br />
dass viele User ihre Cookie-Einstellungen<br />
aktiv kontrollieren. Vonseiten der<br />
Industrie gibt es zusätzlich große Bestrebungen<br />
für Aufklärung zu sorgen, beispielsweise<br />
durch Selbstregulierungsund<br />
Informationskampagnen für nutzungsbasierte<br />
Online-Werbung. Das<br />
Cookie ist derzeit die transparenteste<br />
Möglichkeit, Tracking zu betreiben.<br />
Davon abgesehen wird Datenschutz in<br />
Deutschland sehr streng gehandhabt.<br />
Verantwortungsvolle Unternehmen nehmen<br />
die strikten Standards ernst und setzen<br />
sie dementsprechend um.<br />
Viel diskutiert wird die digitale Fingerprint-Technologie.<br />
Wie ist dazu Ihre Einschätzung?<br />
Heimann: Ich bin der Meinung, dass solche<br />
Technologien derzeit keine Alternative<br />
zum Cookie darstellen – auch weil es<br />
praktisch keine Möglichkeiten für den<br />
User gibt, diese Technologien zu kontrollieren.<br />
Tracking auf Basis gerätebezogener<br />
Informationen wie zum Beispiel Betriebssystem<br />
oder Ähnliches ist bei Weitem<br />
nicht so weit ausgereift, um Cookies<br />
ersetzen zu können.<br />
Foto: Fotolia /<br />
Meliha Gojak