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Musik › Jazz<br />
Akustik-Jazz<br />
Rainer Böhm Quartett<br />
Familia<br />
Acoustic Jazz<br />
Laika / Rough Trade (CD)<br />
<strong>Der</strong> akustische Jazz lebt. Und wie! Das Quartett<br />
von Pianist Rainer Böhm kümmert sich dabei<br />
allerdings kaum um populäre Trends – und<br />
geht doch weit über das hinaus, was im Hard<br />
Bop der 1950er üblich war. Moderner spielt<br />
dieses Ensemble, europäischer, stärker von<br />
impressionistischer Leichtigkeit und romantischem<br />
Wohlklang geprägt. Zudem lässt das<br />
Rhythmus-Duo Phil Donkin (Bass) und Peter<br />
Gall (Schlagzeug) den kraftvollen Swing zugunsten<br />
komplexerer Rhythmen zurücktre ten.<br />
Feinsinnig und aufmerksam kommuni ziert dieses<br />
Team – insofern hat es auch den filigranen<br />
Jazz der 1980er in seinen Stil integriert. Was<br />
vordergründig traditionell wirkt, ist in seiner<br />
Substanz weit moderner. Werner Stiefele<br />
L14,16<br />
Musik:<br />
Solo Musica / Sony (CD, LP)<br />
Klang:<br />
Peter Horton / Sigi Schwab<br />
Guitarissimo XL<br />
Die Fans mussten eine Weile warten – das<br />
letzte Album des Duos Guitarissimo erschien<br />
1980. Vor drei Jahren aber fanden Peter<br />
Horton und Sigi Schwab wieder zusammen,<br />
nachdem jeder lange seine eigenen Wege<br />
gegangen war. Diesmal haben sie den<br />
Bassisten Tommi Müller und der Drummer<br />
Andreas Keller mit ins Team genommen,<br />
einige neue Songs geschrieben, andere für<br />
Quartett umarrangiert. Das gestalterischer<br />
Prinzip hat sich wenig verändert: Elegante<br />
Gitarrenlinien, brasilianisch inspiriert, laufen<br />
in- und gegeneinander, behutsam gerahmt,<br />
manchmal auch durch Gesang und Verse<br />
ergänzt. Ein harmonisches, fein gemischtes<br />
Fest der Melodien. Ralf Dombrowski<br />
Ralph Towner, Egberto Gismonti<br />
Musik:<br />
Klang:<br />
Piano-Jazz<br />
Uri Caine<br />
Callithump – Piano Solo<br />
Piano-Trio, Third Stream<br />
Winter & Winter / Edel:Kultur (CD)<br />
Es hat etwas von der „Dogma“-Arbeitsweise<br />
skandinavischer Regisseure: ein Solo-Album,<br />
auf genommen im New Yorker Avatar Studio<br />
unter Live-Bedingungen eines Konzertes,<br />
wenn auch ohne Publikum, ohne Pause und<br />
Second Takes, verpflichtet der puren Spontaneität<br />
und Kreativität des Augenblicks. Uri<br />
Caine kann so etwas. <strong>Der</strong> Pianist aus Philadelphia<br />
ist nicht nur über die Unwägbarkeiten der<br />
Spieltechnik erhaben, sondern kann auch auf<br />
ein Ausdrucksspektrum vom historischen Jazz<br />
über die jüdischen Musiktradition bis zu transzendierten<br />
Klassik zurückgreifen. Und so klingt<br />
sein räumlich sehr trocken aufgenommenes<br />
Programm wie ein wilder Ritt durch die Welt<br />
der improvisierenden Freiheit. Ralf Dombrowski<br />
Bill Carrothers, Fred Hersch<br />
Musik:<br />
Joachim Kühn<br />
Birthday Edition<br />
Act/Edel:Kultur (2 CDs)<br />
Klang:<br />
Als Trio setzten Pianist Joachim Kühn, Kontrabassist<br />
Jean-François Jenny-Clark und<br />
Drummer Daniel Humair Maßstäbe für die<br />
Synthese aus Komposition und Improvisa tion<br />
– nachzuhören auf zwei nun erstmals veröffentlichten<br />
Ausschnitten aus Konzerten vom<br />
Jazzfest Berlin (1987/1995). Die Mu sik zittert,<br />
vibriert, explodiert – und dies bei sorgsam geplanten<br />
Abläufen. So spontan, diszipliniert und<br />
„kühn“spielten bisher nur wenige Ensembles.<br />
Die Wiederauflage von Michael Gibbs<br />
symphonischem „Europeana“ (mit Kühn, der<br />
Radio Philharmonie Hannover plus etlichen<br />
Top-Jazzern) zeigt als Teil 2 der „Birthday Edition“<br />
eine weitere Facette des Pianisten, der<br />
jüngst 70 Jahre alt wurde. Werner Stiefele<br />
John Coltrane: A Love Supreme<br />
Musik:<br />
Klang:<br />
Tradition & Coolness<br />
<strong>AUDIO</strong>-Mitarbeiter<br />
Ralf Dombrowski<br />
wirft einen Blick auf jungen<br />
US-Jazz, der sehr traditionell,<br />
aber auch sehr vital tönt.<br />
Nachdem in den Jahren nach der<br />
jazzkulturellen Stag nation, die als<br />
Abwehrreflex auf 9/11 folgte, zunächst<br />
vor allem junge Avantgardekünstler<br />
die Reorganisation des Jazz-Erbes<br />
vorantrieben, kommen nun die konventionelleren<br />
Musiker zum Zug. Was nicht<br />
heißt, dass sie nichts zu sagen hätten.<br />
Kris Bowers etwa, Pianist, Anfang 20<br />
und bereits fester Bestandteil der New<br />
Yorker Szene, fusioniert auf „Heroes +<br />
Misfits“ souverän die eigene Sozialisation<br />
von Indie bis HipHop mit den<br />
Gestaltungstechniken des modernen<br />
Jazz. Herauskommt ein kraftvoller Mix,<br />
die seine Wurzeln ebenso in der urbanen<br />
Gegenwart wie im Stilgemenge<br />
der Tradition hat. Noch weiter Richtung<br />
Soul und Funk wagt sich der Trompeter<br />
Takuya Kuroda. Während der<br />
vergangenen Jahre viel mit der Band<br />
von Sänger José James unterwegs,<br />
revanchiert sich sein Arbeitgeber nun,<br />
indem er das Major-Debüt „Rising<br />
Son“ produziert und dem Solo-Sound<br />
des in New York lebenden Japaners viel<br />
von der Coolness der 70er injiziert. <strong>Der</strong><br />
Sänger Ruben Studdard wiederum<br />
wirkt, als wäre er direkt dem Motown-<br />
Archiv der 80er entstiegen. Da hängt<br />
der Studiohimmel voller Geigen, die<br />
Band groovt slow und der Youngster,<br />
2003 als Casting-Star von „American<br />
Idol“ gestartet, gibt sich auf „Unconditional<br />
Love“ empfindsam wie ein<br />
alter Soul-Crooner. Echten, komplexen<br />
Modern Jazz spielt hingegen Ambrose<br />
Akinmusire. <strong>Der</strong> Trompeter erweitert<br />
sein Quintett für „The Imagined Savoir<br />
Is Far Easier To Paint“ um Streichquartett<br />
ebenso wie um Gesang, erweist<br />
sich aber vor allem als eloquenter Instrumentalist<br />
mit einem so voluminö sen<br />
wie samtenen Ton zum Niederknien.<br />
Kris Bowers Heroes + Misfits<br />
Concord / Universal<br />
Musik:<br />
Klang:<br />
Takuya Kuroda Rising Son<br />
Blue Note / Universal<br />
Musik:<br />
Klang:<br />
Ruben Studdard Unconditional Love<br />
Verve / Universal<br />
Musik:<br />
Klang:<br />
Ambrose Akinmusire The Imagined Savoir ...<br />
Blue Note / Universal<br />
Musik:<br />
Klang:<br />
88<br />
www.audio.de ›04 /2014