Einführung in die Psychologie, Farbwahrnehmung - am Institut für ...
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F<strong>in</strong>gerrechnen<br />
Dieser E<strong>in</strong>bettungsvorgang ist jedem von<br />
uns aus se<strong>in</strong>er Grundschulerfahrung geläufig,<br />
wenn er sich an das F<strong>in</strong>gerrechnen<br />
er<strong>in</strong>nert. E<strong>in</strong>e Grundmenge von F<strong>in</strong>gern<br />
und <strong>die</strong> Operation des Zus<strong>am</strong>menfassens<br />
mehrerer F<strong>in</strong>ger besitzt Halbgruppenstruktur.<br />
Dieses Zus<strong>am</strong>menfassen als arithmetische<br />
Addition zu repräsentieren ist nur<br />
beschränkt möglich. Auch wenn man ausdrücklich<br />
drei F<strong>in</strong>ger <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Gegebenen<br />
Zus<strong>am</strong>menhang als <strong>in</strong>vers erklärt, erbr<strong>in</strong>gt<br />
deren Zus<strong>am</strong>menfügung mit beispielsweise<br />
e<strong>in</strong>em F<strong>in</strong>ger ke<strong>in</strong> Ergebnis. Die Lehrer<strong>in</strong><br />
sagte d<strong>am</strong>als, das Abziehen der drei von<br />
e<strong>in</strong>em „geht nicht“. Wir Schüler nahmen<br />
das h<strong>in</strong>, ohne nach dem Warum zu fragen,<br />
Erst <strong>in</strong> den oberen Klassen haben wir etwas<br />
von negativen Zahlen und den zugehörigen<br />
Sachverhalten, beispielsweise Geldschulden,<br />
erfahren.<br />
Kanonische E<strong>in</strong>bettung<br />
Die Bemühungen unserer Grundschullehrer<strong>in</strong><br />
um das F<strong>in</strong>gerrechnen waren nicht<br />
vergeblich, weil sich das Relativ bestehend<br />
aus F<strong>in</strong>gern und ihrer Zus<strong>am</strong>menfügung <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>e empirische Gruppe ebenso e<strong>in</strong>betten<br />
läßt, wie <strong>die</strong> Halbgruppe der natürlichen<br />
Zahlen mit + <strong>in</strong> <strong>die</strong> Gruppe der ganzen<br />
Zahlen mit +. Das geschieht dadurch, daß<br />
man das kartesische Produkt der Menge<br />
der natürlichen zahlen mit sich selbst bildet.<br />
Man erhält <strong>die</strong> Menge von Paaren natürlicher<br />
Zahlen und richtet das Augenmerk<br />
auf <strong>die</strong> Differenz bei jedem Paar.<br />
Paare mit gleicher Differenz <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Richtung<br />
(z. B. erster Paarl<strong>in</strong>g größer als der<br />
zweite) erklärt man als neue Grundmenge.<br />
Sie bildet mir e<strong>in</strong>er neu zu def<strong>in</strong>ierenden<br />
Addition der Differenzen weiterh<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e<br />
Halbgruppe. Fügt man <strong>die</strong> Differenzen der<br />
anderen Art (jetzt erster Paarl<strong>in</strong>g kle<strong>in</strong>er<br />
als der zweite) h<strong>in</strong>zu, so besitzt jedes Element<br />
der Ausgangsmenge nun e<strong>in</strong> <strong>in</strong>verses<br />
Element, <strong>die</strong> Paare mit gleichen Paarl<strong>in</strong>gen<br />
s<strong>in</strong>d neutrale Elmente. Will man, daß jedes<br />
Element nur e<strong>in</strong>mal vorkommt, so betrachtet<br />
man nicht <strong>die</strong> eben konstruierte Menge<br />
der Paare, sondern deren Äquivalenzklassen,<br />
<strong>die</strong> jede stets gleiche Differenzen<br />
enthält. Der Prozeß wird kanonische E<strong>in</strong>bettung<br />
genannt.<br />
Hölders Beitrag von 1901<br />
Der Beitrag von Otto Hölder bestand dar<strong>in</strong>,<br />
daß er im e<strong>in</strong>zelnen untersucht hat, welche<br />
Halbgruppen sich <strong>in</strong> Gruppen e<strong>in</strong>betten<br />
lassen. Dabei stieß er unter anderem auf<br />
<strong>die</strong> sogenannte Aufhebungseigenschaft. Im<br />
Zus<strong>am</strong>menhang des Farbensehens formuliert<br />
verlangt sie: S<strong>in</strong>d zwei Farbreize met<strong>am</strong>er<br />
(visuell nicht unterscheidbar) dann<br />
bleiben sie met<strong>am</strong>er, wenn man zu beiden<br />
den gleiche dritten Farbreiz h<strong>in</strong>zumischt.<br />
Es fügt sich, daß Hermann Graßmann bereits<br />
1853 <strong>die</strong>se Aussage experimentell<br />
untersucht und für das Farbensehen bestätigt<br />
gefunden hat. Sie heißt heute das zweite<br />
Graßmannsche Gesetz. Grassman hat<br />
darüber h<strong>in</strong>aus erkannt, daß <strong>die</strong>s <strong>die</strong> kritische<br />
empirische Gegebenheit ist, <strong>die</strong> e<strong>in</strong>e<br />
E<strong>in</strong>bettung der Farbreize A und ihrer Mischung<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Gruppe gestatten.<br />
Historische Anmerkung<br />
Wenngleich uns der Durchbruch Hölders<br />
(1901) im Verständnis der Messung vor<br />
gut e<strong>in</strong>hundert Jahren als e<strong>in</strong> lange zurückliegendes<br />
Ereignis anmuten mag, fand er<br />
doch vergleichsweise spät statt. Die Reduktion<br />
der Elementargeometrie auf e<strong>in</strong>e<br />
Axiomatik, aus der sämtliche Lehrsätze<br />
ableitbar s<strong>in</strong>d, wurde von Euklid etwa 350<br />
v. Chr. <strong>in</strong> Anknüpfung an e<strong>in</strong>e lange, bis<br />
nach Altägypten reichende Tradition geleistet.<br />
Die Verb<strong>in</strong>dung von Geometrie und<br />
Arithmetik gelang Descartes im siebzehnten<br />
Jahrhundert <strong>in</strong> der Entwicklung der<br />
analytischen Geometrie. Trotzdem dauerte<br />
es bis zum Ausgang des neunzehnten Jahrhunderts,<br />
ehe e<strong>in</strong>e der euklidischen geometrischen<br />
Axiomatik entsprechende für<br />
<strong>die</strong> natürlichen Zahlen durch Peano – nach<br />
Vorarbeiten von Frege und Dedek<strong>in</strong>d –