RegJo Suedniedersachsen 1/2013 - Polo+10 Das Polo-Magazin
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Bilder (5): Tilch Verwaltungsgesellschaft<br />
regjo südniedersachsen portrait 13<br />
das regionalprinzip<br />
Bild: Polygo<br />
Sven Tilch,<br />
Geschäftsführer der Tilch<br />
Verwaltungsgesellschaft<br />
„Wir hatten uns entschlossen,<br />
nicht an einem Ort weiter zu<br />
wachsen. Hunderte von Betten<br />
– in einem ländlichen Ort<br />
braucht man die nicht. Wer seine<br />
Lebensjahrzehnte in einer<br />
Gemeinde verbracht hat, will da<br />
auch seinen letzten Lebensabschnitt<br />
verbringen. Wir schaffen<br />
Angebote vor Ort, die den Menschen<br />
genau das ermöglichen<br />
sollen. Dazu müssen wir aber<br />
auch in der Gemeinde schauen,<br />
ob wir da überhaupt reinpassen<br />
oder als Fremdkörper wahrgenommen<br />
werden. In Unterzentren<br />
werden die Sozialeinrichtungen<br />
immer mehr zum<br />
gemeinschaftlichen Treffpunkte,<br />
je weniger Kommunikationsplattformen<br />
ein Dorf hat – Supermärkte,<br />
Schlachter. Man muss<br />
also als Betreiber bereit sein,<br />
auch vermehrt bestimmte gesellschaftliche<br />
Aufgaben zu übernehmen,<br />
wenn sie einem angetragen<br />
werden! <strong>Das</strong> kann der<br />
Mittagstisch sein oder Kindergarten<br />
und Schule mit Essen zu<br />
beliefern oder auch das Sponsoring.<br />
Etwa der Spielmannszug<br />
in Lindau – natürlich bin ich ein<br />
Teil davon: Die eine Generation,<br />
die vielleicht mit Gründer war, ist<br />
bei mir in einer Einrichtung und<br />
deren Urenkel bekommen von<br />
mir Essen im Kindergarten. Man<br />
muss in der Gemeinde netzwerkfähig<br />
sein und dieses Netz<br />
pflegen.“<br />
<strong>Das</strong> dörfliche Netz pflegen<br />
Die Tilch Verwaltungsgesellschaft aus Northeim ist regional verwurzelt. Der neue Kooperationspartner des <strong>RegJo</strong> hat im<br />
Dreieck Uslar, Katlenburg-Lindau und Friedland ein Netz an alternativen Pflegeeinrichtungen aufgebaut.<br />
Text: Sven Grünewald<br />
Angefangen hat alles mit zwei Betten in<br />
Uslar. Sven Tilchs Großmutter wurde seinerzeit<br />
zu Hause gepflegt – für Tilchs Mutter<br />
eine so prägende, erfüllende Erfahrung,<br />
dass die Lehrerin umschulte und<br />
sich zur Krankenschwester ausbilden ließ.<br />
Nach dem Tod der Großmutter wurde sie<br />
gefragt, ob sie nicht weiter Pflegebedürftige<br />
betreuen würde – ihr „Ja“ legte den<br />
Grundstein für das heutige Unternehmen.<br />
Aus den anfangs zwei Betten im ein-Frau-<br />
Betrieb ist <strong>2013</strong>, im 25. Jubiläumsjahr, eine<br />
Vielzahl von Einrichtungen geworden, die<br />
Pflege- und Seniorenheime, Behinderten-<br />
Einrichtungen, Betreutes Wohnen und<br />
Ambulante Pflege in Uslar, Northeim, Katlenburg-Lindau,<br />
Göttingen, Dransfeld,<br />
Groß Schneen und Friedland umfassen.<br />
Ein vielfältiger, bunter Blumenstrauß mit<br />
inzwischen etwa 320 Mitarbeitern.<br />
Eine klassische Bilderbuchentwicklung<br />
„vom Bauchladen bis zum größeren<br />
Betrieb“, wie Sven Tilch es beschreibt. Dieses<br />
persönliche Engagement, das den Pflegebetrieb<br />
von Anfang an kennzeichnete,<br />
hat sich bis heute erhalten – in Gestalt<br />
der relativ kleinen, vor Ort eingebundenen<br />
und gut vernetzten Pflegeeinrichtungen,<br />
aber auch im Anspruch an die Mitarbeiter.<br />
„Die oberste Priorität in meinem<br />
Unternehmen ist gesellschaftliche Teilhabe<br />
sowie soziale Integration der Betreuten<br />
zu ermöglichen und Sicherheit zu bieten“,<br />
sagt Sven Tilch. Sicherheit, das heißt<br />
Qualität in der Betreuung. Und die kommt<br />
von den Mitarbeitern. Die eigene Ausbildung<br />
im Betrieb ist für Tilch das A und O,<br />
ergänzt um ständige Fortbildung des Personals<br />
und ein Augenmerk auf die persönliche<br />
Entwicklung der Mitarbeiter, die an<br />
die herausfordernden Ansprüche der Pflege<br />
herangeführt werden müssen – eine fachliche<br />
Qualifikation ist ebenso wichtig wie<br />
menschliche Wärme und Vorurteilsfreiheit.<br />
Aufgrund dieser Haltung wurde das<br />
Unternehmen 2011 als eines der Top 100<br />
innovativsten Unternehmen im Mittelstand<br />
ausgezeichnet und führte 2012 sogar<br />
zum dritten Platz beim „Top Job“-Award<br />
für die besten Arbeitgeber.<br />
Bei all dem Erfolg ist die Bodenhaftung<br />
erhalten geblieben. Man versteht sich als<br />
regionales Unternehmen mit regionaler<br />
Verantwortung und dem nötigen Fingerspitzengefühl:<br />
Patentlösungen gibt es<br />
nicht, Konzepte werden immer an die lokalen<br />
Gegebenheiten angepasst und zusammen<br />
mit den dortigen Akteuren entwickelt.<br />
Dieses Regionalprinzip ist eine Grundüberzeugung<br />
von Tilch: „Wir tragen mit dazu<br />
bei, Gemeindestrukturen zu erhalten. Zum<br />
Beispiel beliefert uns immer die Apotheke<br />
vor Ort. <strong>Das</strong> sehen andere Unternehmen<br />
anders. Aber ich verdiene mein Geld in der<br />
Region und ich verteile es dort.“ Deshalb ist<br />
Tilch auch „Schulbetrieb“ und Kooperationspartner<br />
der Carl-Friedrich-Gauß-Schule<br />
in Groß Schneen: Er bietet den Schülern alljährlich<br />
20 Praktikumsplätze. Zudem geht<br />
es dieses Jahr am 20. Juni zu den Gandersheimer<br />
Domfestspielen, zu denen Tilch 450<br />
Schüler und rund 550 in seinen Einrichtungen<br />
wohnende Senioren zu einem exklusiv<br />
aufgeführten Kabarett mit anschließendem<br />
Mittagessen einlädt.