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RegJo Suedniedersachsen 1/2013 - Polo+10 Das Polo-Magazin

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88 Lifestyle regjo südniedersachsen regjo südniedersachsen Lifestyle 89<br />

Genießen für Feingeister<br />

In unserer neuen Kolumne wagen wir den Ausflug in die beinahe grenzenlose Vielfalt von Genuss und Ästhetik – seien<br />

es modische Stilfragen oder besondere Getränke. Den Anfang machen Tee und Whisky.<br />

Text: Sven Grünewald, Christian Michaelis Fotografie: Sven Grünewald<br />

Wissen Sie, was Tee und Whisky gemein ist? Die mehreren hundert<br />

Sorten und Abfüllungen, die weltweit produziert werden, warten<br />

mit einem je eigenen Universum an Aromen auf, die man entdecken<br />

kann – den Entdeckerwillen vorausgesetzt. Dieser sowie eine<br />

gewisse Ausdauer sind auch nötig, will man hier wirklich genießen.<br />

Klar kann man den Whisky an der Bar runterkippen oder den<br />

Tee nebenbei auf Arbeit schlürfen, aber um wirklich etwas davon<br />

zu haben, um in den Geschmack eintauchen zu können und zu<br />

verstehen, was da vor einem in Glas oder Porzellanschälchen kreist,<br />

sollte man sich Zeit nehmen. Vor allem aber heißt das: Vorurteile<br />

über Bord! Experimentierfreude an!<br />

Whisky aus Schottland – Scotch in den USA<br />

Ob der Whisky nun in Irland oder Schottland erfunden wurde, ist<br />

nicht so klar. Doch in Schottland entwickelte sich eine so reiche<br />

Brenntradition, dass heute die erste Assoziation beim Gedanken an<br />

das bernsteinfarbene Getränk dem Land der karierten Röcke gilt.<br />

Dabei hat das Whiskybrennen mittlerweile eine globale Tradition:<br />

Indien zum Beispiel produziert mit Abstand den meisten Whisky,<br />

in Japan haben Enthusiasten schon 1923 die erste Brennerei aufgebaut<br />

und auch in Deutschland begannen vor drei Jahrzehnten<br />

einige Brennereien damit, eigenen Whisky herzustellen. Der nördlichste<br />

davon wird gleich um die Ecke im Harzvorland gebrannt.<br />

Whisky<br />

ist „In“. Mal wieder, muss man allerdings sagen,<br />

denn<br />

der Genuss von Spirituosen ist immer<br />

wie-<br />

der Moden und Schwankungen<br />

unterworfen und so ging es<br />

auch mit dem Whisky<br />

mal bergauf<br />

und<br />

mal bergab.<br />

Doch<br />

auch<br />

das<br />

Angebot an Whisky veränderte sich. Der große Wandel lässt<br />

sich ziemlich genau auf das Jahr 1963 datieren – als die schottische<br />

Brennerei Glenfiddich den ersten Single Malt (Abfüllung von<br />

Whisky nur einer Brennerei) abfüllte, groß auf den Markt brachte<br />

und damit kommerziellen Erfolg hatte. Bis dahin war ihr Single<br />

Malt Whisky für die Firmen vorrangig ein Rohstoff zur Herstellung<br />

von Blended Scotch (Mischung mehrerer Whiskys von verschiedenen<br />

Brennereien), dessen Herstellung wiederum eine konstante<br />

Qualität von den einzelnen Brennereien verlangte: Im schottischen<br />

Johnnie Walker Black Label finden sich zum Beispiel über 40 verschiedene<br />

Whiskys zum Aromakonzert zusammen und natürlich<br />

muss diese Mischung auch immer gleich schmecken. Mit 90%<br />

Marktanteil wird die schottische Whisky-Welt immer noch von<br />

den Blended Whiskys dominiert, wenn auch das Angebot durch<br />

die Single Malts deutlich zugenommen hat. <strong>Das</strong>s aber Single Malt<br />

nun besser wäre als Blended Scotch lässt sich nicht pauschal sagen.<br />

Jeder Whisky ist eben anders.<br />

In Schottland gibt es derzeit über 100 Brennereien, die ihrerseits<br />

auch noch verschiedene Editionen auf den Markt bringen, so<br />

dass die geschmackliche Erlebniswelt recht vielfältig ist. Was auch<br />

mit der komplexen Aromaentstehung zu tun hat: Die Form der<br />

Brennblasen zur Destillation, der Fermentationsprozess, in geringem<br />

Maße das verwendete Wasser, die Lagertemperatur und die<br />

Lagerzeit tragen ihren Teil dazu bei, mehr noch die Trocknungsart<br />

der Gerste (ob im Torfrauch oder nicht). Vor allem und insbesondere<br />

aber sind es die Fässer, die den Whisky auf ihre jeweils sehr<br />

individuelle Art reifen lassen. Abhängig vom Volumen und dem<br />

verwendeten Holz sowie dem vorherigen Fassinhalt entwickelt sich<br />

der Whisky unterschiedlich. Da anders als etwa beim Wein die Herkunft<br />

der Gerste und damit die Umgebung sowie das Jahrgangsklima<br />

(auch als Terroir bekannt) geschmacklich so gut wie keine<br />

Rolle spielen, kann rein theoretisch jede Brennerei der Welt, egal<br />

wo sie steht, denselben Whisky herstellen. Entsprechend schwierig<br />

ist es auch, von regionalen Besonderheiten zu sprechen, auch wenn<br />

man Schottland klassischerweise in sechs „Whiskyregionen“ unter-<br />

teilt: Campbeltown, die Inseln, die Insel Islay („Die wohl<br />

wichtigsten 620 Quadratkilometer der Whisky-Welt“), die<br />

Lowlands, die Highlands, die Speyside.<br />

Also was jetzt: Blended Scotch oder Single Malt?<br />

Highland, Lowland oder Island? Rauchig, salzig, süßlich,<br />

fruchtig, leicht, kräftig? Vanille-, Honig- oder Eichennoten?<br />

10, 15, 25 Jahre alt? Whisky ist Vielfalt. Der einfachste<br />

und beste Weg, sich dem Whisky zu nähern, ist daher eine<br />

Blindverkostung bei einem Whiskyseminar. Name, Image,<br />

Preis der Sorten werden ausgeblendet, man konzentriert<br />

sich voll auf seinen Geruchs- und Geschmackssinn und<br />

verkostet mehrere Whiskys im direkten Vergleich, um die<br />

Note zu finden, die einem am meisten zusagt. Alternativ<br />

kann man sich auch durch eine gute sortierte Whisky-Bar<br />

trinken. <strong>Das</strong> Besondere am Whisky – kommt man erstmal<br />

mit dem Brennen des hochprozentigen Alkohols klar – ist<br />

die Gelegenheit, sich bewusst mit Geruch und Geschmack<br />

auseinanderzusetzen. Kleiner Tipp: Whisky bei Zimmertemperatur<br />

und aus einem kelchartigen „Nosing Glass“<br />

trinken, damit man etwas vom Geruch mitbekommt.<br />

Für Hans Strenge, der in Göttingen bei Weinhandlung<br />

Bremer die Whiskyseminare leitet, macht einen<br />

guten Whisky aus, „dass er Reife hat, aber auch den Brennereicharakter<br />

durchscheinen lässt; dass er viele Aromen<br />

hat, die harmonisch zusammenarbeiten, dass er Komplexität<br />

hat, nach möglichst Vielem schmeckt und bei alldem<br />

angenehm zu trinken ist.“ Welcher Whisky dem<br />

entspricht, das muss letztlich jeder für sich selbst herausfinden.<br />

Doch wem was nun besonders gut schmeckt,<br />

ist vom Preis ziemlich unabhängig – der entsteht hauptsächlich<br />

durch die Lagerzeit. Ein alter, lange gereifter<br />

Whisky ist teurer und schmeckt definitiv anders als ein<br />

junger, aber das muss nicht heißen, dass er einem besser<br />

schmeckt. Da zudem das Qualitätsbewusstsein der Produzenten<br />

bei gelagerten Spirituosen sehr hoch sein muss,<br />

kann selbst die Qualität beim Discounter noch als vernünftig<br />

bezeichnet werden, wenngleich dort unter Fantasienamen<br />

eher die B-Abfüllungen über die Theke gehen.<br />

So groß wie die aromatische Vielfalt des Whiskys sind<br />

auch die Preisspannen: <strong>Das</strong> geht bei vielleicht 15 Euro<br />

los und endet in Bereichen, in denen der Whisky schon<br />

zur Geldanlage taugt – 2012 wurde eine Flasche „Glenfiddich<br />

1937“ (destilliert 1937, abgefüllt 2001) für $71.700<br />

versteigert. <strong>Das</strong> qualitativ gute Einstiegssegment bei Single<br />

Malts liegt hingegen zwischen 30 und 50 Euro; in der<br />

Spanne zwischen 80 und 120 Euro finden sich dann schon<br />

etwas feinere Abfüllungen, doch selbst ein 25 Jahre alter<br />

Bowmore, der bei Weinhandlung Bremer für 250 Euro zu<br />

haben ist, ist noch eine „Standard-Abfüllung“ – ältere und<br />

limitierte Editionen liegen dagegen bisweilen bei 3.000 bis<br />

5.000 Euro. Letztlich hat schottischer Whisky für jeden<br />

Geschmack und jeden Geldbeutel etwas zu bieten.<br />

TEE – Viel mehr als<br />

buntes Wasser<br />

Tee wird als Getränk nur wenig ernst genommen. Namen wie „White<br />

Monkey“ laden zum Lächeln ein oder wecken Assoziationen an Psychopharmaka.<br />

Obwohl der Deutsche jenseits von Ostfriesland immer<br />

noch im Schnitt 26 Liter „gefärbtes Wasser“ pro Jahr trinkt, tut er<br />

dies überwiegend, weil grad kein Kaffee zur Hand ist oder weil es<br />

halt „irgendwie gesund“ ist. Cafés gibt es in Hülle und Fülle, Tee-<br />

„Cafés“ sucht man jenseits der quietschbunten Zuckerbomben-Bubble-Tea-Läden<br />

vergebens. Es ist schon ein „Oho!“ wert, wenn man in<br />

der Getränkekarte auf eine separate Kategorie „Tee“ stößt, doch in<br />

diesen Fällen und selbst im asiatischen Restaurant, sozusagen an den<br />

kulturellen Wurzeln des Tees, erlebt man regelmäßig ein Fiasko, wenn<br />

Beutel oder Blätter Ewigkeiten im Wasser liegen und vor sich hin bittern.<br />

Auch auf der Straße zuckt der Teekenner zusammen, wenn beim<br />

Stichwort Tee erstmal an Kräuteraufgüsse wie Kamille gedacht wird<br />

oder im Teeladen nach Pflaume-Zimt-Aroma gefragt wird und sich die<br />

Kunden dabei wie Profis vorkommen.<br />

Ein gutes Image hat der Tee dennoch, auch wenn dafür weniger<br />

der Geschmack verantwortlich zeichnet. Zwar sind direkte Ursache-<br />

Wirkungs-Beziehungen bei den komplexen Stoffwechselvorgängen im<br />

menschlichen Körper<br />

immer schwierig,<br />

aber die einzelnen<br />

I nhaltsstoffe<br />

ver sprec hen v iel<br />

Gesundheitsförderliches.<br />

Kurzum: <strong>Das</strong>s<br />

Tee ein Getränk für<br />

Genießer mit höchst<br />

individuellem Charakter<br />

und einer<br />

enormen Breite an<br />

Aromen ist, gehört<br />

zu seinen unbekannteren<br />

Seiten.<br />

Im Supermarkt –<br />

hier gehen über 50%<br />

des Tees über die<br />

Ladentheke – gibt es<br />

zwar viele Hersteller, doch die haben jeweils nur einen Schwarztee,<br />

vielleicht noch differenziert nach Assam, Ceylon oder Darjeeling, oder<br />

nur einen Grüntee im Angebot. Dabei handelt es sich um Mischungen<br />

mit einem immer einheitlichen Geschmack. <strong>Das</strong> ist der Kern des<br />

Problems: Die dortigen Tees sind variantenarm und billig – sowohl im<br />

Preis als auch allermeistens in der Qualität. <strong>Das</strong>s hier kein Käufer „auf<br />

den Geschmack kommt“, verwundert nicht.<br />

Dazu ein Beispiel, das stellvertretend für die Tee-Vielfalt steht:<br />

<strong>Das</strong> indische Anbaugebiet Darjeeling produziert einige der feinsten<br />

Schwarztees weltweit – in über 80 Teegärten, die wie beim Wein je

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