RegJo Suedniedersachsen 1/2013 - Polo+10 Das Polo-Magazin
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XXX portrait bauen spezial Regjo Südniedersachsen<br />
Regjo Südniedersachsen bauen spezial Portrait XXXI<br />
Der Denkmalaktivist<br />
Die Sanierung alter Fachwerkhäuser und historischer Gemäuer ist seine Leidenschaft: In Hann.<br />
Münden brachte Bernd Demandt mit seinem Engagement eine kleine Revolution ins Rollen.<br />
Bild: Annegret Adam<br />
Bild: Hotel Aegidienhof<br />
2008 erwarb Bernd Demandt (links) die St. Aegidien-Kirche für einen symbolischen Euro. Nach nur acht Wochen Umbauzeit finden Gäste heute<br />
sowohl auf den neu arrangierten Kirchenbänken als auch am ehemaligen Altar, an der Sakristei und auf der Empore Platz.<br />
Text: Annegret Adam<br />
In allen Ecken und Winkeln der Hann. Mündener Innenstadt ertönt<br />
der Lärm von Kreissägen, Zementmischern, es wird gehämmert und<br />
geklopft. Bernd Demandt ist daran nicht ganz unschuldig, hat er<br />
doch eine kleine „Sanierungsrevolution“ in der Drei-Flüsse-Stadt<br />
losgetreten. Seit Mitte der 90er Jahre saniert der gelernte Industriepolsterer,<br />
Tischler und Historiker für Ur- und Frühgeschichte alte<br />
Fachwerkhäuser, die Restauration ist inzwischen die größte Leidenschaft<br />
des 47-Jährigen. Dabei war der Bau schon immer sein<br />
Revier. Doch früher schob er nur Schubkarren, schleppte Bretter,<br />
sägte und schraubte. Heute ist er selbst Bauherr.<br />
Doch es zog ihn immer mehr in die Restauration. Bereits in seiner<br />
Freizeit war er von 1982 bis 1992 als Grabungstechniker bei der<br />
Arbeitsgemeinschaft für Ur- und Frühgeschichte in Witzenhausen<br />
tätig. Er entschied sich für ein Studium, sah die Universität jedoch<br />
kaum von Innen, sondern nahm stattdessen an Ausgrabungen in<br />
Norddeutschland teil. Dann erfuhr er von einer Verkaufsaktion in<br />
Hann. Münden: Mehrere sanierungsbedürftige Fachwerkbauten<br />
sollten für eine Mark an mutige Investoren verkauft werden. „Ich<br />
schaute mir einige Objekte an, entschied mich dann aber zunächst<br />
für ein anderes“, so der im hessischen Witzenhausen Aufgewachsene.<br />
Für 220.000 D-Mark kaufte Demandt ein Haus aus dem Jahr<br />
1549, sanierte dieses innerhalb von drei Jahren komplett und zog<br />
darin ein.<br />
Aus einer wilden Idee seiner damaligen Lebensgefährtin, die<br />
sich in ihrer Diplomarbeit mit der wirtschaftlichen Umnutzung alter<br />
Fachwerkhäuser beschäftigte, folgte 1999 Demandts nächstes Projekt:<br />
ein eigenes Hotel. In neun Monaten Sanierungszeit entstand<br />
so aus einem fast 500 Jahre alten Haus das Fahrradhotel „Aegidienhof“.<br />
Mit seinen 36 Betten ist es vor allem in den Sommermonaten<br />
häufig ausgebucht. Im Hotel finden sich in allen Winkeln<br />
kleine Details wie historische Feuerwehrhähne, die aus den Treppenhauswänden<br />
ranken, zudem wurden alte Türen und Böden zum<br />
Teil aufgearbeitet und integriert. Zwar genügt das Haus nicht den<br />
höchsten energetischen Standards, die Heizkosten aber hielten sich<br />
deutlich in Grenzen. Ein Grund dafür sind bei der Sanierung verwendete<br />
Naturmaterialien wie Lehm, die Feuchtigkeit und Wärme<br />
gut regulieren.<br />
Eine Herausforderung bei der Sanierung war der Brandschutz.<br />
„Für diesen muss man von vornherein nach optimalen Lösungen<br />
suchen“, so Demandt. Beispielsweise wurde an der Außenfassade<br />
des Hauses eine Feuertreppe errichtet. Wirkliche Probleme bereitet<br />
hingegen die Statik des Hauses. Grund: Im Laufe der Jahrhunderte<br />
wurde das Haus immer wieder überformt – wichtige Gebäudeteile<br />
sogar entfernt. „In solchen Fällen muss entschieden werden,<br />
welche Teile wieder eingebaut werden, um das Haus standsicher zu<br />
machen.“ Mit diesem Problem hatte Demandt auch bei seinem dritten<br />
Projekt, dem „Gästehaus Tanzwerder“, zu kämpfen. Heute leben<br />
in dem rund 500 Jahre alten Kaufmannshaus in allen Zimmern<br />
und Ecken der fünf Ferienwohnungen längst vergangene Zeiten<br />
auf: Biedermeiertapeten im Wohnzimmer, im Schlafzimmer wuchtige<br />
Holzbetten aus der Gründerzeit und sogar ein mittelalterlicher<br />
Brunnen und Gewölbekeller sind erhalten geblieben.