Der Ministerprasident des Landes Nordrhein-Westfalen
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Sauerländer 40 Heimatbund<br />
SAUERLAND<br />
Noch wochenlang<br />
„unter Gewehr"<br />
In meiner Erinnerung an die Kapitulation<br />
der Deutschen Wehrmacht und die<br />
Ereignisse vor und nacli diesem Tage haftet<br />
nicht metir aiizuviel. Die 11. Staffel <strong>des</strong><br />
Naciitjagdgeschwaders 4, <strong>des</strong>sen Hauptfeldwebei<br />
ich zu Kriegsende war, befand<br />
sich seit Wociien sclion auf dauemder<br />
Fiucht vor feindliciien Luftangriffen auf<br />
die nocFi brauchibaren Fiugplatze im Westen<br />
Deutsctilands. Fast kaum ein Nactiteinsatz<br />
verging ohne schwere personelle<br />
und materieiie Veriuste. Nachi einem veriieerenden<br />
Angriff auf den Fliegeriiorst<br />
Giitersloh verlegte die Einheit - das war<br />
nur naclits noch mogiicii - nach Wunstorf-Hannover.<br />
Dann liieB es weiter zuruck<br />
nacli Fiensburg. Kaum zu besciireiben,<br />
weicfie Versorgungssciiwierigkeiten<br />
auftraten.<br />
Am 7. Mai verkiindeten die Lautsprecher<br />
die Kapituiation fur den 8. Mai. Die<br />
Kasernenleitung gab fur alle Einheiten<br />
bekannt, wir wurden an diesem Tage von<br />
Englandern „ubernommen". Dazu wurde<br />
ein Offizierskommando morgens auf<br />
dem Fiiegerhorst landen. Bei geringster<br />
Abwelir hatten wir mit GegenmaBnalimen<br />
zu reclinen. So standen wir am<br />
8. Mai morgens in Erwartung der kommenden<br />
Dinge vor unserer Unterkunft,<br />
bis dann tatsacJiiicfi einige engiisciie Masctiinen<br />
sicti naherten. Sie flogen in nicFit<br />
ailzu gro8er Hohe und piotzlicii, wie der<br />
Blitz aus heiterem Himmel, fielen etiictie<br />
Bomben aus iliren SciiacFiten. Was iiatte<br />
das zu bedeuten? War das der FriedensgruB<br />
Oder ein Einsdiiicliterungsmanover?<br />
Wir haben es nie erfahren.<br />
Als spater dann in einer zweiten Welle<br />
einige Tommys landeten, wurden die<br />
strengen VerhaltensmaSregeln verkijndet.<br />
Wir aber ratselten an dem Wort<br />
..ubernommen". Was wijrde geschehen?<br />
Die tollsten Parolen wurden verbreitet.<br />
Wurde Schleswig-Holstein russisctie Besatzungszone<br />
und wir ubergeben? Soilten<br />
wir in Danemark oder Norwegen Wiedergutmachungsarbeit<br />
verrichten? Ein<br />
Teil sail sich schon als „PW"-Holzfaller<br />
(PW = Prisoner of War) auf dem Transport<br />
nach Canada. Immer wteder aber<br />
kursierte das - von einigen unserer Offiziere<br />
mit lancierte - Gerucht. wir kamen<br />
mit englisch-amerikanischer Unterstutzung<br />
nochmals zum Einsatz.<br />
Tatsache war, daB wir noch Wochen<br />
„unter Gewehr" standen, unsere voile<br />
Uniform mit Rangabzeichen trugen und<br />
an samtlichen flugtauglichen Maschinen<br />
nur die Propeller entfernt, oder Dusenelemente<br />
ausgebaut, und diese „V6gel" bestens<br />
„eingemottet" wurden. Nach Wochen<br />
erst erfolgte dann die Verlegung<br />
aller Soldaten als Kriegsgefangene in Lager<br />
zwischen Kanal und Eider, und die<br />
Hungerepoche verstarkte sich von Tag zu<br />
Tag. Karl Heinz Strothmann<br />
Bomben auf Sundern<br />
Meine Mutter hatte ein Textilladchen.<br />
und da ein noch bestehen<strong>des</strong> Textillager<br />
aufgelost werden sollte, muBten wir zu<br />
einem Geschaft in Sundern Mitte, wo dieses<br />
Lager unter den Geschaften aufgeteilt<br />
werden sollte, um die Textilien dann<br />
weiterzuverkaufen. Mein GroBvater und<br />
ich - ich war gerade 12 Jahre alt geworden<br />
- standen vor dem Hause Biirmann,<br />
um nach einem Gefahrt Ausschau zu halten,<br />
das uns unseren Lageranteil heimwarts<br />
fahren wiirde.<br />
Plotzlich das Gerausch von Flugzeugen,<br />
ohne daB es Alarm gegeben hatte. Wir<br />
verschwanden schnell im Keller <strong>des</strong> Hauses<br />
Burmann, in dem ich auch meine Mutter<br />
traf. Wir waren zu 80 Personen dort<br />
unten und horten auch schon Bombeneinschlage.<br />
Dann fielen auch auf das Haus<br />
Burmann drei Bomben. Gott sei Dank<br />
blieb der Kellerausgang frei, das Haus<br />
war nach vorne eingesturzt Wegen <strong>des</strong><br />
dichten Staubes dachten wir zunachst an<br />
einen Brand; die Kellerdecke hatte wegen<br />
einer Abstutzung gehalten.<br />
Wir gingen dann auf Umwegen nach<br />
Hause und trafen den Rest unserer Famine<br />
- mein Vater allerdings war Soldat,<br />
- der sich groBe Sorgen gemacht hatte,<br />
denn man hatte von dem Bombardement<br />
in Mitte Sundern gehort. Von da an<br />
setzte Artillerie-BeschuB ein, und wir<br />
waren dann drei Tage mit unseren samtlichen<br />
Nachbarn in unserem elterlichen<br />
Keller untergebracht, da dieser Keller als<br />
besonders sicher gait.<br />
Einem Soldaten, der unserem Hause<br />
gegeniiber mit einem MG auf ein amerikanisches<br />
Flugzeug schieBen wollte, wurde<br />
von beherzten Mannern unserer Nachbarschaft<br />
das MG entwunden; er wurde<br />
weggejagt.<br />
Am Abend bevor die Amis einrijckten,<br />
machten die Manner weiBe Fahnen fur<br />
je<strong>des</strong> Haus zurecht und das mit Schwermut,<br />
well die Zukunft ungewiB vor ihnen<br />
stand. Am anderen Morgen rCickten dann<br />
die Amis ziemlich friedlich ein; sie warfen<br />
nur einen Blick in unser Haus, und die<br />
Ubergabe war vollzogen. Am Abend bekamen<br />
wir eine Einquartierung von 8<br />
amerikanischen Soldaten. die auBerst<br />
hoflich und bescheiden bei uns lebten. Sie<br />
sahen an unserer Hausausstattung, daB<br />
wir katholisch sind, und sie waren es<br />
auch.<br />
Meine Mutter auBerte die Befurchtung,<br />
daB wir dem Osten ausgeliefert<br />
wurden, die der Offizier zerstreute und<br />
ihr das Angebot machte, wenn das auf<br />
uns zukommen wurde, dann wiirde er<br />
mich und meinen Bruder mit nach Amerika<br />
nehmen.<br />
Zum SchluB sei noch erwahnt, daB der<br />
Bombenangriff in dem Augenblick eingesetzt<br />
haben soil, als ein deutscher Offizier<br />
die bereits an unserem Kirchturm gehiBte<br />
weiBe Fahne wieder eingezogen habe.<br />
Jedenfalls hatte Sundern bis drei Tage<br />
vor dem Einrijcken der Amerikaner so<br />
gut wie keine Kriegsschaden erlitten;<br />
jetzt war die ganze Ortsmitte zerstort,<br />
einschlieBlich eines Teils der Kirche, mehrerer<br />
Schulen, und es gab noch unnotig<br />
mehrere To<strong>des</strong>opfer.<br />
Franz-Josef Tigges<br />
Kriegsende am 3. Mai 1945,<br />
21.00 Uhr<br />
Von der Kapituiation und dem Selbstmord<br />
Hitlers habe ich erst viel spater gehort,<br />
denn der Krieg war fijr uns am<br />
3. Mai beendet. An diesem Tag traten wir<br />
den Weg in eine groBe UngewlBheit an.<br />
Eine UngewiBheit, die aber auch sehr<br />
starke positive Seiten hatte. Gingen wir<br />
doch zu diesem Zeitpunkt uber die amerikanischen<br />
Linien und damit in amerikanische<br />
Gefangenschaft statt in russische<br />
Gefangenschaft, womit wir eigentlich gerechnet<br />
hatten.<br />
Ort der Handlung: Mecklenburg. Seit<br />
Tagen hatten wir uns mit durchbrechenden<br />
russischen Einheiten herumgeschlagen,<br />
seit Tagen keine verniinftige Verpflegung<br />
erhalten; diese wurde organisiert,<br />
wie man das damals nannte. Versprengte<br />
wurden schnell wieder zu<br />
„ZBV-Einheiten zusammengestellt Tat-<br />
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