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Der Ministerprasident des Landes Nordrhein-Westfalen

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Sauerländer Heimatbund<br />

SAUERLAND<br />

35<br />

nicht unkritisch hin. War damals nicht ein<br />

Getto fur die Vertriebenen geschaffen<br />

worden, mehr der Ausgrenzung als der<br />

Eingliederung in die Mescheder Bevolkerung<br />

dienend? Durcli interviews mit den<br />

Bewohnern der Bauernsiedlung lieB sicii<br />

feststellen, da6 die Befragten sicii nicht<br />

diskriminiert vorkommen, sondern stolz<br />

auf ihr Eigentum sind, das sie sich durch<br />

zahes Arbeiten und groSe Sparsamkeit<br />

geschaffen haben. Nach dieser augenfalligen<br />

Demonstration ihrer Tuchtigkeit in<br />

Form eigener Mauser und schoner Garten<br />

fijhlen sie sich auch von den Einheimischen<br />

akzeptiert.<br />

Zum SchluB sei hier das Titeibiid der<br />

am 28. 2. 1985 an die Hamburger Jury<br />

eingesandten Arbeit vorgesteiit. <strong>Der</strong><br />

Schuler Jens Reiche, durch seinen<br />

Wunsch nach einem Architekturstudium<br />

besonders motiviert, hatte sich intensiv<br />

mit den Baupianen der ..Bauernsiedlung"<br />

beschaftigt und ihren jetzigen Zustand.<br />

nachdem inzwischen viele der fruheren<br />

Stallungen in Garagen umgewandeit<br />

worden sind, in zahlreichen Photos festgehaiten.<br />

In seiner Tuschezeichnung<br />

kombiniert er mehrere Aspekte: im Hintergrund<br />

Mesche<strong>des</strong> Wappen. St. Waiburga-<br />

und Abteikirche. rechts ein charakteristisches<br />

Haus der Bauernsiedlung<br />

und im Vordergrund eine Vertriebenengruppe.<br />

Dabei handelt es sich um die vergroBerte<br />

Wiedergabe einer Briefmarke.<br />

1955 zur zehnjahrigen Wiederkehr der<br />

Vertreibung herausgegeben. Sie wurde<br />

sofort zu einem Politikum, da die Regierung<br />

in Pankow dagegen protestierte.<br />

Postsendungen mit dieser Marke in der<br />

DDR zu befordern. Vielleicht kann diese<br />

SchiJlerarbeit besonders gut veranschaulichen.<br />

wie die Beschaftigung mit dem<br />

Thema Vertreibung politisches BewuBtsein<br />

und menschliche Anteilnahme bei<br />

jungen Menschen zu wecken vermag.<br />

Ein kurzer Nachtrag speziell fur Lehrer:<br />

<strong>Der</strong> Wettbewerb Deutsche Geschichte<br />

wird sich gewiB bald neuen Aspekten zuwenden.<br />

Es gibt jedoch seit 1953 in NRW<br />

den Schulerwettbewerb ..Die Deutschen<br />

und ihre ostlichen Nachbarn". der sich<br />

ganz dieser Thematik verschrieben hat.<br />

<strong>Der</strong> vorstehende Bericht hat hoffentlich<br />

verdeutlicht, da6 in der Beschaftigung<br />

mit der Rolle der Vertriebenen fur die<br />

Nachkriegsgeschichte <strong>des</strong> Sauerlan<strong>des</strong><br />

noch viele Arbeitsmoglichkeiten enthalten<br />

sind.<br />

Ruchtlingsprobleme in Olpe<br />

Seit 1973 richtet die Korber-Stiftung in<br />

Hamburg den ..Schulerwettbewerb Deutsche<br />

Geschichte um den Preis <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>prasidenten"<br />

aus. Nicht ..kleine Wissenschaftler"<br />

strebt der Schulerwettbewerb<br />

an, sondern Jugendliche. die ohne<br />

professionelle Absichten ihren historischen<br />

Wissens- und Reflexionshorizont<br />

erweitern heiBt es in den Materialien<br />

zum Schulerwettbewerb Deutsche Geschichte<br />

1984/85. Hamburg 1984. Nach<br />

der Methode <strong>des</strong> ..forschenden Lernens"<br />

soli zur Forderung eines demokratischen<br />

GeschichtsbewuBtseins der Jugend beigetragen<br />

und ..die Einsicht in die Rechte<br />

und Pflichten <strong>des</strong> Staatsbiirgers im freiheitlichen,<br />

sozialen Rechtsstaat vertieft<br />

werden" formulieren die Ausschreibungen<br />

zum Wettbewerb.<br />

Nachdem in den beiden vorhergehenden<br />

Wettbewerben (1980/81 und<br />

1982/83) der „Alltag im Nationalsozialismus"<br />

vor dem und im Zweiten Weltkrieg<br />

Untersuchungsgegenstand fiir die Schuler<br />

gewesen war, lautete das Motto <strong>des</strong><br />

Wettbewerbs 1984/85 „Jugendliche<br />

erforschen die Nachkriegszeit". Die Ausschreibungen<br />

sahen vor, daB dieTeilnehmer<br />

aus dem Themenkomplex „Alltag im<br />

Nachkriegsdeutschland" ein bestimmtes<br />

Thema mit lokalem Bezug auswahlen<br />

und behandeln sollten. Jungere Schulergruppen<br />

durften sich dabei der Hilfe eines<br />

Tutors bedienen.<br />

Auf Anregung ihres Klassen- und Geschichtslehrers,<br />

der sich auch als Tutor<br />

zur Verfugung stellte, unternahm die<br />

Klasse 9a <strong>des</strong> Stadtischen Gymnasiums<br />

Olpe den Versuch, etwas Licht in das Dunkel<br />

der letzten Kriegs- und ersten Nachkriegsjahre<br />

im Kreis Olpe zu bringen. Dabei<br />

sollten besonders die Schwierigkeiten<br />

der Fliichtlinge, die den genannten Zeitabschnitt<br />

im hiesigen Raum nicht unerheblich<br />

mitgepragt haben, dargelegt<br />

werden.<br />

Mit der Bildung eines Redaktionsstabes,<br />

bei dem alle Faden zusammenliefen,<br />

begannen die Forschungsarbeiten der 9<br />

Schulerinnen und 24 Schuler. Sie suchten<br />

einzeln oder in kleinen Gruppen in Zeitungs-,<br />

Kirchen-, Behorden-, Firmen- und<br />

Privatarchiven nach Quellen und befragten<br />

ihre GroBeltern und Eltern sowie altere<br />

Mitmenschen nach deren Erinnerungen<br />

und Erfahrungen zum betreffenden<br />

Zeitraum. Korrespondenzen mit Geschaftsleuten<br />

und Privatpersonen sowie<br />

Gesprache mit den Kreisgeschaftsstellen<br />

von Gerhard Rusche,<br />

Drolshagen<br />

der beiden groBen Parteien lieferten weitere<br />

wichtige Informationen. Bei Besichtigung<br />

<strong>des</strong> Gelan<strong>des</strong> der ehemaligen<br />

Fluchtlingslager Brun und Rothemiihle<br />

(Gemeinde Wenden) konnten an Ort und<br />

Stelle Eindrijcke gesammelt und Zeitzeugen<br />

interviewt werden. Einzelne Passagen<br />

und Artikel in Biichern. Chroniken,<br />

Fest- und Zeitschriften aus dem Kreis<br />

Olpe vervollstandigten die gewonnenen<br />

Einsichten.<br />

Arbeitsergebnisse<br />

Anhand der zusammengetragenen<br />

Materialien und der erhaltenen Auskiinfte<br />

verfaBten die Schuler und Schulerin-<br />

nen ihre Berichte, die vom Redaktionsstab<br />

unter Anleitung <strong>des</strong> Tutors geordnet,<br />

redigiert und durch passende Dokumente<br />

und Fotos erganzt wurden. Sie<br />

enthalten auf 137 Seiten im wesentlichen<br />

folgende Ergebnisse:<br />

Die Unterbringung und Versorgung der<br />

rund 20 000 Evakuierten, Fluchtlinge und<br />

Vertriebenen bei Kriegsende im Kreis<br />

Olpe stellten die Behorden und Einheimischen<br />

vor fast unlosbare Probleme. Das<br />

Zusammenleben der vielen Menschen<br />

auf engstem Raum und der Mangel an<br />

Nahrungsmitteln und Brennmaterial forderten<br />

die Entstehung und Ausbreitung<br />

von Krankheiten. Industrie und Handel im<br />

Kreis Olpe kamen nur langsam und unter<br />

anderem mit Hilfe der Neubijrger wieder<br />

.,auf die Beine"; so konnte gleichzeitig deren<br />

Problem der Arbeitslosigkeit weitgehend<br />

gelost werden.<br />

Die groBe Not der Bevolkerung in alien<br />

Lebensbereichen fuhrte zu MiBmut, MiBtrauen<br />

und allgemeiner Depression.<br />

Andererseits lernten die Menschen, einander<br />

zu helfen; sie entwickelten ein zuvor<br />

kaum gekanntes Zusammengehorigkeitsgefiihl.<br />

Fiir die Neuburger setzten<br />

sich politische und karitative Gruppen,<br />

aber auch Privatpersonen ein. Teilweise<br />

schlossen sich Ruchtlinge zu Interessengruppen<br />

zusammen, ohne da3 sie viel<br />

ausrichten konnten.<br />

Die meisten Ruchtlinge und Vertriebenen<br />

sind im Kreis Olpe heimisch gewor-<br />

SHB Meschede Sauerlaender Heimatbund<br />

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