AGG - SoliServ
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. Gerichtliche Durchsetzbarkeit<br />
Haben die Betriebsräte die außergerichtlichen Möglichkeiten der gütlichen Einigung erfolglos<br />
ausgeschöpft, kommt zur effektiven Durchsetzung der Rechte meist nur die Klage beim<br />
Arbeitsgericht in Betracht.<br />
Das Klagerecht des Betriebsrates ergibt sich aus § 23 Abs. 3 BetrVG i.V.m.<br />
§ 17 Abs. 2 <strong>AGG</strong>, hierzu oben ausführlich Durchsetzung der Rechte unter III.<br />
Wesentliche Neuerung im Rahmen des <strong>AGG</strong> ist die Regelung der Beweislast.<br />
Grundsätzlich ist es so, dass derjenige, der einen Anspruch (gerichtlich) geltend macht, das<br />
Vorliegen der Tatsachen, die diesen Anspruch begründen, vollumfänglich beweisen muss.<br />
Dies ist allerdings in der Praxis –gerade im Verhältnis Unternehmer-Arbeitnehmer- oftmals<br />
faktisch nicht möglich, weil der Arbeitnehmer regelmäßig keine Einsicht in die<br />
Entscheidungsstrukturen des Unternehmens hat und kaum ein Arbeitgeber so naiv ist, die<br />
wahren Gründe für eine Maßnahme oder Entscheidung nach außen zu kommunizieren.<br />
Welcher Arbeitgeber gibt schon offen zu –am besten schriftlich- dass er Frauen<br />
grundsätzlich nicht einstellt, sich von Schwerbehinderten nichts als Schwierigkeiten mit dem<br />
Integrationsamt erwartet und Ausländer schneller kündigt als anderen Arbeitnehmern.<br />
Diese Schwierigkeiten, die oftmals dazu führen würden, dass ein Beweis nicht möglich ist<br />
und damit der Anspruch nicht entsteht, hat der Gesetzgeber erkannt 57 und im Rahmen einer<br />
Beweiserleichterung im <strong>AGG</strong> geregelt.<br />
§ 22 <strong>AGG</strong> Beweislast<br />
Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen<br />
eines in § 1 genannten Grundes vermuten lassen, trägt die andere Partei die<br />
Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor<br />
Benachteiligungen vorliegen.<br />
Voraussetzung ist also: Die eine Partei muss Indizien beweisen. 58 Indizien sind<br />
Hilfstatsachen, die den Schluss auf eine andere Tatsache nahe legen. Hierbei muss der<br />
Beschäftigte in zwei Schritten vorgehen.<br />
(1) Bewiesen werden muss zunächst, dass der Beschäftigte schlechter/ungünstiger<br />
behandelt wurde als ein anderer Beschäftigter (real oder fiktiv).<br />
Beispiel: Nichteinstellung, Schlechtergruppierung, Kündigung, Zuweisung niederer<br />
Tätigkeiten etc.<br />
57<br />
Die deutsche Regelung zollt der Europäischen Gesetzgebung Tribut. Der Europagesetzgeber hält eine<br />
Änderung der Grundsätze der Beweislastverteilung für geboten, wenn ein glaubhafter Anschein der<br />
Diskriminierung besteht. Zur wirksamen Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ist eine Verlagerung der<br />
Beweislast auf die beklagte Partei erforderlich, wenn eine solche Diskriminierung nachgewiesen ist, vgl. EU-RiLi<br />
2000/43/EG, Nr. 21 der Erwägungen in Bezug auf Rasse/ethnische Herkunft.<br />
58 Der Gesetzgeber wollte durch die Formulierung Indizien beweisen anstelle von Tatsachen glaubhaft keine<br />
andere Beweisregelung schaffen, sondern er hat die Formulierung nur benutzt, um eine Diskussion um den<br />
juristisch besetzten Begriff „Glaubhaftmachung“ zu verhindern. Im deutschen Prozessrecht erfolgt eine<br />
Glaubhaftmachung anhand des § 294 ZPO in der Regel mit dem Mittel der eidesstattlichen Versicherung. Im<br />
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