Lebenswertes Zusammenleben mit schwerstbehinderten Menschen
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Was ist Heilpädagogik ? 47<br />
größtmöglicher Unabhängigkeit einerseits, die der autonomen Bedürfnisbefriedigung<br />
dient und der eigenen Verantwortung angemessen sein muß, und der Abhängigkeit<br />
von anderen <strong>Menschen</strong> andererseits, die ausschließlich der eigenen<br />
Bedürfnisbefriedigung dient (vgl. ebd., 86).<br />
Vor diesem Hintergrund definiert HAHN Behinderung als ein durch eine Schädigung<br />
veranlaßtes ‘Mehr’ an sozialer Abhängigkeit, „das mögliche Autonomie mindern und<br />
da<strong>mit</strong> das Erkennen der Sinnhaftigkeit des Lebens erschweren kann“ (HAHN zit. n.<br />
SEIFERT 1997a, 14). Dieses Mehr an sozialer Abhängigkeit von der Hilfe anderer<br />
<strong>Menschen</strong> bedeutet zwar ein Weniger an selbständig realisierbarer Unabhängigkeit<br />
(vgl. HAHN 1994, 88), muß jedoch keineswegs zwangsläufig <strong>mit</strong> einem hohen Maß<br />
an Fremdbestimmung einhergehen. Dieses wird im folgenden begründet.<br />
Meines Erachtens birgt jeder Mensch in sich das Potential, selbst zu bestimmen, da<br />
jeder Vorlieben und Abneigungen hat, denen er im Rahmen seiner Möglichkeiten<br />
Ausdruck verleiht, denn: man kann „nicht nicht kommunizieren“ (WATZLAWICK<br />
2000 10 , 51, vgl. Kapitel 4.3). Jeder Mensch befindet sich demnach in der Lage,<br />
seinen Willen bzw. Unwillen <strong>mit</strong>zuteilen, sei es durch verbale Äußerungen, Mimik,<br />
Gestik, das (Nicht-) Auftreten von (selbst-) verletzendem Verhalten, Lachen oder<br />
Weinen, Sich-verschließen oder jede erdenkliche andere Form der Äußerung.<br />
Besonders <strong>Menschen</strong> <strong>mit</strong> einer schwer(st)en geistigen Behinderung erwecken häufig<br />
den Eindruck, scheinbar nicht oder nur selten in der Lage zu sein, ihre Wünsche zu<br />
äußern. NIEHOFF führt dies auf folgenden Teufelskreis zurück:<br />
„eine bestimmte Person hat Schwierigkeiten bei der Entscheidungsfindung,<br />
also wählt der Betreuer. Weil Entscheidungen immer von<br />
anderen Personen getroffen werden, gibt es keinen Grund für die<br />
behinderte Person, selbst zu wählen und da<strong>mit</strong> Verantwortung zu<br />
übernehmen und Risiken einzugehen. Es gibt folglich auch keine<br />
Möglichkeit, die Entscheidungsfähigkeit stufenweise zu erlernen“<br />
(NIEHOFF 1994, 187).<br />
So<strong>mit</strong> ist für <strong>Menschen</strong> <strong>mit</strong> einer schwer(st)en geistigen Behinderung ebenso wie für<br />
jeden anderen „freies und verantwortliches Handeln nur dann möglich, wenn Wahl-