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Lebenswertes Zusammenleben mit schwerstbehinderten Menschen

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Relevanz der (Nicht-) Verwirklichung der heilpädagogischen Leitideen 54<br />

werden, die sich normalerweise lieber zurückziehen und die Gesellschaft anderer<br />

meiden.<br />

Um ‘angemessene Kontakte zwischen den Geschlechtern’ zu führen, wie es im<br />

Normalisierungsprinzip ausgedrückt und sinngemäß auch vom Prinzip der<br />

Integration und dem der Selbstbestimmung verlangt wird, ist es meines Erachtens in<br />

erster Linie erforderlich, sich des eigenen Geschlechts bewußt zu sein. Dies setzt<br />

unbedingt ein als Mann bzw. als Frau Anerkannt- und Behandeltwerden seitens der<br />

Umwelt, in diesem Fall des Personals, voraus. Leider ist auch dies allzu häufig nicht<br />

der Fall. „Die Geschlechtlichkeit dieser Mitmenschen wird negiert. Sie sind getrennt<br />

nach Geschlechtern in „Frauen-“ bzw. „Männerhäusern“ [...] untergebracht“ (THIMM<br />

1994 5 , 23). Gemischtgeschlechtliche Kontakte finden im Bereich ‘Wohnen’ so<strong>mit</strong><br />

kaum statt, weder in freundschaftlicher, noch in partnerschaftlicher oder gar sexueller<br />

Hinsicht. Auch in diesem Bereich fehlen den Bewohnern offensichtlich die Möglichkeiten,<br />

‘normal’ behandelt, integriert und nicht fremdbestimmt zu werden.<br />

Gelegenheiten zu sinnvollen Tätigkeiten stehen eher selten zur Verfügung: „Aus<br />

mancherlei Gründen (z.T. wegen Personalmangels, z.T. aber auch, weil die Notwendigkeit<br />

nicht gesehen wird) gibt es für viele Behinderte nur gelegentlich ein<br />

Aktivierungsangebot [...]. Es ist nicht fester Bestandteil des Tagesverlaufes“ (THIMM<br />

1994 5 , 22). Dabei könnten bereits Tätigkeiten, die den Haushalt allgemein betreffen,<br />

so weit wie möglich unter Beteiligung der Bewohner stattfinden. Diese hätten so<strong>mit</strong><br />

auch Gelegenheit zu größerer Eigenverantwortung und Mitwirkung, oder zumindest<br />

die Möglichkeit, durch Zuschauen teilzuhaben, was als sinnvoller erlebt werden<br />

dürfte, als den ganzen Tag im Sessel zu sitzen. Auch hier kann also weder von<br />

Normalisierung, noch von Integration oder Selbstbestimmung die Rede sein.<br />

Auch der Forderung nach einer altersgemäßen Behandlung wird selten entsprochen,<br />

stattdessen werden Erwachsene - unabhängig von ihrem Alter - infantilisiert. THIMM<br />

kritisiert, daß beispielsweise „20jährige Verkehrsregeln <strong>mit</strong> dem Verkehrskasperle<br />

kennen[lernen]“ (THIMM 1994 5 , 23) und junge Sozialpädagogen bei älteren Männern<br />

oftmals von ‘ihren Jungs’ sprechen und diese auch so behandeln (vgl. ebd.). Ebenso

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