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Lebenswertes Zusammenleben mit schwerstbehinderten Menschen

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Relevanz der (Nicht-) Verwirklichung der heilpädagogischen Leitideen 53<br />

6 Relevanz der (Nicht-) Verwirklichung der heilpädagogischen Leitideen für<br />

humanes Wohnen<br />

Die Wichtigkeit der in Kapitel 5.1 erläuterten heilpädagogischen Leitideen wird in<br />

der Theorie nur selten in Frage gestellt, weder Fachkräfte noch Laien zweifeln in der<br />

Regel die Richtigkeit der Forderungen an. Anders sieht es in der Praxis aus: hier wird<br />

die Verwirklichung der Leitideen aufgrund diverser Bedingungen häufig erschwert<br />

oder sogar verhindert. Daher werden im folgenden zunächst einige typische Beispiele<br />

für die Nicht-Verwirklichung angeführt.<br />

THIMM zeigt auf, daß Erwachsene <strong>mit</strong> einer geistigen Behinderung noch immer<br />

„verordnete Zubettgehzeiten [haben], meistens extrem früh“ (THIMM 1994 5 , 22).<br />

Nach NIRJE widerspricht es jedoch der Forderung nach einem normalen<br />

Tagesrhythmus (vgl. Kapitel 5.1.1), „früher schlafen gehen zu müssen, weil es nicht<br />

genug Personal gibt“ (NIRJE 1991, 8), weil man von diesem Personal infantilisiert<br />

wird oder ähnliches. Es steht auch im Gegensatz zu den Forderungen nach<br />

gesellschaftlicher Integration und Selbstbestimmung, nach der sich die Entscheidung<br />

an den Wünschen der Bewohner selbst orientieren sollte.<br />

Die Möglichkeit, den eigenen Geschmack in der Wahl der Kleidung, der Frisur, der<br />

Raumgestaltung und so weiter auszudrücken, besteht ebenfalls selten. Nach meiner<br />

Erfahrung wird meistens vom Personal nach Zweckmäßigkeit und Pflegeaufwand<br />

ausgewählt, so daß eher selten langhaarige Frauen oder bärtige Männer angetroffen<br />

werden. Die Bekleidung der Bewohner ist sich oft so ähnlich, daß - wie in Kindergärten<br />

üblich - jedes Kleidungsstück <strong>mit</strong> dem Namen des Besitzers versehen wird.<br />

Auch die Zimmer der einzelnen Bewohner unterscheiden sich nicht auffallend:<br />

meistens sind sie weiß gestrichen und ähnlich einfallslos möbliert. Gegenstände, die<br />

die Individualität des Bewohners widerspiegeln und dem entsprechen, was er als<br />

gemütlich, als ‘wohnlich’ empfindet, sind selten zu finden. So verwundert es nicht,<br />

daß in vielen Wohngruppen die in der Regel behaglicher eingerichteten<br />

Gemeinschaftsräume auch von <strong>Menschen</strong> als bevorzugter Aufenthaltsraum gewählt

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