Heft 6 - SPD-Landesverband Sachsen-Anhalt
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60er Jahre jedoch verstärkten sich im Zusammenhang mit einer allgemeinen<br />
Politisierung der Gesellschaft auch die Bestrebungen der Arbeiter, eigene<br />
Organisationen zu bilden. Der Aufschwung der Arbeiterbewegung hing auch<br />
damit zusammen, dass die Industrialisierung rasche Fortschritte erzielte und zu<br />
einem relativen Abschluss kam.<br />
Besonders vom industrialisierten <strong>Sachsen</strong> gingen Bestrebungen für eine<br />
organisatorische Entwicklung der Arbeiterbewegung aus. In Leipzig ergriff eine<br />
Gruppe um Julius Vahlteich und Friedrich Wilhelm Fritzsche die Initiative, die<br />
Arbeitervereine von bürgerlichen Protektoren zu lösen und zu politisieren. Sie<br />
wandten sich deshalb an den damals weithin bekannten preußischen Anwalt und<br />
Sozialisten Ferdinand Lassalle, der ein Programm für einen allgemeinen<br />
deutschen Arbeiterverein in seinem berühmten „Offenen Antwortschreiben“<br />
vom 1. März 1863 ausarbeitete. Am 23. Mai 1863 wurde auf dieser Grundlage<br />
in Leipzig der „Allgemeine Deutsche Arbeiterverein“ (ADAV) gegründet.<br />
Lassalle wurde dessen Präsident. Von den Arbeitervereinen der Provinz <strong>Sachsen</strong><br />
schloss sich eine Gruppe des Magdeburger Arbeiterbildungsvereins unter<br />
Johann Münze im Jahre 1864 dem ADAV an. Dieser 1863 gegründete Verein<br />
wurde schon im Mai 1865 verboten. Münze bildete danach im Herbst 1866<br />
zusammen mit Julius Bremer, Wilhelm Klees, August Probst und Wilhelm<br />
Wellner eine der wenigen örtlichen Sektionen der 1864 gegründeten<br />
Internationalen Arbeiterassoziation („I. Internationale“). 8 Diese Magdeburger<br />
Gruppe von Sozialisten brachte die erste Generation führender regionaler<br />
Vertreter der entstehenden Arbeiterbewegung hervor. Die sozialdemokratisch<br />
orientierten Vertreter unter Führung von Münze, Bremer und Klees gründeten<br />
im Juli 1868 den „Sozialen Reformverein“ und schlossen sich dem Verband<br />
Deutscher Arbeitervereine an, dessen Vorsitzender August Bebel war. 9 Julius<br />
Bremer – Münze war am 22. Mai 1868 verstorben - wurde zu einer der<br />
Schlüsselfiguren bei der Vorbereitung der Gründung der Sozialdemokratischen<br />
Arbeiterpartei („Eisenacher“) in Eisenach 1869. Am 22. Juni 1869 trafen sich in<br />
Magdeburg Abgesandte sowohl des Verbandes Deutscher Arbeitervereine mit<br />
August Bebel und Wilhelm Liebknecht an der Spitze wie auch oppositionelle<br />
Mitglieder des ADAV, um sich über die Einberufung eines Kongresses zur<br />
Gründung einer Arbeiterpartei zu verständigen. Darunter war auch der<br />
Braunschweiger Sozialdemokrat Wilhelm Bracke. 10<br />
August Bebel schrieb dazu: „Bracke ließ durch Vermittlung von Bremer-<br />
Magdeburg Liebknecht und mich wissen, sie (die beteiligten oppositionellen<br />
Mitglieder des ADAV, M.T.) wünschten eine Zusammenkunft mit uns. Auf<br />
diesen Wunsch gingen wir bereitwillig ein. Am 22. Juni abends trafen wir uns –<br />
8 Vgl. Asmus, Helmut: 1200 Jahre Magdeburg. Die Jahre 1848 bis zur Gegenwart, Magdeburg 2005, S. 190 f;<br />
Drechsler, Ingrun: Die Magdeburger Sozialdemokratie vor dem Ersten Weltkrieg, Oschersleben 1995, S. 25.<br />
9 Bebel hatte Dr. Max Hirsch aus Magdeburg abgelöst, der später<br />
10 Vgl. Eckert, Georg: Wilhelm Bracke und die Braunschweiger Arbeiterbewegung, Braunschweig 1957, S. 6.<br />
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