Heft 6 - SPD-Landesverband Sachsen-Anhalt
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Bracke, Spier-Wolfenbüttel, York-Harburg, Liebknecht und ich – in einem<br />
Gasthaus dritter Güte in Magdeburg. Die Verhandlungen zogen sich in die<br />
Länge. Bracke und Bremer waren für sofortiges Losschlagen gegen Schweitzer<br />
und Austritt aus dem Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein … Schließlich<br />
wurden wir uns einig.“ 11<br />
Der „Aufruf „An die Mitglieder des „Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins“<br />
vom 22. Juni 1869 zur Gründung „einer wirklichen demokratischen<br />
Organisation der Partei“ wurde nicht nur von Julius Bremer, sondern auch von<br />
den Magdeburger Klees und Hoffmann unterzeichnet. 12 In Vorbereitung des<br />
Eisenacher Kongresses fanden in der preußischen Provinz <strong>Sachsen</strong> und in<br />
<strong>Anhalt</strong> verbreitet Versammlungen statt. Julius Bremer teilte z. B. in einem Brief<br />
an Johann Philipp Becker mit, dass unter anderem in Staßfurt im Juli 1869 zu<br />
diesem Zweck ein „Verbrüderungsfest“ stattgefunden hat, an dem mehr als 300<br />
Teilnehmer anwesend waren, die auch aus Cochstedt, Steinstedt, Förderstedt,<br />
Aschersleben, Dessau und Bernburg angereist waren. 13<br />
Anfang August 1869 wurde in Eisenach die Sozialdemokratische Arbeiterpartei<br />
gegründet. Der Magdeburger Julius Bremer gehörte zu den führenden<br />
Persönlichkeiten der Partei. Damit entstand neben dem ADAV eine zweite<br />
deutsche Arbeiterpartei. Während die Partei in der Provinz <strong>Sachsen</strong> und in<br />
<strong>Anhalt</strong> rasch Anhänger fand und in Magdeburg am 28. August 1869 der<br />
„Sozialdemokratische Arbeiterverein“ unter dem Vorsitz Julius Bremers<br />
gegründet worden ist, 14 kam es in der Stadt Halle erst im Jahre 1871 zur<br />
Gründung einer Ortsgruppe. In Halle hatte sich auch erst relativ spät – im April<br />
1869 – eine Ortsgruppe des ADAV gebildet.<br />
Insgesamt gesehen können die preußische Provinz <strong>Sachsen</strong> und <strong>Anhalt</strong> neben<br />
dem Königreich <strong>Sachsen</strong> und anderen Regionen jedoch durchaus als<br />
Hochburgen der entstehenden sozialdemokratischen deutschen<br />
Arbeiterbewegung betrachtet werden.<br />
Die Eisenacher Partei bezeichnete sich als „Zweig der Internationalen<br />
Arbeiterassoziation“. Oft wird dieses Bekenntnis als Hinweis darauf verstanden,<br />
dass die Partei von ihrem Charakter her „marxistisch“ gewesen sei. Man muss<br />
jedoch berücksichtigen, dass die meisten Anhänger und Mitglieder der Partei,<br />
auch führende Repräsentanten eingeschlossen, die Lehren von Karl Marx und<br />
Friedrich Engels – wenn überhaupt - nur oberflächlich kannten. In dieser Frage<br />
unterschied man sich nicht wesentlich von der Situation des ADAV. Die<br />
Arbeiter auch in der Provinz <strong>Sachsen</strong> und <strong>Anhalt</strong> bewegten die Nöte des Alltags,<br />
11 Bebel, August: Aus meinem Leben, Stuttgart 1911,II, S 76.<br />
12 Vgl. Demokratisches Wochenblatt, Nr. 26 vom 27. Juni 1869.<br />
13 Julius Bremer an Johann Philipp Becker vom 22. Juli 1869, abgedruckt bei: Helmut Asmus/Dieter<br />
Steinmetz/Mathias Tullner: Quellensammlung zur Geschichte der Arbeiterbewegung im Bezirk Magdeburg, Teil<br />
1, Anfänge bis 1917, Magdeburg 1969, S. 27.<br />
14 Vgl. Drechsler, S. 28.<br />
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