Heft 6 - SPD-Landesverband Sachsen-Anhalt
Heft 6 - SPD-Landesverband Sachsen-Anhalt
Heft 6 - SPD-Landesverband Sachsen-Anhalt
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
genoss auch große Wertschätzung beim ansässigen Bürgertum. Während der<br />
Inflationsunruhen des Jahres 1923 verhinderte er durch einen Aufruf zu<br />
Vernunft und Besonnenheit eine Plünderung der Burger Geschäftslandschaft.<br />
Dieses beherzte und couragierte Vorgehen blieb für lange Zeit in dankbarer<br />
Erinnerung der Burger Geschäftsleute.<br />
Doch Vernunft und Sachverstand erzeugen nicht nur Beifall und Anerkennung<br />
sondern auch Widerstand und Neid, vor allem innerhalb der eigenen Partei.<br />
Während der wirtschaftlichen schwierigen Jahre unmittelbar nach dem Ersten<br />
Weltkrieg, kaufte die Burger <strong>SPD</strong> mit öffentlichen Mitteln eine zuvor in<br />
Konkurs geratene Firma. Der nunmehr „Phoenix“ genannte Betrieb sollte, wie in<br />
der gleichnamigen mythologischen Geschichte, aus der Asche aufsteigen und<br />
Silos für die Landwirtschaft sowie Autoscheinwerfer produzieren. Stollberg sah<br />
das Projekt weniger euphorisch und warnte vor dem Vorhaben mit den Worten:<br />
„Ihr versteht doch nichts von Wirtschaft“. Daraufhin wurde ihm mit dem<br />
Ausschluss aus der Partei gedroht und man nahm ihn unter Fraktionszwang. Um<br />
ihn dennoch in das Projekt einzubinden, wurde er schließlich sogar<br />
Aufsichtsratsvorsitzender des neugegründeten Unternehmens. Nach dem von<br />
ihm bereits vorausgesagten negativen Ende der Firma kamen auf ihn sogar noch<br />
Entschädigungsansprüche seitens des Konkursverwalters zu. Diese wurden<br />
allerdings nach seinem Tod durch den Anwalt der Familie abgewehrt. Dennoch<br />
lehrt uns dieses Beispiel, dass Engagement in der Politik auch mit einem<br />
Vermögensverlust enden kann.<br />
Sein Tod erregte große Anteilnahme, was nicht zuletzt die vielen überlieferten<br />
Todesanzeigen in den damaligen Tages- und Wochenzeitungen belegen. Nicht<br />
nur seine Familie sondern auch die Konsum- und Sparkassengenossenschaft<br />
Burg und Umgebung, der Magistrat der Stadt Burg und der Bezirksvorstand der<br />
Sozialdemokratischen Partei für Magdeburg-<strong>Anhalt</strong> zeigten ihre Anteilnahme in<br />
Form von Nachrufen und Beileidsbekundungen. Als er im Februar 1928<br />
beerdigt wurde folgte dem Geleitzug durch die Stadt Burg ein großer Teil der<br />
damaligen Einwohnerschaft. Alle großen Betriebe - teils mit Belegschaften über<br />
2.000 Personen- ließen ihre Arbeit während der Beisetzung ruhen. In<br />
Anerkennung seiner Leistungen und seiner menschlichen Einstellung erinnert<br />
noch heute eine nach Gustav Stollberg benannte Straße in der Burger Innenstadt<br />
an einen der größten Söhne der Gemeinde. Zwar gab man der Straße während<br />
der Zeit des Dritten Reiches einen anderen Namen, doch erhielt sie direkt nach<br />
dem Zweiten Weltkrieg wieder den seinen.<br />
Auch innerhalb der Familie lebt die Tradition fort. So erlangte Stollbergs Sohn<br />
Gustav ebenfalls Einfluss in der Politik, er engagierte sich gleichfalls tatkräftig<br />
innerhalb und für die <strong>SPD</strong>, war ab 1956 Oberbürgermeister der Stadt Salzgitter<br />
und von 1963 bis 1967 Abgeordneter im Niedersächsischen Landtag.<br />
34