Frechener Seniorenkurier Juni 2013 - Stadt Frechen
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sagte ich: „Ich habe einen Briefkasten, ein Telefon und<br />
sogar noch ein Faxgerät“, und leise sagte ich noch vor<br />
mich hin: genug ist genug.<br />
Mein Freund Gottfried unterstützte mich: „Bei mir<br />
kommt das nicht mehr in Frage, ich bin jetzt 73, und<br />
mit dem Zeugs gebe ich mich nicht mehr ab.“ Aber der<br />
Computer verbreitete sich wie eine Seuche. Es gibt mittlerweile<br />
große und kleine, flache und ganz dünne. Die<br />
Möglichkeiten der Nutzung sind unabsehbar. Auch ich,<br />
der Senior, kam um den Kauf eines Computers nicht mehr<br />
herum. Es war zunächst die Neugierde, aber nach einiger<br />
Zeit leistete er mir gute Dienste: Briefe schreiben, Informationen<br />
suchen und finden, und die Buchführung ging<br />
schneller.<br />
Leider übertreiben aber vor allem viele junge Leute die<br />
Möglichkeiten des Computers, sie sind sozusagen vom<br />
Computervirus befallen. Sie haben keine Zeit mehr, um<br />
Bücher zu lesen. Ich sehe sie vertieft in ihr Smartphone<br />
in stundenlangen Unterhaltungen in der Straßenbahn, im<br />
Café, im Auto, am Strand oder beim Spazierengehen. Sie<br />
sind dann für andere total abgemeldet.<br />
Vor kurzem habe ich Hubert kennengelernt. Er arbeitet<br />
sozusagen in der Firmenhierarchie an zweiter Stelle. Er<br />
klagte über die allgemeine Hetze im Beruf. Der Druck sei<br />
überall sehr groß und würde immer stärker. Er erzählte<br />
von den vielen E-Mails, die noch nach Feierabend bei ihm<br />
ankämen und ihn bis abends spät beschäftigten.<br />
Die Medien berichten über die vielen psychischen Krankheiten,<br />
die immer mehr zunehmen, weil man zu jeder Zeit<br />
erreichbar ist.<br />
Jetzt bin ich aus dem Berufsleben raus, deshalb ist für<br />
mich vieles nicht mehr nachvollziehbar. Aber interessanter<br />
Weise faszinieren mich in letzter Zeit die vielen Möglichkeiten<br />
des Computers, und ich werde immer wissbegieriger.<br />
Dann erwische ich mich mit dem Wunsch, noch<br />
mal 30 Jahre jünger zu sein.<br />
Werner Mockenhaupt<br />
Aufgeschnappt – Nachdenken<br />
Andreas und sein Freund toben im Garten sowie<br />
im Haus herum. Auf einmal kommt der Freund<br />
niedergeschlagen zur Mutter von Andreas und<br />
fragt sie, ob sie mit ihm spielen würde. Erstaunt<br />
wird er gefragt, warum er denn nicht mit Andreas<br />
spielen wolle. Traurig kommt die Antwort:<br />
„Andreas will allein sein und nachdenken.“<br />
Helga Peters<br />
10<br />
Ein aufregender Ritt<br />
1946 war die Versorgungslage schlecht. Viele Menschen<br />
hungerten. Um einen Liter Milch zu bekommen,<br />
fuhr ich wöchentlich mit dem Fahrrad zu einem Dansweiler<br />
Bauern. Nur weil er mit meinem Vater befreundet war,<br />
erhielten wir die Milch, denn täglich kamen Bittsteller aus<br />
Köln und Umgebung, um Wertsachen gegen Nahrungsmittel<br />
einzutauschen. Einen Liter in der Woche bedeutete für<br />
eine vierköpfige Familie nicht viel. Mein Vater überlegte<br />
deshalb, wie man diesem Übelstand abhelfen konnte.<br />
Eines Tages kam er fröhlich heim und berichtete, er<br />
habe zusammen mit dem Gemüsehändler Schumacher,<br />
der ein Geschäft an der Hauptstraße besaß, eine Kuh kaufen<br />
können.<br />
Meine Mutter sagte aufgeregt: „Wir haben doch keinen<br />
Stall für die Kuh. Wo soll das Tier denn stehen?“ - „Beim<br />
Schumacher“, entgegnete mein Vater, „der hat hinter dem<br />
Haus einen Stall, in dem auch sein Pferd steht, mit dem er<br />
zum Großmarkt fährt, um Gemüse einzukaufen. Wir teilen<br />
uns das Futter und die Milch. Du kannst doch melken.<br />
Wenn ich noch irgendwo eine Zentrifuge auftreibe, könnten<br />
wir sogar Sahne und Butter herstellen.“ Mutter war<br />
begeistert: „Meine Eltern haben noch ein altes Butterfass.<br />
Das hole ich mir“.<br />
Meinem Vater gelang es tatsächlich, eine Zentrifuge<br />
leihweise zu bekommen. Von nun an wanderte meine Mutter<br />
jeden Tag zum Melken zur Hauptstraße, und ich musste<br />
die Zentrifuge bedienen, um den Rahm von der Milch<br />
zu trennen. Dabei sah ich auch das Pferd, das mit der Kuh<br />
den Stall teilte.<br />
Es war ein schöner Schimmel und hörte auf den Namen<br />
Hannibal. Oft stand ich an seiner Box und streichelte ihn.<br />
Ich war damals vierzehn Jahre alt. Gerne hätte ich Hannibal<br />
einmal geritten, wagte aber nicht, den Gemüsehändler<br />
darum zu bitten.<br />
Als ich eines Tages wieder an der Pferdebox stand,<br />
kam Herr Schumacher auf den Hof, sah mich und trat<br />
näher: „Ich sehe, du magst das Pferd. Es hat zu wenig<br />
Bewegung. Ich benötige es nur, um mit dem Wagen zum<br />
Großmarkt zu fahren. Wenn du möchtest, kannst mit ihm<br />
einmal ausreiten“. Begeistert sagte ich zu. Wir vereinbarten<br />
einen Tag, an dem ich nachmittags das Pferd abholen<br />
sollte. Als ich zum festgesetzten Termin den Hof des<br />
Gemüseladens betrat, stand Hannibal schon bereit. Herr<br />
Schumacher sagte zu mir: „Einen Sattel haben wir nicht.<br />
Du musst auf dem Pferderücken sitzen. Wenn du Hannibal<br />
grasen lassen willst, nimm die Trense aus dem Maul.“ Er<br />
half mir hoch, gab dem Pferd einen Klaps auf die Hinterbacken,<br />
und dann ritt ich aus dem Tor auf die Hauptstraße.<br />
Ich folgte ihr abwärts und bog in die Hüchelner Straße