Frechener Seniorenkurier Juni 2013 - Stadt Frechen
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Reise in die Vergangenheit<br />
31<br />
Schlendere ich über die <strong><strong>Frechen</strong>er</strong> Hauptstraße, beginne<br />
ich einst und jetzt zu vergleichen. Die Ansicht von<br />
damals im Kopf, bestimme ich den Standort ehemaliger<br />
Häuser und rufe mir ihr Aussehen ins Gedächtnis.<br />
Die alte Burgschule ersteht vor meinem geistigen Auge.<br />
Ich sehe mich durch das Tor schreiten und die abgewetzten<br />
Stufen zu meinem alten Klassenraum hochsteigen.<br />
An der Innenwand stand der betagte Kanonenofen, der<br />
uns jeden Morgen nach dem Anfeuern mit einer blauen<br />
Qualmwolke husten ließ. In unmittelbarer Nachbarschaft<br />
zur Burgschule lag das Monopol-Lichtspieltheater. Für uns<br />
Jugendliche war es ein Anziehungspunkt. Wir versuchten,<br />
Zutritt zu nicht jugendfreien Filmen zu bekommen und<br />
kleideten uns deshalb älter. Für uns war es ein Triumph,<br />
wenn wir uns erfolgreich an<br />
der Kassendame vorbei geschlängelt<br />
hatten. Was war<br />
das für ein Abenteuer, als<br />
während des Krieges in einer<br />
Vorstellung ein Tumult<br />
ausbrach. Ein heimkehrender<br />
Soldat entdeckte seine<br />
Frau mit einem Freund im<br />
Kino und griff den Nebenbuhler<br />
tätlich an.<br />
An der Ecke Hauptstraße/Dr.-Tusch-Straße<br />
verweile<br />
ich einen Augenblick. Hier stand die Klosterbrennerei<br />
Müller. Ihr Besitzer hieß wegen seines ausgeprägten Kinnes<br />
in der Bevölkerung „Möllers Kenn“. Vom „Oberdorf“<br />
kommen mir einige Jugendliche entgegen. Plötzlich ist<br />
mir, als müsse ich nach einem Ausweg suchen. Die Jungen<br />
gehen friedlich an mir vorbei. Früher hätte ich als<br />
Jugendlicher wohl Schwierigkeiten gehabt, denn die Halbwüchsigen<br />
von „Ungerdörp“ und „Ovverdörp“ waren verfeindet.<br />
Sich allein in das Oberdorf zu wagen, konnte eine<br />
Tracht Prügel nach sich ziehen.<br />
Menschen aus alter Zeit kommen mir in den Sinn, Lehrer,<br />
Nachbarn, Freunde. Die meisten von ihnen leben nicht<br />
mehr. Ich erinnere mich an die Gruppenspiele auf der<br />
Straße und den Feldern um <strong>Frechen</strong>. Besonders die verfallenen<br />
Schuppen der Ziegeleien hatten es uns angetan.<br />
Sie inspirierten das geheimnisvolle Reich der Fantasie,<br />
welches unsere Spiele gestaltete. Wir Kinder sprachen<br />
untereinander nur Platt. In meiner Familie war das Hochdeutsche<br />
gebräuchlich. Ich benutzte es nie bei meinen<br />
Spielgefährten. Man hätte mich verwundert angeschaut.<br />
Ich wäre nicht mehr einer der ihren gewesen. Das Spiel<br />
auf den Stoppelfeldern des Baumannshofes war wunderbar.<br />
Damals stand nach dem Dreschen noch der „Bärm“<br />
auf den Feldern, ein Berg aus aufgeschichteten Strohballen.<br />
Er war ein idealer Spielplatz. Wurde das Feld gepflügt,<br />
stapfte ich häufig neben dem Pferdegespann her.<br />
Der Knecht Utzerath war ein kinderfreundlicher Mann.<br />
Manchmal setzte er mich nach der Arbeit auf ein Pferd<br />
und ließ mich bis zum Baumannshof reiten.<br />
Plötzlich wird mir bewusst, dass ich mich in Erinnerungen<br />
verliere. Das ist wohl altersbedingt. Der Blick ist dann<br />
stärker rückwärtsgewandt. Es ist, als ob die Umwelt, in<br />
der du aufgewachsen bist, zu dir spricht. Sie ist ein Teil<br />
der Seele geworden. Bei der Autorin Astrid Lindgren,<br />
deren Jugenderinnerungen Generationen von Kindern<br />
Freude bereitet haben, glaube ich das zu erkennen. Als<br />
alter Mensch empfindet man die sich ständig verändernde<br />
Umwelt als Problem. Mit jedem fehlenden Haus, mit jedem<br />
verstorbenen Freund wird sie ein wenig fremder und<br />
vermittelt ein Gefühl der Vereinsamung. Man fühlt sich<br />
mehr und mehr als ein Überbleibsel vergangener Zeiten.<br />
Vielleicht erleichtert das den Abgang von dieser Welt.<br />
Günther Kraushaar<br />
Besuch im Literaturhaus Köln<br />
Vor einiger Zeit machte ich mich abends kurzentschlossen<br />
auf, um eine Veranstaltung im Literaturhaus Köln zu besuchen,<br />
zumal mein Sohn mir noch rechtzeitig mein Auto zur<br />
Verfügung stellte.<br />
Anlass war, dass an diesem Abend dort mit Georg Stefan<br />
Troller und Fritz Pleitgen zwei ehemalige Kollegen auftraten,<br />
die ich gerne noch einmal begrüßen wollte.<br />
Das Literaturhaus Köln wurde 1999 auf Privatinitiative hin<br />
gegründet, um Literatur und junge Literaten zu fördern. Es<br />
führt jährlich die Aktion „Buch für die <strong>Stadt</strong>“ durch. Zuerst in<br />
Räumen des Mediaparks angesiedelt, hat es aber seit 2009<br />
neue Räume im Kölner Süden bezogen.<br />
Man kommt sehr gut auch mit der Straßenbahnlinie 16,<br />
Haltestelle Schönhauser Straße, dorthin. Das war ein Glück<br />
für mich, wie sich später herausstellen sollte.<br />
Die neuen Räume im Souterrain<br />
Die Veranstaltung war sehr gut besucht. Georg Stefan Troller<br />
nahm auf einem Podium Platz und las, mit einer Augenklappe<br />
auf dem rechten Auge, kurze Passagen aus einigen<br />
seiner Bücher vor, unter anderem aus seiner Autobiografie<br />
„Selbstbeschreibung“ und seinen Drehbüchern zu „Wohin und<br />
zurück“.