Ausgabe 47 - 07 Das Stadtmagazin . BLOG
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12<br />
Juni 2013<br />
| Ausstellung |<br />
Überlagerung von Geschichte<br />
und Gegenwart<br />
Die eindrucksvollen Fotografien Mimmo Jodices bestechen durch eine suggestive, poetische und dennoch<br />
klare Bildsprache. In der Kunstsammlung im Stadtmuseum Jena werden ab dem 8. Juni erstmals Bilder aus<br />
seiner Serie »Transiti« in einer Einzelausstellung in einem deutschen Museum gezeigt.<br />
Mimmo Jodice (*1934) gehört zu den bekanntesten<br />
zeitgenössischen italienischen Fotografen.<br />
Seinen Lebens- und Arbeitsmittelpunkt<br />
bildete stets seine Geburtsstadt Neapel, wo er<br />
von 1969 bis 1994 an der Accademia di Belle<br />
Arti di Napoli gelehrt hat.<br />
Schon früh besaß er ein starkes Interesse<br />
an Kunst, widmete sich allerdings zunächst<br />
der Malerei und der Zeichnung. Erst Ende der<br />
1950er Jahre begann die Fotografie als mögliches<br />
Feld einer künstlerischen Auseinandersetzung<br />
ihn in verstärktem Maße zu vereinnahmen.<br />
Während seines Studiums an der<br />
Accademia di belle Arti di Napoli Mitte der<br />
1960er-Jahre experimentierte er mit verschiedenen<br />
Materialien, abstrakten Formen und<br />
technischen Aspekten dieses Mediums und<br />
knüpfte engere Kontakte mit zahlreichen Vertretern<br />
aus Pop Art, Arte Povera und Fluxus.<br />
Er fotografierte viele seiner Kollegen, darunter<br />
Andy Warhol, Joseph Beuys und Robert<br />
Rauschenberg. Später, nachdem er sich 1967<br />
dazu entschlossen hatte, sich vollends der<br />
Fotografie zuzuwenden, konzentrierte Jodice<br />
sich vor allem auf Landschaftsfotografie und<br />
unbelebte Szenerien, die er vor allem in seinem<br />
Heimatland entdeckte und ausschließlich<br />
in Schwarz-Weiß fotografierte.<br />
Bereits da zeigte sich die vielen seiner Fotografien<br />
typische Wesensart, die ausgewählten<br />
Motive im Spannungsfeld zwischen<br />
Geschichte und Gegenwart bzw. Zeit und<br />
Vergänglichkeit anzulegen: So fotografierte er<br />
etwa in seiner Serie »Lost in seeing. Dreams<br />
and Visions of Italy« historische Monumente,<br />
antike Skulpturen und Landschaften voller<br />
Geschichte und stellte diesen dann helle und<br />
offene Ausblicke oder Fotos moderner Architektur<br />
gegenüber. Durchaus auch auf recht<br />
abstrakte Weise sucht und verweist Jodice<br />
damit auf die Spuren und Wurzeln unserer<br />
Existenz, auf surreale Zusammenhänge und<br />
verworrene Linien und auf jene metaphysischen<br />
Abdrücke, in denen sich Geschichte<br />
und Gegenwart überlagern und einander erklären.<br />
Zeitloser Dialog<br />
Die Fotografien der Serie »Transiti«, die ab<br />
dem 8. Juni in der Jenaer Kunstsammlung im<br />
Stadtmuseum gezeigt werden und die in enger<br />
Beziehung zur Gemäldesammlung des Museo<br />
di Capodimonte in Neapel entstanden sind,<br />
arbeiten ebenfalls mit dieser Gegenüberstellung.<br />
Mimmo Jodice hat hier Gemälde der<br />
alten Meister, insbesondere die dort vielfach<br />
vorhandenen eindringlichen Menschendarstellungen<br />
studiert und ausgewählte Ausschnitte<br />
und Porträts fotografiert — diese Studien<br />
dann in einen faszinierenden Dialog mit<br />
seinen über Jahre entstandenen Porträtaufnahmen<br />
von den Straßen Neapels gebracht.<br />
In Mimik und Gestik der gegenübergestellten<br />
Gesichter, Gesten und Blicke offenbart Jodice<br />
frappierende Gemeinsamkeiten, die die<br />
gemalten Figuren der Vergangenheit mit den<br />
Porträtierten der Gegenwart verbinden und<br />
in einen Dialog treten lassen, der alle Vergänglichkeit<br />
aufzuheben scheint.<br />
Seit Beginn der 1990er Jahre wird sein<br />
Werk in zahlreichen Ausstellungen zwischen<br />
Montreal, Rom, New York und London gezeigt<br />
und in Publikationen dokumentiert — mit der<br />
Ausstellung im Stadtmuseum werden die eindrucksvollen<br />
Fotografien Mimmo Jodices nun<br />
auch erstmals in einer Einzelausstellung in<br />
einem deutschen Museum gezeigt.(flb)<br />
Mimmo Jodice. »Transiti« — Fotografie<br />
08.06. — 11.08.2013<br />
Kunstsammlung Jena, Markt 7,<br />
<strong>07</strong>743 Jena<br />
Telefon: 03641 - 498261<br />
www.kunstsammlung.jena.de<br />
Fotos: © Mimmo Jodice, courtesy Galerie Karsten Greve