Ausgabe 47 - 07 Das Stadtmagazin . BLOG
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Juli/August Juni 2012 2013<br />
| historie |<br />
Die Lebensgeschichte<br />
der Burg Saaleck<br />
Luftaufnahme der Burg Saaleck aus dem Jahre 1910<br />
Oberhalb von Bad Kösen auf einem steil abfallenden Bergrücken an der Saale gelegen, bietet Burg Saaleck<br />
auch als Ruine einen stets imposanten Eindruck. Im Gegensatz zu der nur wenige hundert Meter<br />
entfernten Rudelsberg ist diese zwar nie erobert oder zerstört worden, hat aber nichtsdestotrotz eine<br />
durchaus wendungsreiche Geschichte vorzuweisen.<br />
»Wer Phantasie hat aber kein Wissen, der hat<br />
Flügel aber keine Beine« lautet ein bekanntes<br />
Sprichwort des französischen Moralisten<br />
Joseph Joubert (1754 — 1824). Wohl mit ziemlicher<br />
Sicherheit waren es die eigenen Beine,<br />
die den poetisch veranlagten Berliner Studenten<br />
Franz Theodor Kugler im Jahre 1826 auf<br />
die Rudelsburg führten, von wo aus er den<br />
Anblick der gegenüberliegenden Burg Saaleck<br />
und den Ausblick auf das sich vor ihm<br />
ausbreitende Saaletal aufsog. Zu den daraus<br />
entstandenen Versen des bis heute bekannten,<br />
volksliedhaften »An der Saale hellem<br />
Strande« dürften ihn jedoch vor allem seine<br />
›Flügel‹ und nicht etwa umfassendes Wissen<br />
verleitet haben: Obwohl die beiden mächtigen<br />
Bergfriede der Burg Saaleck noch heute<br />
mehr oder weniger »stolz und kühn« in den<br />
Himmel ragen, hat es in den Jahrhunderten,<br />
in denen das Gemäuer bewohnt gewesen ist,<br />
weder märchenhafte Burgfräuleins noch Rittersleut<br />
mit »Speer und Schild« gegeben.<br />
Es lohnt jedoch nicht wirklich, Franz Kugler<br />
dafür einen Vorwurf zu machen, hat ihm<br />
das seit mehreren Jahrhunderten verödende<br />
Burggemäuer selbst doch nicht viel mehr von<br />
sich preis gegeben als einen augenfälligen<br />
An der Saale hellem Strande<br />
An der Saale hellem Strande<br />
stehen Burgen stolz und kühn<br />
Ihre Dächer sind zerfallen,<br />
und der Wind streicht durch die Hallen,<br />
Wolken ziehen d’rüber hin.<br />
Zwar die Ritter sind verschwunden,<br />
Nimmer klingen Speer und Schild;<br />
Doch dem Wandersmann erscheinen<br />
In den altbemoosten Steinen<br />
Oft Gestalten zart und mild.<br />
Droben winken schöne Augen,<br />
Freundlich lacht manch roter Mund,<br />
Wand'rer schaut wohl in die Ferne,<br />
Schaut in holder Augen Sterne,<br />
Herz ist heiter und gesund.<br />
Und der Wand’rer zieht von dannen<br />
Denn die Trennungsstunde ruft<br />
Und er singet Abschiedslieder<br />
Lebewohl tönt ihm hernieder<br />
Tücher wehen in der Luft.<br />
Franz Theodor Kugler (1826)<br />
Verfall und Variationen<br />
an Moosgeflechten.<br />
Auch war dieser vielleicht<br />
der Erste, aber<br />
lange nicht der Einzige,<br />
der die brach liegenden<br />
Gesteine der Rudelsburg<br />
und der Burg Saaleck<br />
in gutem Glauben<br />
mit der Patina eigener<br />
Phantasie bedeckte —<br />
zahlreiche überlieferte<br />
Gedichte, Lieder und<br />
Sagen verkünden noch<br />
heute mitunter sehr<br />
wundersame Geschichten<br />
von Kaisern und<br />
Königen und biedern<br />
sich an, der Historie einen<br />
eigenen ›Glanz von<br />
Wahrheit‹ zu verleihen.<br />
Weniger unterhaltsam,<br />
dafür mit mehr Authentizität versehen,<br />
reden zu uns die alten Urkunden: Auf ihre<br />
typische Art einsilbig und trocken wissen<br />
diese zwar in der Regel nur von einzelnen<br />
Tatsachen und Rechtszuständen zu berichten,<br />
von Streiten, Verträgen,<br />
Belehnungen<br />
und Vermächtnissen,<br />
Schenken, Vögten und<br />
Burgherren — häufig<br />
sind es auch bloß kurze<br />
Vermerke, beiläufige<br />
Bemerkungen oder erwähnte<br />
Namen, die einen<br />
Blick in das Dunkel<br />
arg lang vergangener<br />
Zeiten zulassen. Doch<br />
selbst mit dem wenigen,<br />
was diese zu offenbaren<br />
haben, lässt sich<br />
die weit zurück reichende<br />
Geschichte der Burg<br />
Saaleck schon erstaunlich<br />
gut umreißen.<br />
Die Vögte von<br />
Saaleck<br />
Geht man von den bauhistorischen Befunden<br />
aus, kann die Entstehung der Burg auf die<br />
zweite Hälfte des 11. Jahrhunderts datiert werden.<br />
Dabei kann jedoch nicht ausgeschlossen<br />
werden, dass an gleicher Stelle bereits ein