Ausgabe 47 - 07 Das Stadtmagazin . BLOG
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Juli/August Juni 2012 2013<br />
»<br />
50 Jahre in Magazinen und Depots<br />
Vom Ende einer jahrzehntelangen Odyssee<br />
künden in der neuen Ausstellungshalle<br />
indes vor allem die antiken Plastiken und<br />
Porträtbüsten. Mit über 600 Objekten bildete<br />
die Gipsabgusssammlung seit dem 19<strong>07</strong> erfolgten<br />
Umzug in das anstelle des Stadtschlosses<br />
errichtete Universitätshauptgebäude das<br />
eigentliche Herzstück des Archäologischen<br />
Museums. Der gesamte Südostflügel war<br />
nach den Plänen des Stuttgarter Architekten<br />
Theodor Fischer für die Antikensammlungen<br />
vorbehalten. Wer vom Löbdergraben her das<br />
Museum durch das eigens dafür geschaffene<br />
Eingangsportal betrat und das kleine Vestibül<br />
mit bacchischer Deckenornamentik durchquerte,<br />
dem tat sich der beeindruckende Blick<br />
auf den großen, zweigeschossigen Hauptsaal<br />
des Museums auf. Botho Graef, der zwischen<br />
1904 und 1917 als Professor für Archäologie<br />
und Kunstgeschichte an der Universität Jena<br />
lehrte und in Personalunion auch das Archäologische<br />
Museum leitete, hatte dort für eine<br />
aufsehenerregende Neuaufstellung der antiken<br />
Statuen gesorgt.<br />
Im Zweiten Weltkrieg, in dem das Museum<br />
zeitweise als Getreidelager genutzt wird,<br />
erleiden viele Plastiken nicht unerhebliche<br />
Blessuren, denen sich nach Kriegsende dank<br />
15.000 Reichsmark aus dem Universitätsbudget<br />
jedoch schneller als erwartet beikommen<br />
lässt. Schon im Mai 1950 eröffnet das Museum<br />
wieder seine Pforten.<br />
Bestand hat es danach allerdings nur wenig<br />
mehr als zehn Jahre. Von einem ›schwarzen<br />
Jahr‹ für die Jenaer Archäologie spricht<br />
Kustos Dennis Graen, wenn von 1962 die<br />
Rede ist: Aus Platzmangel entschließt sich<br />
die Universität zur Aufgabe des Museums, die<br />
steinerne Inschrift, die bis dato am Eingang<br />
von seiner Existenz kündet, wird ausgemeißelt.<br />
Auch die Gipsabgüsse, die zunächst in<br />
die Schlosskirche nach<br />
Sondershausen ausgelagert<br />
und dort noch bis<br />
1983 gezeigt werden,<br />
verschwinden von der<br />
Bildfläche, erst in den<br />
Kellern des Pergamonmuseums<br />
Berlin, später<br />
in einem Außendepot in<br />
Hohenschönhausen.<br />
Schönheit antiker Kunst erleben:<br />
Mehr als 2000 Exponate laden zum<br />
Schauen und Entdecken ein<br />
Ende einer Odyssee<br />
Auch nach der politischen<br />
und universitären<br />
Wende von 1989/90 ist an eine schnelle Rückführung<br />
der Plastiken und an eine Präsentation<br />
der Antikensammlungen außerhalb von<br />
gelegentlichen Sonderausstellungen nicht zu<br />
denken. Die Jenaer Altertumsforscher um<br />
die seit 1993 in Jena lehrende Archäologieprofessorin<br />
Dr. Angelika Geyer tun trotzdem<br />
ihr Möglichstes: Stück um Stück werden die<br />
ersten Skulpturen als Leihgabe von Berlin<br />
nach Jena zurückgeholt und überall dort zur<br />
Aufstellung gebracht, wo sich im Zuge des<br />
Um- und Ausbaus der Universität freie Fläche<br />
bietet — seit 1996 am damals neu eröffneten<br />
Campus Carl-Zeiss-Straße und im Universitätshauptgebäude,<br />
in den Rosensälen oder im<br />
Universitätsklinikum in Neu-Lobeda.<br />
Mit dem Bezug des neuen Schau- und Studiensaals<br />
in der Pulfrich-Straße können Anfang<br />
2011 in einem logistischen Kraftakt schließlich<br />
mit einem Schlag 284 Objekte, darunter<br />
vor allem Reliefs und Büsten, die Heimreise<br />
nach Jena antreten. Hinzu kommen über die<br />
Jahre unzählige Stunden, um den teils stark<br />
restaurierungsbedürftigen<br />
Abgüssen wieder ihr<br />
altes, würdevolles Antlitz<br />
zu verleihen.<br />
Beides war und ist<br />
nicht zuletzt Verdienst<br />
des Vereins ›Thiasos‹,<br />
den klassische Archäologen<br />
der Universität<br />
anknüpfend an eine Tradition<br />
des 19. Jahrhunderts<br />
2004 aus der Taufe<br />
gehoben haben um sich,<br />
wie seinerzeit Goettling,<br />
der Förderung der antiken Kunst und Kultur<br />
in Jena zu verschreiben.<br />
Mit den neuen Sammlungsräumen verknüpft<br />
sich deshalb auch die Hoffnung, wieder<br />
verstärkt im öffentlichen Bewusstsein<br />
der Stadt Platz zu greifen. Einen weiteren<br />
Mosaikstein dazu markiert am 7. Juni die<br />
›Lange Nacht der Museen‹ in Jena, zu der sich<br />
Blickfang: Bauchamphora aus dem Grab eines Etruskers, die 1846 zum<br />
Grundstock der Jenaer Antikensammlungen gehörte<br />
zwischen 19 und 24 Uhr die Antikensammlungen<br />
zum zweiten Mal am neuen Standort<br />
präsentieren. Zu erleben ist dann auch ein<br />
Stück lebendige Archäologie, wenn ab 21 Uhr<br />
Studierende des Instituts für Altertumswissenschaften<br />
bei Wein und mediterranen<br />
Snacks mit einer szenischen Vorführung zu<br />
»Zeus und seinen Liebschaften« aufwarten.<br />
Wie Aphrodite verstand sich bekanntlich<br />
auch der Göttervater aufs Beste in der Kunst<br />
der Verführung.<br />
Ein verlockendes Unterfangen ist ein Besuch<br />
der Antikensammlungen aber auch zu<br />
den regelmäßigen Öffnungszeiten. Immer<br />
mittwochs und samstags und nach Vereinbarung<br />
sind Gäste herzlich willkommen.<br />
Die Antikensammlungen der Universität Jena<br />
in der Carl-Pulfrich-Straße 2 sind mittwochs<br />
und samstags zwischen 14 und 17 Uhr geöffnet.<br />
Der Eintritt ist frei, Spenden für den<br />
»Thiasos« e. V. erbeten. Führungen sind nach<br />
Anmeldung unter 03641-944827 bzw. antikensammlungen@uni-jena.de<br />
möglich.(akl)<br />
Termine in der Antikensammlung<br />
<strong>07</strong>.06.2013, ab 19 Uhr<br />
Lange Nacht der Museen<br />
21 Uhr: Szenisches Spiel<br />
»Zeus und seine Liebschaften«<br />
23.06.2013, 14 Uhr<br />
Kinderführung: Alltag bei den alten<br />
Griechen und Römern<br />
<strong>07</strong>.<strong>07</strong>.2013, 14 Uhr<br />
Führung: Gipsabgüsse — Geschichte,<br />
Technik, Restaurierung mit praktischer<br />
Vorführung<br />
Fotos: Marko Schmidt