Ausgabe 47 - 07 Das Stadtmagazin . BLOG
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Juli/August Juni 2013 2012<br />
31<br />
In chronologischer Abfolge werden hier Objekte<br />
aus allen wesentlichen antiken Epochen<br />
von der Bronze- bis weit in die römische<br />
Kaiserzeit präsentiert, darunter prachtvolle<br />
griechische und etruskische Vasen, antike Öllampen<br />
und Glasgefäße, Kleinbronzen, Terrakotten<br />
und Münzen. Einige, teils äußerst seltene<br />
Ausstellungsstücke, wissen die Blicke in<br />
besonderer Weise zu fesseln: eine ägyptische<br />
Mumienmaske etwa, eine etruskische Urne,<br />
die inmitten der Nachbildung einer antiken<br />
Grabstätte inszeniert ist, ein bronzener korinthischer<br />
Helm oder auch Fragmente eines<br />
gleichfalls etruskischen Goldschmucks aus<br />
dem 7. Jahrhundert vor Christus. Ergänzt und<br />
bereichert wird die Ausstellung zudem durch<br />
Leihgaben aus dem Museum für Ur- und<br />
Frühgeschichte Weimar, der Jenaer Papyrussammlung<br />
und der Hilprecht-Sammlung Orientalischer<br />
Altertümer.<br />
Staatsminister Goethe und dem Weimarer<br />
Fürstenhof wegen eines »gänzlichen Mangels<br />
an Mitteln« mehrfach auf Granit gebissen.<br />
Erst vierzehn Jahre nach Goethes Tod geht<br />
sein Wunsch, »die schönsten Denkmale der<br />
bildenden Kunst der Alten der Bewunderung<br />
und dem Studium« zugänglich zu machen, in<br />
Erfüllung: Es ist der 29. September 1846, als<br />
das Museum in einem Saal des Jenaer Stadtschlosses<br />
Eröffnung feiert. Vor allem Gipsabgüsse<br />
antiker Skulpturen, Zeichnungen und<br />
Gemälde werden gezeigt, im Ganzen 70 Objekte.<br />
Den bescheidenen Museumsetat von nur<br />
50 Talern vor Augen ruft Goettling im Wintersemester<br />
1845/46 die für die gesamte Bürgerschaft<br />
öffentlichen ›Rosenvorlesungen‹ ins<br />
Leben, gibt dort am 3. Dezember 1845 selbst<br />
den Auftakt und hat nachhaltigen Erfolg damit:<br />
Er begründet eine fast 70 Jahre währende<br />
Veranstaltungsreihe, deren Erlöse in weitere<br />
Ankäufe des Museums fließen.<br />
Schenkung für Hofrat-Titel<br />
Zudem macht Goettling fehlende Gelder<br />
durch ein funktionierendes Netzwerk zur<br />
damaligen archäologischen ›Community‹<br />
wett — zum sächsischen Staatsminister und<br />
Antikensammler Bernhard August von Lindenau<br />
etwa, der in Altenburg selbst zum<br />
Begründer eines kunsthistorischen Museums<br />
avancieren sollte. Oder zu Emil Braun, dem<br />
Ersten Sekretär des Instituts für archäologische<br />
Korrespondenz, des späteren Deutschen<br />
Archäologischen Instituts in Rom.<br />
Unter tätiger Mithilfe beider Herren landet<br />
Goettling nur einen Monat nach der Museumseröffnung<br />
einen besonderen ›Coup‹: Die<br />
Ernennung zum »Hofrath« durch den Altenburger<br />
Herzog ist dem römischen Marchese<br />
Giovanni Pietro Campana eine bedeutende<br />
Schenkung aus seiner berühmten Antikensammlung<br />
wert. 170 antike Originale, darunter<br />
griechische und italienische Vasen aus<br />
etruskischen Nekropolen, 19 Terrakotta-Reliefs<br />
und 88 Gipsabgüsse wechseln auf diese<br />
Weise von Rom nach Jena, erhöhen den hiesigen<br />
Sammlungsbestand seinerzeit um das<br />
Dreifache.<br />
Werkstatt des Jenaer Malers<br />
Den wissenschaftlich bis heute vielleicht<br />
interessantesten Fund steuerte Goettling indes<br />
selbst bei: Bei einer Griechenlandreise<br />
1852 erwirbt er für fünf Taler mehr als drei<br />
Dutzend Scherben rotfiguriger Trinkschalen,<br />
nimmt bei deren Ausfuhr gar »Scherereien<br />
mit der Douane« in Kauf. »Gott verzeihe<br />
mir die Dummheit! — … und doch ist die Sache<br />
für unser kleines Museum von Wert …«,<br />
schreibt er damals in einem Brief und ahnt<br />
noch nichts von der Tragweite seines Fundes.<br />
Diese bringt erst zu Beginn des 20.<br />
Jahrhunderts die Forschung des englischen<br />
Archäologen Sir John D. Beazley ans Tageslicht:<br />
Die Keramikfragmente entstammen<br />
einer Töpferwerkstatt des antiken Töpferviertels<br />
Kerameikos in Athen um das Jahr<br />
400 vor Christus und wurden von ihm nach<br />
ihrem Aufbewahrungsort unter der Bezeichnung<br />
»Werkstatt des Jenaer Malers« benannt.<br />
»Weltweit sind gegenwärtig nur zwei vergleichbare<br />
Fundkomplexe bekannt«, erklärt<br />
Kustos Dr. Dennis Graen zu diesem archäologischen<br />
Juwel der Jenaer Antikensammlung,<br />
das bis heute Einblicke über die Abläufe und<br />
Organisation einer Töpferwerkstatt im alten<br />
Griechenland liefert und am neuen Museumsstandort<br />
erstmals in Gänze präsentiert<br />
werden kann.<br />
»<br />
Eröffnung einst im Stadtschloss<br />
Ein würdiges Plätzchen inmitten seines<br />
Lebenswerks hat in Gestalt einer Marmorbüste<br />
im Eingangsbereich der neuen Heimstatt<br />
auch der Begründer des Museums gefunden:<br />
der Altphilologe und Antikenforscher Carl<br />
Wilhelm Goettling. Dieser hatte nach einer<br />
Griechenlandreise 1840 in seiner Geburtsstadt<br />
Jena das geistige und materielle Fundament<br />
für den Aufbau eines Archäologischen<br />
Museums gelegt und durch den Erwerb eines<br />
Grundstocks an Abgüssen und Originalen die<br />
Jenaer Antikensammlungen auf den Weg gebracht.<br />
Doch schon damals wollte gut Ding Weile<br />
haben: Nach einer ersten Italienreise 1828<br />
war Goettling mit dem Wunsch nach einem<br />
Archäologischen Museum noch vergebens<br />
von Pontius zu Pilatus gelaufen, hatte bei<br />
Abgüsse antiker Plastik im groSSen Saal des ehemaligen Archäologischen<br />
Museums im Universitätshauptgebäude