Ausgabe 47 - 07 Das Stadtmagazin . BLOG
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50<br />
Juni 2013<br />
| wir fragen, jena antwortet |<br />
Mit welchen Eigenschaften treibst Du Deine Freunde/Familie<br />
in den Wahnsinn?<br />
Interviews und Schnappschüsse:<br />
Anna-Maria Schmidt<br />
Franziska Grimm, 24<br />
Studentin<br />
Ich bin sehr chaotisch. Ich vergesse, verliere<br />
oder verlege ständig wichtige Dinge und<br />
mache mein Umfeld damit verrückt, weil<br />
sie dann entweder mitsuchen oder warten<br />
müssen, bis ich meine Siebensachen zusammen<br />
habe. Betrunken bin ich unberechenbar<br />
— vom dramatischen Heulanfall über<br />
irre Lachflashs bis hin zu unangebrachten<br />
Pöbeleien ist bei mir in diesem Zustand alles<br />
dabei. Meine Multitasking-Fähigkeit ist auch<br />
grottig: Wenn ich abgelenkt werde, kann es<br />
passieren, dass ich abdrifte und so Gespräche<br />
mit mir eher holprig sind. Alles in allem aber<br />
scheinen meine Freunde meine Schusseligkeiten<br />
zu mögen — zumindest rufen sie immer<br />
wieder an.<br />
Jakob Lauterbach, 20<br />
Sozialbetreuer in spe.<br />
Was meine Freunde an mir wahrscheinlich<br />
am meisten aufregt ist, dass ich sehr viel Zeit<br />
am Computer verbringe und zocke. Wenn ich<br />
übermüdet bin und mich auf »Battlefield 3«<br />
oder »League of Legends« konzentriere, erzähle<br />
ich nebenher konfuse Sachen, die absolut<br />
keinen Sinn ergeben, stichele im Delirium<br />
gegen meine Mitspieler oder äffe sie nach,<br />
so dass sie oft (wenn auch lachend) sagen<br />
müssen: »Jakob, halt’s Maul.« Und weil ich<br />
Schlachten nicht aufgeben kann, werden<br />
Spielrunden manchmal immens lang und ich<br />
komme zu spät zu Verabredungen. Da meine<br />
Freunde aber auch meist Gamer sind, haben<br />
sie zum Teil dieselben ›Probleme‹ und zeigen<br />
viel Verständnis.<br />
Ulrike Thekla Weber, 27<br />
Lehramt-Referendarin<br />
Ich neige dazu, sehr hyperaktiv zu sein. Ich<br />
rede viel und kann nicht still sitzen. Meine<br />
Freunde sagen, dass ich damit Grenzen des<br />
Zumutbaren überschreite, indem ich zu ausgelassenem,<br />
übertriebenen Verhalten neige.<br />
So stimme ich zu jedem Kommentar ein Lied<br />
an (hauptsächlich die 90er) oder tanze in der<br />
Öffentlichkeit. Nach anfänglichem Befremden<br />
reiße ich aber doch andere Menschen<br />
mit — bis auf diejenigen, die nicht gelernt haben,<br />
sich gehen zu lassen oder ihre Emotionalität<br />
auszuleben. Die verlassen dann gerne<br />
mal den Raum. Ich bin bereits um einiges ruhiger<br />
geworden, trotzdem werde ich nie das<br />
Mädchen sein, welches still in der Ecke sitzt.<br />
Hagen Schmidt, 31<br />
Student<br />
Ich bin erstaunt, dass ich meine Freunde<br />
und Familie so selten auf die Palme bringe,<br />
obwohl ich unendlich selbstverliebt, absolut<br />
besserwisserisch, extrem unsensibel<br />
und sehr von Vorurteilen geprägt bin, mich<br />
ständig respektlos gebäre, allen meine Meinung<br />
aufzwinge (und dabei vollkommen uneinsichtig<br />
bin), ständig zur falschen Zeit die<br />
falschen Witze über die falschen Personen<br />
mache, auch am Fettnäpfchen-Syndrom leide<br />
und aufgrund meiner chaotischen Lebensführung<br />
immer unpünktlich und unzuverlässig<br />
bin. Trotz dieser kleinen charakterlichen Unzulänglichkeiten<br />
akzeptieren und lieben mich<br />
meine Leute und dafür danke ich ihnen. Ein<br />
Hoch auf die Resilienz!<br />
Anni Malysz, 23<br />
Studienabbrecherin<br />
Um meiner ›schlechten Eigenschaft‹ die negative<br />
Konnotation zu nehmen, würde ich<br />
sie eher als Schrulligkeit bezeichnen: Mein<br />
Kommunikationsverhalten treibt regelmäßig<br />
die Menschen in meinem Umfeld zur Weißglut!<br />
Verabredungen werden verschlafen, auf<br />
SMS vergessen, zu antworten und das Mutti<br />
wieder eine Woche sehnlichst wartet, meine<br />
Stimme zu hören, ist in dem Moment unwichtiger<br />
als das Staffelfinale von »The Walking<br />
Dead«. Es gibt aber auch Hoffnung am Zuverlässigkeitshorizont:<br />
Freunde haben mir schon<br />
oft den Kopf gewaschen, sodass ich mich immer<br />
mehr zusammenreiße. Trotzdem ist das<br />
vermutlich eine Eigenschaft, die immer zu<br />
mir gehört wie die Armbrust zu Daryl Dixon.<br />
Annie Srowig, 22<br />
Studentin<br />
Meine Unpünktlichkeit ist in meiner Familie,<br />
die sehr auf Pünktlichkeit achtet problematisch,<br />
da ich immer zu spät komme. Ich<br />
halte halt gerne das akademische Viertel ein.<br />
Außerdem antworte ich auf »Oder«-Fragen<br />
grundsätzlich immer mit »ja« oder »nein«,<br />
was als Beifahrer und Navigationshilfe meine<br />
Freunde echt irre macht. Meine Entscheidungsunfreudigkeit<br />
generell und speziell<br />
bei Richtungswechseln macht Situationen<br />
für andere immer ein wenig abenteuerlicher<br />
— aber die eigentlichen Ziele werden irgendwie<br />
trotzdem stets erreicht. Solange man<br />
selbst und andere über solche ›Schwächen‹<br />
noch lachen können, ist meine Welt aber in<br />
Ordnung.